Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
besteht darauf, daß man einen Lotsen an Bord nimmt.
Wenn jemals herauskommt, daß du ihn erschossen hast, verlierst du glatt dein
Kapitänspatent .«
    »Es war nur ein Reflex«,
entschuldigte sie sich. »Ich wußte doch nicht, daß es der Lotse war, außerdem
hatten sie Revolver .«
    »Im Zweifelsfalle schießen«,
prägte ich einen neuen Slogan. »Gar kein schlechtes Motto für Kanton.«
    Mit Meeresleuchten im
Kielwasser fuhren wir aus dem Hafen von Kanton aus. Ich nahm Kurs auf Hongkong,
denn wenn mich schon die ganze rotchinesische Marine jagte, sollte sie mich
wenigstens nicht in Makao einkesseln.
    Ich zündete zwei Zigaretten an,
eine für Tess. Sie hatte plötzlich blankes Entsetzen im Gesicht.
    »Ist dir klar, was wir da
angerichtet haben ?« fragte sie endlich mit zitternder
Stimme.
    »Aber ja doch«, antwortete ich.
»Wir werden in die Geschichte eingehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem
Krieg in Korea« — ich strahlte übers ganze Gesicht — »folgt Kanes Krieg um den
goldenen Adler !«
     
     
     

11
     
    Es war fünf Uhr morgens, als
eine gezackte Bergkette am Horizont vor uns auftauchte. Ich sah vom Viktoria
Peak bis hinauf zum Tai- ma -Shan, dem höchsten Berg
des Neuen Territoriums. Hinter den Bergen wurde der Himmel schnell heller.
    Tess rieb sich müde die Augen.
»Bald zu Hause?«
    »Ich enttäusche dich ungern,
Kindchen«, sagte ich väterlich, »aber so einfach wird es nicht. Selbst wenn wir
mit dem roten Patrouillenboot in Hongkong vor Anker gehen können, ohne daß uns
die britische Marine in die Luft jagt, dürfte es uns doch ziemlich
schwerfallen, den Behörden zu erklären, woher wir es haben.«
    »Also was dann?«
    »Weiß ich selbst noch nicht«,
mußte ich zugeben. »Übernimm mal einen Augenblick das Ruder, ich muß mit
Charlie reden .«
    Ich verließ die Brücke, ging
nach achtern zur Luke und rief. Sofort erschien Charlies Kopf.
    »Alles okay, Boss?«
    »Ja. Du bist der geborene
Maschinist .«
    »War einfach«, entgegnete er
schüchtern.
    »Hongkong liegt eine halbe
Stunde voraus«, sagte ich. »Wir müssen dieses Boot loswerden und trotzdem eine
Möglichkeit finden, an Land zu kommen. Hast du einen Geistesblitz ?«
    Charlie sah plötzlich sehr
besorgt aus: »Nein, Boss .«
    »Zum Schwimmen ist es zu weit«,
grübelte ich.
    »Nicht haben kleine Boot ?« fragte er hoffnungsfreudig.
    »Nicht haben stimmt haargenau«,
erwiderte ich. »Nicht einmal Rettungsringe. Die Lage ist ernst, Charlie .«
    Er nickte. Sein Gesicht war
eine einzige Falte. »Ich hab’s, Boss«, rief er plötzlich, wieder lächelnd. »Wir
fahren an Küste vorbei. Hinter Bias-Bucht viele Fischerdschunken nach Hongkong
kommen so früh am Morgen. Eine uns mitnehmen .«
    Verrückt war ich gerade nicht
nach dieser Idee. Die Fischer würden über das Kanonenboot und über den weißen
Mann und die weiße Frau, die sie mitgenommen hatten, überall reden. Wieviel ich ihnen auch zahlte, den Mund würden sie trotzdem
nicht halten, und die Geschichte würde sich wie ein Lauffeuer verbreiten.
    »Nein, Charlie«, antwortete
ich. »Ich glaube, wir müssen irgendwo an Land gehen und uns zu Fuß nach Hause
durchschlagen .«
    »Ich hab's, Boss«, sagte er.
»Lion Island bei Bias-Bucht. Guter Platz für Wasser. Viele Dschunken dort
halten .«
    »Na schön«, meinte ich. »Näher
an Hongkong können wir uns sowieso nicht wagen .«
    Ich ging zurück auf die Brücke
und informierte Tess.
    »In diesem Fall«, sagte sie
entschlossen, »werde ich die Kombüse inspizieren und sehen, ob ich uns
irgendwie ein Frühstück zusammenbasteln kann. Es wird lange dauern, bis wir die
nächste Mahlzeit bekommen .«
    Tess verschwand und kam nach
einer Viertelstunde mit einem Tablett zurück. Sie hatte grünen Tee gekocht und
etwas Brot gefunden. Natürlich ohne Butter. An die anderen Vorräte der Roten
hatte sie sich nicht gewagt, und ich konnte es ihr nicht verdenken.
    Ich aß ein wenig Brot und trank
zwei Tassen Tee dazu. Danach fühlte ich mich wohler.
    Der Bug unseres Bootes zeigte
jetzt g en au in Richtung der Inselgruppe in der Bias-Bucht. Fünf
Minuten später kam Lion Island, leicht zu unterscheiden an der Form seines
Patenfelsens, in Sicht.
    Ich stellte die Telegraphen auf
»Langsame Fahrt voraus«, umrundete die Insel und suchte mir einen Sandstrand
auf der Ostseite aus. Ich hielt direkt darauf zu und ließ das Boot mit
gestoppten Maschinen auf lauf en.
    Das Knirschen des Sandes klang
wie Musik
    »Geschafft«, rief Tess
fröhlich.
    »Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher