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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Autoren: Simone Knodel
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Kopfschütteln.
    „Dann warst du gerade im Wald? Ist das dein Korb, der dort völlig zerfetzt herumliegt?“
    Diesmal ein Nicken.
    „Hast du gerade Kräuter gesammelt? Warum warst du allein im Wald?“
    Wieder nur ein Kopfnicken. Bei den Göttern, warum redete sie nicht? Vielleicht hatte sie etwas gehört, das weiterhalf. Adelheid wollte auf sie einreden, aber der abwesende Gesichtsausdruck hielt sie schließlich davon ab. Offensichtlich stand sie unter Schock, sie brauchte als erstes jemanden, der sich um sie kümmerte und sie beruhigte. Alwina würde wissen, was zu tun sei.
    „Hör zu, wir reiten jetzt nach Lare, dort kriegst du ein Essen und ein warmes Bett und ich sorge für dich. Ich schwöre dir, mein Vater und ich – wir werden herausfinden, wer das hier getan hat. Und dann wird er gerichtet, vor deinem Angesicht auf dem Dingplatz von Lare.“
    Zum ersten Mal, seit Adelheid auf der Lichtung angekommen war, drehte das Mädchen den Kopf blickte sie an. Adelheid begriff in diesem Moment, was dieses Versprechen wirklich bedeutete. Sie sah in Augen, die keine Kinderaugen mehr waren.
    Den Plan, Fortunatas Leiche zur Burg zu bringen, musste Adelheid nach kurzer Zeit bereits aufgeben. Diabolus war nicht in die Nähe der Toten zu bewegen, selbst nach gutem Zureden scheute er und schlug sogar aus, als sie ihn zur Hütte führen wollte. Sie drängte ihn nicht länger, denn sie beschlichen ohnehin Zweifel, ob sie es schaffen würde, den leblosen Körper auf das Pferd zu ziehen. Nach kurzer Überlegung entschloss sie sich, die tote Frau in ihrer Hütte zurück zu lassen. Ein paar Knechte konnten sie dann abholen, wenn Vater und Pater Caesarius sich über das Begräbnis verständigt hatten. Sie wies das Mädchen an, ein paar Kleinigkeiten zusammenzupacken, denn sie sollte gleich mit ihr reiten. Außerdem war es nicht notwendig, dass sie mit ansah, wie Adelheid den Körper ihrer toten Mutter in die Hütte zerren würde. Obwohl ihre Muskeln vom häufigen Reiten gestählt waren, fühlte sie sich doch nicht stark genug, den schweren Leichnam zu tragen.
    Als das Mädchen endlich in der Hütte verschwunden war, holte Adelheid tief Luft, denn was sie vorhatte, fiel ihr keineswegs leicht. Noch nie hatte sie so unmittelbar mit einer Leiche zu tun gehabt, aber jetzt musste sie die Nerven bewahren und schnell sein, bevor die Kleine wieder heraus kam. Sie packte Fortunata an den Füßen und begann rückwärts zu ziehen. Bewusst mied sie den Blick nach unten, sondern spähte über die Wiese zu Diabolus.
    Mit diesem Kraftpaket hätte ich es viel leichter geschafft, dachte sie, warum ist er nur so empfindlich. Ich muss ihn lehren, nicht so zimperlich zu sein.
    Ein Ruck ging durch den schweren Körper, mit dem sie bereits die Hälfte des Weges bis zur Tür zurückgelegt hatte. Fortunatas dicker Wollrock war an einer Baumwurzel hängengeblieben und hatte sich über den Oberkörper der Toten gezogen. Adelheid blickte irritiert an den nackten Beinen der Frau entlang aufwärts und der Anblick des entblößten Unterleibes drohte ihr den Verstand zu rauben. Dort, wo unter dichtem schwarzem Kraushaar das Geschlecht der Frau gewesen war, sah sie blutig-rohes Fleisch, klaffend und zerschunden, umgeben von faustgroßen Blutergüssen an den Oberschenkeln, die mit Blut beschmiert und mit einer hellen, schleimigen Flüssigkeit besudelt waren.
    Ekel stieg in ihr auf und drohte ihr die Beherrschung zu nehmen. Wie eine Ertrinkende schnappte sie nach Luft und nur das Gefühl ersticken zu müssen, verhinderte, dass sie ihr Entsetzen laut heraus schrie. Doch dieser stumme Schrei, der ihren Körper für einen unendlich langen Moment erstarren ließ, schien tausendfach schmerzhafter zu sein und sie fühlte, wie tief in ihr irgendwas zerbrach. Mit einem hastigen Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass das Mädchen noch in der Hütte war. Sie sprang zur Baumwurzel, zerrte wie besessen an Fortunatas Wollrock, der nicht nachgeben wollte und schließlich doch mit einem kreischenden Ton zerriss. Sie versuchte, den schweren Stoff über das unsagbare Grauen zu ziehen, was nicht ohne weiteres ging, da Fortunatas Oberkörper darauf lag. Nach scheinbar aussichtslosen Versuchen hatte sie es geschafft, das Tuch unter der Leiche hervor zu zerren und die Beine zu bedecken, immer darauf bedacht, nicht hinzusehen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, zu funktionieren ohne nachzudenken. Dann wankte sie an der Hütte vorbei, wobei sie über ihre eigenen
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