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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Autoren: Simone Knodel
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Beleidigt trabte er einige Schritte zurück und Adelheid lachte leise. Dann wandte sie sich wieder den Spuren zu. Einige Schritte weiter war der Weg zwischen den Bäumen etwas breiter und sie stieß einen überraschten Pfiff aus. „Also entweder hatten einige Pferde die Hufeisen verkehrt herum angenagelt – oder, was natürlich wahrscheinlicher ist“, sie grinste spitzbübisch und sprang wieder in den Sattel, „sie haben hinwärts den gleichen Weg genommen! Vorwärts, mein Guter, wir wollen sehen, was ihr Ziel war!“
    Es war ganz einfach, sie brauchte nur den Hufspuren zu folgen. Fast unmittelbar darauf gelangte sie zu einer versteckten Lichtung, an deren gegenüberliegendem Ende sich eine kleine Hütte unter die weit ausladenden Zweige einer alten Buche duckte. Adelheid war erleichtert, das musste endlich ihr Ziel sein – Fortunatas Zuhause! Beinahe hätte sie laut gerufen, wie es eigentlich üblich war beim Annähern an eine Behausung in friedlicher Absicht. Doch irgendein ungewisses Ahnen hielt sie zurück und hieß sie schweigen. Diabolus war am Waldrand von allein stehen geblieben und witterte unruhig. Auch er schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Vorsichtig um sich spähend glitt Adelheid aus dem Sattel und nahm den Hengst kurz an die Zügel, damit er nicht unverhofft steigen konnte. Langsam schritten sie über die Wiese, die von den ersten gelben Blüten des Löwenzahns übersät war. Je näher sie der Hütte kamen, umso verwüsteter sah das frische Grün aus, offenbar hatten hier schwere Schlachtrösser gegrast, wobei sie mehr zertreten als gefressen hatten. Wieder beschlich Adelheid ein unheimliches Gefühl und ihr fiel auf, wie beängstigend still es im Wald war. Totenstill! durchfuhr es sie und im selben Moment sah sie das Mädchen.
    Adelheid erinnerte sich sofort an ihre unergründlichen und rätselhaften schwarzen Augen. Sie schien das Fräulein von der Burg noch nicht bemerkt zu haben, denn sie saß mit unter sich gekreuzten Beinen vor der Hütte, ihre Augen waren geschlossen und sie wiegte im Rhythmus eines eigenartigen, fast unhörbaren und unverständlichen Singsangs ihren Oberkörper vor und zurück. Auf ihrem Schoß lag ein großes Bündel – nein! Adelheid ließ abrupt die Zügel los und schlug die Hände vor den Mund, den Entsetzensschrei, der sich ihrer Kehle entrang, konnte sie jedoch nicht mehr verhindern. Das Bündel war eine Frau, und selbst auf die Entfernung gab es keinen Zweifel: Sie war tot.
    Das Mädchen öffnete die Augen, umklammerte den Leichnam jedoch nur noch fester und schaukelte ihn weiter, ohne die absurde und monotone Melodie zu unterbrechen. Trotz ihres Grauens war Adelheid wieder fasziniert von diesen Augen, die so abgrundtief wirkten wie ein in Fels gehauener Brunnen. Doch jetzt schienen sie leer, der naive Ausdruck der Kinderseele war verschwunden, an seiner Stelle war etwas, das unheimlich wirkte und Adelheid schaudern ließ. War es Hass? Darüber nachzudenken blieb keine Zeit.
    Adelheid kniete nieder und betrachtete die Tote. Es war Fortunata, in ihren gebrochenen Augen spiegelte sich der blaue Frühjahrshimmel und ließ sie für einen kurzen trügerischen Moment wieder lebendig erscheinen. Mehrere blauschwarze Prellungen an Schläfen und Wangen entstellten ihre Züge und unter der Nase trocknete ein dünnes Rinnsal Blut. Auch ihre langen krausen Haare waren von einer dunkel glänzenden Flüssigkeit verkrustet. Scheinbar hatte sie jemand geschlagen und ihr dann den Schädel zertrümmert. Ein gemeiner Mord? Aber warum? Fortunata war als Heilerin eine wichtige Frau, jeder hatte auf die eine oder andere Art schon einmal um ihre Hilfe bitten müssen. Wer konnte ihr Böses wollen? Adelheid überlegte fieberhaft, was sie tun sollte. Sie konnte das Mädchen nicht allein im Wald sitzen lassen. Außerdem musste diese Tat aufgeklärt und gesühnt werden. Ihr Vater war als Graf für den Burgfrieden in seiner Grafschaft verantwortlich und Adelheid war vernünftig genug, ihre eigenen Probleme dem unterzuordnen. Doch zuerst wollte sie sich um Fortunatas Tochter kümmern.
    Behutsam hockte sie sich neben die Trauernde und strich ihr sanft übers Haar. Dabei fiel ihr ein, dass Magdalena vielleicht Zeugin des Geschehens sei. „Hast du gesehen, wer das getan hat?“, fragte sie leise.
    Das Mädchen beendete seinen Singsang und schüttelte den Kopf. Gleichzeitig hörte sie auf zu schaukeln und blieb kerzengerade sitzen.
    „Warst du in der Hütte, als es passierte?“
    Wieder
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