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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt
Autoren: Nicole Balschun
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alles, was ich bisher geschrieben und gelesen hatte, falsch vor, banal
und zurechtgestutzt, und ich wusste nicht, warum, und was daran nicht mehr
stimmte. Ich fand keine Lösung, bis ich im dritten Stock angekommen war.
    Da fiel es mir ein und mir wurde klar,
dass ich meine Arbeit nicht weiterschreiben konnte oder sie noch einmal neu
schreiben musste, denn so, wie sie jetzt war, vertrat sie eine Wahrheit, die
keine war und an die alle glaubten. Ich selbst hatte ihr vertraut. Aber jetzt
war sie entblättert, und ich würde ihr eine andere Wahrheit entgegensetzen
müssen, und gleich morgen wollte ich es Professor Röslein sagen und ich dachte
daran, dass nicht einmal er verrückt genug war einzuwilligen.

29
    Es sind doch bloß Bücher,
reg dich nicht so auf, sagte Bo. Ich stöhnte in den Hörer und sagte, und in
deinem stinkigen Stall, da stehen bloß Kühe, und Bo sagte, entschuldige, aber
ich habe das Problem nicht verstanden, was meinst du mit gestorben. Die Frauen
aus England, sagte ich, sie sind nicht vergangen, es ist keine Arbeit über
einen vergangenen Zustand, eine unemanzipierte Spezies, die es einmal gab und
die wir heute in romantischen Filmen belächeln. Das sind noch immer wir im Hier
und im Heute.
    Ada, sagte Bo, dann schreib das in
deine Arbeit und gib Ruhe. Aber das geht nicht, weil das niemand für die
Wahrheit hält, du verstehst nicht, was das bedeutet. Es stellt alles auf den
Kopf, meine Stimme war laut geworden und ich umklammerte den Telefonhörer so
fest, dass ich einen Krampf bekam. Bo sagte, du nimmst das viel zu ernst, und
ich schrie Bo an, ich habe einen Krampf wegen dir und deinem Unverständnis. Ich
bin eben ein Bauer und keine Frau aus der Großstadt, sagte Bo, komm zu mir und
erklär es mir und dann gehen wir beide ganz romantisch Mist schaufeln und
lieben uns vor Siegfried, die vor Eifersucht Eier legen wird.
    Da legte ich auf und dachte zum ersten
Mal darüber nach, was mein Leben war. Ich fand keine Spuren von mir, und ich
fand keine Spuren von Bo. Nichts lag vor mir und nichts lag hinter mir und
morgen würde ich zu Professor Röslein gehen und ihm die Möglichkeit geben, mich
wieder zurück ins All zu schießen mit einer veränderten Flugbahn.
    In die gefühlte Leere mischten
sich Füßejucken und Harndrang und Bos Gesicht tauchte in der Scheibe des
Küchenschranks auf. Ich streckte meine Hand aus und berührte das Glas, das kalt
war und glatt, und da wusste ich, was Sehnsucht bedeutete und dass es nicht
stimmte, dass ich niemanden brauchte.
    Es klingelte an der Haustür und mein
Herz sprang, als ich öffnete, doch da stand nur Elisabet mit einem ausladenden
Bauch und einem verheulten, aufgedunsenen Gesicht. Sie schob mich beiseite und
ging wortlos an mir vorbei in den Flur, stellte ihre Tasche in eine Ecke des
Schlafzimmers und zog ihren Mantel aus. Was ist los, sagte ich, du siehst
furchtbar aus, und Elisabet sagte, kann ich bleiben, und ohne eine Antwort
abzuwarten, ließ sie sich auf mein Bett fallen. Um sie herum fraß sich eine
tiefe Kuhle in die Matratze, ihr Bauch sah aus wie ein Vulkan und ich hoffte,
dass er nicht ausbrechen würde, während sie hier war.
    Wenn der Vulkan nicht hier ausbricht,
sagte ich und Elisabet richtete sich auf und sah mich fragend an. Ich habe ihn
verlassen, sagte sie und begann zu weinen. Fehlt er dir, fragte ich und sie
sagte, nein, aber ich weiß nicht, was nun und wie das gehen soll mit den
Kindern.
    Was hat er getan, fragte ich und
Elisabet sagte, Leo liebt mich nicht. Mehr sagte sie nicht und ich wunderte
mich, dass sie das nicht früher gemerkt hatte. Er hat Affären, sagte ich und
sie nickte stumm und sagte, ich weiß und ich bin es ihm nicht mehr wert, es
heimlich zu tun. Sie sah mich an und ich fühlte das Unverständnis in meinem
Gesicht, denn es machte für mich keinen Unterschied.
    Es ist eine Frage der Achtung
voreinander, sagte sie. Solange er es heimlich macht, bin ich es ihm wert, dass
ich es nicht weiß. Er nimmt Rücksicht aus Respekt. Jetzt ist es anders, es ist
ihm völlig egal, ich bin ihm egal. Die Frauen rufen sogar bei uns zu Hause an
und fragen mich, wo Leo ist und wann er wiederkommt, und eine weinte und wollte
herkommen. Und da war es genug, ich habe meinen Koffer gepackt und bin
gegangen.
    Elisabet schneuzte laut in ein
schmutziges Taschentuch, das sie neben mein Bett auf den Fußboden warf, und sah
an die Zimmerdecke. Ihre Bauchdecke wölbte sich nach oben und es schien, als
bewegte sie sich eigenmächtig, vielleicht
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