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Ach so!

Ach so!

Titel: Ach so!
Autoren: Ranga Yogeshwar
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Kids auch, wie man jene umgeht!
    Eine Studie der Universität Koblenz-Landau 50 attestiert, dass 11,3 Prozent der
     Befragten ein »pathologisches Computerspielverhalten« aufweisen. Die Betroffenen
     zeigen eine Präferenz für das Online-Spiel »World of Warcraft«. Dieses Spiel, so die
     Studie, sei bekannt für seine Zeitintensität. Monatlich anfallende Gebühren, die
     leichte Verfügbarkeit, »Verpflichtungen« innerhalb der Gilde sowie das Fortlaufen
     des Spielgeschehens bei Abwesenheit des Spielers erzeugten eine starke Spielbindung,
     weshalb diesem Spiel oftmals ein Suchtpotenzial zugesprochen wird. Stolz verkündet
     indes der Hersteller auf seiner Internetseite, dass dem Spiel bereits über zehn
     Millionen Abonnenten verfallen sind.
    Wahrscheinlich ist die Entwicklung zu rasch, und keiner
     der Verantwortlichen traut sich zu handeln. Mit medial aufgebauschten
     Selbstbeschränkungen und verständnisvollen Worten versuchen die Betreiber Verbote
     und Einschränkungen zu umgehen, eine Taktik, die im Spiel »Kiting« genannt würde:
     Hierbei bleibt ein Spieler durch kontinuierliches Weglaufen außer Reichweite eines
     Feindes, während er diesem gleichzeitig Schaden zufügt.
    Bei aller Faszination für Technik sollte der Fortschritt
     uns stets mit einem Mehr an Freiheit beschenken, statt uns in eine trostlose
     Abhängigkeit zu locken. Wenn das Produkt von klugen Köpfen und kreativen Designern
     zur abstumpfenden Sucht meiner Kinder führt, hört für mich das Spiel auf.

[Menü]
    Warum sind Funklöcher so wohltuend?
    96 Inmitten des persönlichen Gesprächs geht er dennoch ans Telefon: »Verzeihung!«, und erneut habe ich im Wettstreit mit dem entfernten Anrufer verloren. Obwohl ich meinem Gegenüber physisch näher stehe, ihm in die Augen sehen kann und wir soeben einen interessanten Gedanken austauschten, siegt das Telefon! Von diesem Zeitpunkt an höre ich Antworten auf unbekannte Fragen und mühe mich, aus Höflichkeit wegzuhören. Ich staune über die Offenheit, mit der Personalprobleme diskutiert oder Geschäftsinterna erörtert werden. Wenn ich Glück habe, geht es schnell, ansonsten vergehen zähe Minuten einer neuen Form von Einsamkeit: Ich befinde mich in einer Warteschleife, bei der ich nicht auflegen kann. Das stumme Danebenstehen ist mir unangenehm, und wenn mein abwesendes Gegenüber dann noch anfängt, über belanglose Dinge zu quasseln, bin ich endgültig sauer. In Träumen stelle ich mir dann vor, einfach wegzugehen, doch täte ich es, bin ich mir nicht einmal sicher, ob er dieses überhaupt bemerken würde. Ich ertappe mich sogar, wie ich in meiner Vorstellung wütend den Vieltelefonierer anschreie: »Hallo – hier ist die Wirklichkeit!«, und ihm sein glänzendes Kästchen entreiße: »Du hörst jetzt hier zu. Basta!« Nein, so mutig war ich bislang nicht, und so warte ich geduldig, bis es nach dem Auflegen mal wieder heißt »Verzeihung; ... wo waren wir gerade stehen geblieben?«
    Das direkte Gespräch, in der modernen Sprache »face to face«genannt, wird zunehmend bedroht, denn das sofortige Reagieren auf klingelnde Telefone gleicht einer Absage an die Kraft des Realen. In solchen Momenten lautet die versteckte Botschaft: Mein Telefon ist wichtiger als du.
    Einige meiner Bekannten sind so süchtig nach ihren elektronischen Verbindungen, dass sie sogar hemmungslos in Restaurants, auf Skipisten oder beim abendlichen Zusammensein auf ihre winzigen Bildschirme starren. Ihr andauerndes Reagieren auf vibrierende Kistchen macht sie zu Notfallärzten einer kranken Geschäftswelt, die anscheinend sofort Hilfe benötigt. Doch die Patienten sind meist gelangweilte Kollegen, die bei Autofahrten oder Flugverspätungen die »tote« Zeit mit ebenso belanglosen Gesprächen auffüllen.
    Die Stille der Unerreichbarkeit scheint ihnen so unerträglich zu sein, dass sie ihre Autos mit Freisprecheinrichtungen in fahrende Telefonzellen verwandeln und das Gegenüber hemmungslos fünf Mal hintereinander anrufen: »Verzeihung – die Funklöcher!«
    Vielleicht wendet sich das Blatt, denn in Restaurants, Konferenzen und Flughäfen höre ich mittlerweile immer häufiger den Satz: »Ich kann jetzt nicht!«
    Anruf unerwünscht in Zeiten der Dauererreichbarkeit. Bei aller Kritik gestehe ich ehrlicherweise, dass auch ich mich öfter in der Welt der Mobiltelefone verliere. (Siehe Kapitel 91: Leiden wir unter zunehmendem Realitätsverlust?) Doch ich beginne zu lernen und übe mich darin, dem kleinen Apparat
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