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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt
Autoren: Dennis Lehane
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Rücken zu uns fuhr er fort. „Angie, na ja, die ist irgendwie… was Besonderes. Versteht ihr?“
Wir setzten uns, und er wandte sich wieder um und stellte zwei Flaschen Bud vor uns. Ich zog meine Jacke aus und versuchte, mich normal zu geben, schüttelte die Regentropfen von den Händen.
„Ja“, bestätigte ich. „Das ist sie.“
Mit gerunzelter Stirn blickte er auf seine Hände, während er die Flaschen öffnete. „Sie ist… na ja, hin und wieder gibt es jemanden hier, der einzigartig ist. Voller Leben und Schwung. So ist Angie. Ich würde mein Leben dafür geben, dass so einem Mädchen nichts passiert.“
Phil umfasste die Bierflasche so fest, dass ich befürchtete, sie würde gleich zerbrechen.
„Danke, Gerry“, erwiderte ich. „Aber sie kommt wieder in Ordnung.“ „Na, darauf müssen wir einen trinken!“ Er goss sich einen Whiskey ein und hob das Glas. „Auf Angies Gesundheit!“
Wir stießen an und tranken.
„Aber du bist in Ordnung, Patrick?“ erkundigte er sich. „Ich hab gehört, du warst mittendrin in der Schiesserei.“
„Alles klar, Gerry.“
„Dafür können wir Gott danken, Patrick! Wirklich.“
Plötzlich brach hinter uns Musik los. Phil zuckte auf seinem Stuhl zusammen. „Scheiße!“
Gerry lächelte und betätigte einen Schalter unter der Theke. Daraufhin nahm die Lautstärke umgehend ab, und der Lärm wurde zu einem Lied, das ich kannte.
„Let It Bleed“. Absolut perfekt.
„Wenn ich durch die Tür komme, springt automatisch zwei Minuten später die Jukebox an“, erklärte Gerry. „Sorry, dass ich euch erschreckt habe.“
„Schon in Ordnung“, sagte ich.
„Alles klar, Phil?“
„Ha?“ Phils Augen waren groß wie Untertassen. „Ja. Klar. Warum?“ Gerry zuckte mit den Schultern. „Du wirkst ein bisschen schreckhaft.“
„Nein.“ Phil schüttelte heftig den Kopf. „Ich nicht. Nee!“ Er lachte uns beide breit an. „Mir geht’s super, Gerry!“
„Okay.“ Gerry lachte zurück und warf mir noch einen fragenden Blick zu.
Dieser Mann bringt Menschen um, flüsterte eine Stimme. Aus Spaß. Dutzende von Menschen.
„Gibt’s was Neues?“ wollte Gerry von mir wissen.
Er tötet, flüsterte die Stimme.
„Ha?“ fragte ich.
„Gibt’s was Neues?“ wiederholte Gerry. „Ich meine, außer dass du letzte Nacht in eine Schiesserei gekommen bist und so.“ Er nimmt die Menschen auseinander, während sie noch leben. Und schreien.
„Nein“, brachte ich heraus. „Abgesehen davon ist eigentlich alles wie gehabt, Gerry.“
Er kicherte. „Schon ein Wunder, dass du es so weit gebracht hast, Patrick, bei deinem Lebenswandel!“
Sie flehen ihn an. Und er lacht. Sie betteln ihn an. Und er lacht. Dieser Mann, Patrick. Dieser Mann mit dem offenen Gesicht und den freundlichen Augen.
„Das Glück der Iren!“ erwiderte ich.
„Davon kann ich ein Liedchen singen!“ Er hob das Whiskeyglas, blinzelte kurz und stürzte es herunter. „Phil“, sagte er dann, während er sich ein neues Glas eingoss, „und was machst du momentan so?“
„Was?“ schreckte Phil hoch. „Wie meinst du das?“
Phil hockte auf seinem Stuhl wie eine Rakete kurz vor dem Start, als hätte der Countdown schon begonnen, und er würde jeden Moment durch die Decke katapultiert werden.
„Deine Arbeit“, erklärte Gerry. „Arbeitest du noch für die Galvin Brothers?“
Phil blinzelte. „Nein, nein. Ich, ahm, bin jetzt selbständiger Bauunternehmer, Gerry.“
„Gut zu tun?“
Dieser Mann hat Jason Warren aufgeschnitten und seine Gliedmassen amputiert, hat ihm den Kopf abgetrennt.
„Was?“ Phil nuckelte an seiner Flasche. „Ach ja, nicht schlecht.“ „Ihr seid heute nicht besonders gesprächig, Jungens“, bemerkte Gerry.
„Ha-ha“, brachte Phil schwach hervor.
Dieser Mann hat Kara Rider an den Händen auf dem gefrorenen Boden festgenagelt,
Er schnippte vor meinem Gesicht mit den Fingern.
„Bist du noch da, Patrick?“
Ich lächelte. „Gib mir noch ein Bier, Gerry!“
„Ja, klar.“ Er ließ mich nicht aus den Augen, beobachtete mich neugierig, während er hinter sich in den Kühlschrank griff.
Nach „Let It Bleed“ war jetzt „Midnight Rambler“ zu hören; die Mundharmonika klang wie ein Lachen aus dem Grab.
Gerry reichte mir ein Bier. Für einen Moment berührte er meine Hand an der eisigen Flasche. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken.
„Das FBI hat mich verhört“, erzählte er. „Wusstet ihr das?“ Ich nickte.
„Und was die mich gefragt haben! Mein Gott! Klar, die tun
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