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Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt
Autoren: Jochen Till
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das schon tausendmal gesagt habe. Ich habe aber gefragt, ob du es ihm auch noch mal gesagt hast. Damit er auch genau weiß, dass du mein Sohn und auf Nüsse allergisch bist. Nicht, dass er dich verwechselt und dann haben wir den Salat und dein Auslandskrankenschein steckt ganz unten im Rucksack und dann ist es zu spät.«
    »Aber ich bin doch der einzige Adrian bei uns in der Klasse, Mama. Warum sollte er mich verwechseln?«
    »Wo ist denn eigentlich euer Herr Wuttke? Ah, da drüben steht er ja. Los, komm mit!«
    Sie packt ihn an der Hand und zieht ihn an mir vorbei in Richtung Wuttke.
    »Manche Mütter sind echt die Pest«, sagt eine weibliche Stimme neben mir.
    Ich drehe mich um. Nele. Sie grinst mich an.
    »Allerdings«, grinse ich zurück. »Aber sie können ja nichts dafür. Man muss sie nur richtig erziehen.«
    Nele lacht. Ich mag Nele. Nicht so. Nur so. Sie ist witzig. Auf intelligente Art witzig. Das sind die wenigsten. Und darum mag ich sie. Seit der Faschingsparty bei Wuttke letztes Jahr. Wir waren die Einzigen, die sich nicht verkleidet hatten. Das verbindet. Wir saßen den ganzen Abend lang zusammen in einer Ecke und haben wunderbar bösartig gelästert. Ich weiß, das macht man eigentlich nicht. Aber wer einmal Darth Vader, Schneewittchen, Godzilla, Spongebob und einer übergewichtigen Manga-Elfe beim Ententanz zugesehen hat, kann einfach nicht anders. Gott, was haben wir an diesem Abend gelacht. Und seitdem mag ich sie. Sie mich auch, denke ich. Aber alles wirklich nur rein platonisch und in der Schule. Privat haben wir überhaupt nichts miteinander zu tun. Sie steht auf Jude Law. Und ich auf Pink. Nele sieht aber eher aus wie Avril Lavigne mit kürzeren Haaren und nicht ganz so magersüchtig. Und ich sehe aus wie … niemand. Ehrlich. Mein Gesicht ist absolut nichtssagend. Stinknormal. Total langweilig. Ich hasse mein stinknormales, langweiliges Gesicht. Nicht so sehr, dass ich jetzt einen Schönheitschirurgen daran herumschnippeln lassen würde, davor hätte ich dann doch zu viel Schiss. Ganz davon abgesehen, dass das sowieso nichts bringen würde. Bei mir würde nur ein Komplettaustausch helfen. Gebt mir den Kopf von Leonardo di Caprio. Oder Josh Hartnett. Oder dem aktuellen Freund von Pink, wer immer das auch sein mag, egal, Hauptsache nicht mehr meine langweilige Visage. Aber so weit ist die Medizin wohl leider noch lange nicht. Na ja, was hilft’s? Ist nicht so wichtig. Meine Fresse, mein Problem.
    »Hast du Henny schon irgendwo gesehen?«, fragt Nele und blickt sich suchend um.
    »Nein, bis jetzt noch nicht.«
    »Oh Mann, dieses Ding ist vielleicht schwer«, stöhnt Nele und streift ihren Rucksack ab.
    Ein Klirren ertönt, als sie den Rucksack auf dem Boden absetzt. Ich schaue sie fragend an.
    »Das wird eine lange Zugfahrt«, zwinkert sie mir zu. »Da braucht man jede Menge Proviant.«
    Okay, alles klar. Die Mädels fangen schon während der Fahrt an zu feiern. Wird bei uns nicht anders sein.
    »Wodka?«, frage ich.
    »Bacardi«, antwortet Nele. »Für den Wodka ist Henny zuständig. Was gibt’s bei euch?«
    »Ich hab für den Anfang ein paar Dosen Becks dabei. Seba wollte sich um den Hartsprit kümmern.«
    Sebas Familie besitzt einen Getränke-Großhandel, sehr praktisch. Möchte nicht wissen, wie viele Flaschen er da schon gezockt hat. Uns ist jedenfalls noch auf keiner Party der Hartsprit ausgegangen.
    »Hey, da ist sie ja!«, quiekt Nele plötzlich und springt neben mir auf und ab. »Henny! Hier drüben!«
    »Nele!«, quiekt es aus einiger Entfernung zurück.
    Ich recke meinen Hals und sehe Henny auf uns zukommen. Und sie sieht mal wieder fantastisch aus. Absolut fantastisch. Unschlagbar fantastisch. Wunderschön. Supersexy. Eine Göttin. Leider nicht meine Göttin. Dafür war ich dann wohl nicht Gott genug. Meine langweilige Fresse wahrscheinlich, keine Ahnung. Jedenfalls hat sie mir eine höfliche, aber deutliche Abfuhr erteilt. Freundschaft, ja – Liebe, nein. Der Nächste, bitte. So in etwa. Das ist jetzt ungefähr ein halbes Jahr her, und das Einzige, was man an unserem Verhältnis seitdem als freundschaftlich bezeichnen könnte, ist die Tatsache, dass wir uns grüßen. Schade eigentlich, denn ich mag sie immer noch. Nicht mehr so wie früher, aber trotzdem, sie ist echt okay. Und wunderschön. Und supersexy. Aber das sagte ich, glaube ich, schon.
    »Hi, Jonas.«
    Sie lächelt mich kurz an.
    »Hallo, Henny.« Ich lächle etwas länger zurück.
    »Wo ist denn dein Lover?«, fragt
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