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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen
Autoren: Sam Miskull
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gleich zu mir.“
         Jamie hatte vorhin gleich die Hilfe seiner Frau angeboten und Lilidh hatte sie dankbar angenommen. Eine Hebamme benötigte sie nicht, dafür war sie selbst da, sie hatte beim Holen eines Kindes sicher mindestens gleichviel Erfahrung, doch zwei helfende Hände konnte sie durchaus gebrauchen. Und so war sie froh, als die junge Frau kurze Zeit später freundlich und hilfsbereit auftauchte und sie machten sich daran, sich so gut es ging, auf das Bevorstehende vorzubereiten. Die Männer versorgten sie mit allem, was Lilidh gefordert hatte und als sämtliche Vorkehrungen getroffen waren, wurde es still in dem Gemach.
         Lilidh und Claudia wechselten nur selten ein paar geflüsterte Worte. Lilidh war zu sehr in ihrer Sorge um ihre Tochter gefangen, um eine gute Unterhalterin zu spielen und Claudia hatte Verständnis dafür und hielt sich in diesem Bewusstsein dezent zurück. Außerdem gingen sie davon aus, dass Kate schlief und ihnen lag es fern, sie durch ihre Gespräche zu wecken.
         Doch Kate schlief nicht. Sie gab es vor, lag stundenlang vollkommen still da, jeden Schrei und jedes Stöhnen unterdrückend. Sie wollte den Schein einer Schlafenden wahren, um für sich bleiben zu können. Sie versuchte gar einzuschlafen, doch ihr Geist kam einfach nicht zur Ruhe. Stattdessen trauerte sie, weinte tränenlos um William und kämpfte mit der Leere, die sein Tod in ihr hinterlassen hatte.
         Erst gegen Einbruch der Dunkelheit wurden die Schmerzen zu stark, um sie ungerührt über sich ergehen zu lassen und sie gab die ersten Geräusche von sich und begann sich unruhig in dem großen Bett zu bewegen. Ihre Augen ließ sie jedoch geschlossen und so hörte sie lediglich Claudias Stimme, wie sie Amy aufforderte, sie zu begleiten und anschließend ohne das Mädchen wieder kam. Es war eine gute Entscheidung, Amy wegzubringen, denn die Schmerzen kamen immer häufiger und stärker und das, was in den nächsten Stunden in dem Gemach geschehen würde, hätte sie sicher nur erschreckt. So war sie bei Jamie durchaus besser aufgehoben, auch wenn die Stimmung unter den Männern gleichfalls düster war.
         Seitdem Marcus und Angus Lilidhs Bitten nachgekommen waren, war ihnen nichts übrig geblieben, als tatenlos herumzusitzen. Das Warten hatte die Anspannung nur noch weiter geschürt und zusammen mit der Trauer um William zerrte sie seit Stunden an ihren Nerven. Irgendwann waren Jamie, Robert und Alec, nachdem sie ihren Auftrag erfolgreich ausgeführt hatten, zu ihnen gestoßen und hatten zumindest die aufreibende Stille vertrieben. Doch die Stimmung blieb trotz der eher oberflächlichen Gespräche, wie sie war und als Claudia schließlich Amy zu ihnen brachte und ankündigte, es würde nun losgehen, hielt Marcus es nicht mehr aus. Er sandte Ian und Angus aus, um genügend Whisky zu besorgen und nachdem sie sich in großer Runde zusammenfanden, begannen sie zu trinken.
         Nach den Strapazen der letzten Tage und Stunden ließ die Wirkung des Alkohols nicht lange auf sich warten und lockerte nicht nur ein wenig ihre Nerven, sondern auch ihre Zungen. Während sie vorhin das Thema William eher umgangen hatten und lediglich höfliche Konversation betrieben hatten, sprachen sie nun immer freier und unverhohlener über ihn und das Schweigen gebrochen zu haben, tat ihnen allen gut.
         So redeten sie und tranken, während Kate nebenan um ihres und das Leben ihres ungeborenen Kindes kämpfte. Nicht immer war es ihr Kampf, denn viele Male gab sie sich auf, flehte William stumm an, sie mit sich zu nehmen, sie aus ihrem Schmerz zu erlösen. Er konnte nicht zurückkehren, doch sie konnte ihm folgen, dachte sie verzweifelt.
         Doch er selbst war es immer wieder, der sie von diesen Gedanken abbrachte. Die Erinnerung an seine Worte in der dunklen, kalten Zelle, wo er sie gebeten hatte, seinem Kind von ihm zu erzählen und ihm einen Kuss von ihm zu geben, brachte sie immer wieder dazu, den Wunsch, ihm zu folgen, zu verwerfen und alles ihr zur Verfügung stehende aufzubieten, um diesen Kampf doch zu gewinnen.  
         So zog sich die Nacht dahin, schien schier endlos, ein einziges Gefängnis aus Schmerz und zwiespältiger sie zerreißender Gefühle. Oftmals verließen sie ihre ohnehin dürftigen Kräfte und sie trieb nur an der Oberfläche des Bewusstseins, doch ihre Mutter und Claudia waren dann umgehend zur Stelle, um ihr zu helfen und sie wieder ins Bewusstsein
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