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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen
Autoren: Sam Miskull
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führte das Foltergerät, doch wenn sie die Strafe nicht ausführen würden, wer dann, fragte er sich und Marcus’ entsetzter Gesichtsausdruck, lieferte ihm seine Antwort.
         Mit einer Mischung aus Abscheu, Bestürzung und Hass beobachtete sein Freund die herannahende Person und William musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Wentworth war, der heute seine Strafe ausführen würde. Seit man William in die stinkende Zelle verfrachtet hatte, hatten er und Marcus sich bereits gefragt, was den Major davon abgehalten hatte, ihn aufzusuchen, um ihn noch ein wenig weiter zu foltern. Nun wussten sie es, er hatte sich das Vergnügen wohl für heute aufsparen wollen.
         Bei dem Gedanken wie viel schwerer die Strafe, ausgeführt von Wentworths Hand, wohl ausfallen würde, brach William nun kalter Schweiß aus. Die Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich und er schloss mit einem leisen Seufzer die Augen. Die Schritte kamen näher, er konnte die hochgekrempelten Ärmel und das süffisante Grinsen auf den Lippen des Majors förmlich sehen und plötzlich riss er die Augen wieder auf. Was tat er da nur, Wentworth durfte seine Bestürzung doch nicht sehen, das würde ihm nur noch mehr Befriedigung verschaffen, dachte er panisch. Er musste sich zusammenreißen, musste zumindest den Eindruck erwecken, dass es ihm vollkommen gleich war, dachte er, die verbissenen Gesichter seiner Freunde und Marcus’ kaum merkliches Nicken betrachtend. So legte er eine ausdruckslose Miene auf, bedachte seine Freunde mit einem kurzen und matten Lächeln und wandte sich anschließend Kate zu.
         Sie stand noch immer ungerührt da, hatte den Kopf nun lediglich leicht zur Seite geneigt und sah ihn an. Nichts und niemand sonst schien für sie zu existieren und William fand durch sie wieder zu seiner Ruhe zurück. Sie half ihm zu verdrängen, was gleich mit ihm geschehen würde, half ihm seine Angst und alles um ihn herum auszublenden, sodass er nicht nur äußerlich einen unerschütterlichen Eindruck machte. Sie entführte ihn von diesem schrecklichen Ort, ließ ihn in Erinnerungen an ihre gemeinsamen und glücklichen Tage schwelgen, bis ...
         ... der erste Peitschenhieb ging vollkommen unvorbereitet auf seinen nackten Rücken nieder und auch wenn William es irgendwie schaffte, jedwede Rührung zu unterdrücken, schärfte der Schmerz seine Sinne wieder und vertrieb den Frieden, den er bis eben noch gespürt hatte. Fort war seine innere Ruhe, fort auch der sanftmütige Ausdruck in Kates Augen, denn nachdem sie unter dem Schlag zusammengezuckt war, konnte sie nun nicht mehr an sich halten und verzog schmerzlich das Gesicht. Tränen rannen nun wieder in Strömen über ihr Gesicht, während jeder einzelne Schlag sie mitten ins Herz traf. Doch sie wandte den Blick nicht ab. Sie hatte versprochen, für ihn da zu sein und das würde sie auch, solange er sie eben brauchte!
         Sein Rücken rötete sich zunehmend, und auch wenn er bisher noch kein Mal das Gesicht verzogen hatte oder auch nur einen Ton von sich gegeben hatte, merkte sie deutlich, dass es zunehmend härter für ihn wurde. Bald würde er die Folter nicht mehr so scheinbar unempfindlich ertragen können, und als er schließlich seinen Blick von ihr losriss und sich kurz jedem seiner Freunde widmete, stellte Kate verzweifelt fest, dass er sich zu verabschieden begann. Er verweilte nicht lange bei jedem, denn seine Zeit wurde knapp und schließlich kehrten seine Augen zu Kate zurück.
         „Ich werde dich immer lieben, mein Herz“, sagte sein zärtlicher Blick.
         Tränen schimmerten wieder in seinen Augen und Kate beeilte sich, ihm auf gleiche Weise zu antworten.
         „Ich dich auch, William“, ließ sie ihn wissen und schon im nächsten Augenblick, da der nächste Peitschenhieb auf seinem Rücken niederging, schloss William die Augen und wandte schweren Herzens zum letzten Mal sein Gesicht von ihr ab.  
        
         Mit geschlossenen Augen, die Zähne fest zusammengepresst und das Gesicht hinter dem Holzbalken schmerzlich verzogen, ertrug der Mann, den sie liebte, lautlos die erbarmungslose Folter. Sein Fleisch hatte schon vor ein paar Minuten nachgegeben, die Haut war unter der Wucht der Schläge aufgeplatzt und warmes Blut rann bereits seine Beine hinunter.
         Zwischenzeitlich verlor er das Bewusstsein, doch Wentworths Kameraden waren in dem Fall sofort zur Stelle. Sie hielten ihm Riechsalz unter die Nase,
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