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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition)
Autoren: Arno Strobel
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runter von dem Berg kommen würden. Alles andere würde sich zeigen. Auch wenn Tim Angst vor dem hatte, was sich zeigen könnte.
    Lena schien ebenfalls Angst zu haben, das las er an ihren Augen ab.
    Als sie seinem fragenden Blick auswich und zu Sebastian und Janik linste, verstand er, wovor sie sich fürchtete. Davor, dass sie eine weitere Nacht in der Hütte verbringen mussten. Mit ihm.
    »Lena, ich … denkst du, ich könnte dir etwas antun?«, fragte er leise.
    Ihr Kopf ruckte herum. »Was? Nein, niemals. Es ist nur …«
    »Ich möchte die Schlucht sehen«, fiel Sebastian ihr ins Wort, während er auf die beiden zukam. »Der Sturm ist vorbei, also können wir jetzt nachsehen, ob wir Ralf dort irgendwo finden. Janik kommt mit. Und du zeigst uns den Weg.« Dabei zeigte er auf Tim.
    Der warf Lena einen schnellen Blick zu und schüttelte dann energisch den Kopf. »Ich lasse mir von dir nicht befehlen, was ich zu tun habe.«
    »Ach, du willst uns also nicht zeigen, wo die Schlucht ist? Das ist ja spannend. Kann es sein, dass du Angst hast, wir könnten Ralf dort finden? Und sehen, was mit ihm passiert ist?«
    Wieder sah Tim zu Lena, doch sie wich seinem Blick aus. Glaubte sie etwa auch …?
    »Das finde ich allerdings auch seltsam«, stellte Janik sich auf Sebastians Seite. »Ralf könnte sich ja genauso gut draußen verirrt haben und in die Schlucht gestürzt sein. Und du zeigst uns nicht, wo sie ist? Was soll ich denn davon halten?«
    »Aber … darum geht es doch überhaupt nicht. Natürlich möchte ich, dass Ralf gefunden wird.«
    Sebastian verschränkte die Arme vor der Brust. »Ach, worum geht es denn sonst?«
    »Hörst du nicht zu, verdammt? Ich lasse mich von euch doch nicht rumkommandieren. Außerdem weiß Denis auch, wo die Schlucht ist.«
    »Vielleicht ist Ralf wirklich dort verunglückt und ihr könnt ihm helfen«, stimmte Lena Janik zu. »Dann wäre bewiesen, dass du nichts mit seinem Verschwinden zu tun hast. Zeig ihnen doch einfach, wo die Schlucht ist.«
    Tim sah sie lange an und versuchte zu erkennen, was sie wirklich dachte. Glaubte sie tatsächlich daran, dass Ralf einen Unfall gehabt hatte? Oder zweifelte sie insgeheim an Tims Unschuld? Sie auch?
    »Na gut, ich komme mit.« Tim sah Erleichterung in Lenas Gesicht. Zu gern hätte er gewusst, was in ihrem Kopf vorging.
    »Na also. Dann los, es wird gleich dunkel.« Janik wandte sich ab und ging zur Tür. Sebastian wartete, bis Tim an ihm vorbei war, und folgte ihm anschließend nach draußen.
    Vor der Hütte blieb Tim stehen, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich ein paar Sekunden lang die feinen Regentropfen ins Gesicht rieseln, die er dann mit der Hand verrieb.
    Als sie loszogen, hatten Janik und Sebastian ihn in die Mitte genommen.
    »Hier ist es«, sagte Tim überflüssigerweise, als sie nach wenigen Minuten die Schlucht erreicht hatten, und blieb kurz vor der Kante stehen.
    Sebastian und Janik kamen näher und gingen zusammen mit Tim auf den Rand zu, wobei Sebastian darauf achtete, dass einige Meter zwischen ihm und Tim lagen.
    Er hat Angst vor mir, dachte Tim. Er glaubt, ich würde ihn da runterstoßen, wenn er mir zu nahekommt.
    Seltsamerweise machten diese Gedanken ihm nichts mehr aus. Bei jemand anders hätten sie das vielleicht, wahrscheinlich sogar bei Janik. Aber bei Sebastian …
    Der Abhang war an dieser Stelle nicht so steil, wie Tim gedacht hatte, doch als er seinen Fuß ganz nahe der Kante absetzte, gab der Boden etwas nach. Wind und Dauerregen hatten alles aufgeweicht. Auch Sebastian und Janik schienen es bemerkt zu haben, denn Sebastian ging in die Knie und krabbelte vorsichtig bis ganz nach vorn.
    Nach einer Weile tat Janik es ihm gleich. Tim wagte den vorsichtigen Blick in die Tiefe im Stehen. Während seine Augen den steilen Hang absuchten, hämmerte sein Herz wie verrückt. Was, wenn sie Ralf tatsächlich irgendwo dort entdeckten? Was, wenn er eine … Stichwunde hatte?
    Sie fanden Ralf nicht. Nach etwa zehn Minuten gaben sie es auf, denn es dämmerte bereits, und auch wenn das Wetter sich erheblich gebessert hatte, wäre selbst der kurze Rückweg bei Dunkelheit gefährlich gewesen.
    Tim war ein wenig erleichtert.
    In der Hütte hatten die anderen sich schon für die Nacht eingerichtet. Die Holzläden hatten sie wieder geschlossen. Überall waren brennende Kerzen verteilt und erfüllten den Raum mit warmem Licht. Wieder musste Tim daran denken, dass es fast gemütlich gewirkt hätte, wenn die Umstände anders gewesen
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