Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition)
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
Vom Netzwerk:
für dekadent, ich weiß. Aber diese Suite ist nur halb so groß wie die von dem Rocksänger über mir, und außerdem bekommt man Rabatt, wenn man sie für zwei Jahre im Voraus bezahlt.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    Ingolf schien gegenüber Sarkasmus immun, denn er zählte weiter auf: »Und dann ist ja auch alles inklusive: Strom, Wasser, Heizung, Putzfrau, Fitnessstudio, sogar das Schwimmbad.«
    »Nicht zu vergessen das Duschgel«, bestätigte Herzfeld mit todernster Miene. »Andere zahlen dafür ein Vermögen bei Rossmann, hier steht das alles gratis im Bad rum.«
    Wie aufs Stichwort hörte er eine Toilettenspülung, dann öffnete sich eine bislang noch unbemerkte Tür direkt neben ihm.
    »Geht es schon wieder weiter?«, fragte Ender, der ihnen in der Gästetoilette den Rücken zuwandte, während er sich, über das Waschbecken gebeugt, etwas Wasser ins Gesicht spritzte. Als er hochsah, entdeckte er Herzfeld im Spiegel.
    »Paul!«
    Er drehte sich ruckartig um, etwas zu schnell anscheinend, denn er fasste sich mit schmerzverzerrtem Blick an die fleischfarbene Halskrause. Der Verrückte hatte mehr Glück als Muskeln. Die Ärzte auf dem Festland hatten Wunder bewirkt und in einer dreistündigen Operation das Seziermesser entfernt, Gefäße geflickt und die Wunde vernäht. Wenn er sich in den nächsten Wochen etwas zurückhielt, waren wohl keine bleibenden Schäden zu erwarten.
    »Schön, dich mal ohne eine Leiche in Reichweite zu sehen. Oder hast du dir etwa Arbeit mitgebracht?« Ender grinste noch breiter als Ingolf bei seiner Begrüßung. »Komm, das musst du dir ansehen.«
    Herzfeld dachte, Ender würde ihm ein Highlight der Suite zeigen wollen, aber der schob ihn direkt vor den Fernseher. Die Werbung war vorbei, und das Logo einer Unterhaltungssendung, ähnlich subtil wie das der Bild-Zeitung, schob sich über den Bildschirm.
    »Deutschland Deine Talente!«, sagte Ender, als könnte Herzfeld nicht lesen. Irgendwie war eine knüppeldicke Fernbedienung in seine Pranken gewandert, mit der er den Ton anstellte.
    »Was ist das für ein Blödsinn?«
    Ingolf erklärte es Herzfeld aus dem Hintergrund: »Bei diesem
Blödsinn
hätte Ihr Freund um ein Haar seine Reputation verloren.«
    »Meine was?«, fragte Ender, ohne den Blick von dem Fernseher zu wenden. Ein grenzdebil dreinblickender alter Mann mit Matrosenhut absorbierte seine gesamte Aufmerksamkeit.
    »Das Schwein hat mir den Platz geklaut«, jammerte er und fuchtelte mit der Fernbedienung, als hielte er ein Florett in den Händen. »Eigentlich hätte
ich
dort auftreten sollen.
Ich
war im Recall mit meiner Comedy-Nummer. Nur weil ich auf Helgoland festhing, haben die Idioten diesen müden Lappen da nachnominiert.«
    »Wozu?«, fragte Herzfeld mit angewidertem Blick. »Damit er sich vor laufender Kamera sein Gebiss herausholt?«
    »Billig, was? Das macht er nur für den Gag«, erklärte Ender. »Altfranzösisch, du verstehst: Blasen ohne Zähne.«
    »Sehr lustig.«
    »Sag ich doch. Dem seine Witze sind nicht mal annähernd so gut wie meine. Verdammt.«
    »Ich bin mir sicher, Sie bekommen nächstes Jahr Ihre große Chance«, sagte Ingolf und tippte Ender von hinten auf die Schulter.
    Tonfall und Geste erinnerten Herzfeld an einen Psychiater, der seinem Patienten sagt, alles würde gut werden, wenn er nur seine Pillen nähme.
    »Wir können uns ja nachher gemeinsam die Aufzeichnung ansehen. Aber ich schlage vor, jetzt, da wir endlich vollzählig sind, sollten wir beginnen.«
    Es war weniger ein Vorschlag als eine Entscheidung, denn Ingolf marschierte, ohne die Zustimmung seiner Gäste abzuwarten, einmal quer durch die Suite und öffnete eine der vier Türen. »Wenn Sie mir bitte in mein Arbeitszimmer folgen würden.«
    Er blieb kurz an der Schwelle stehen, dann betrat er den Raum, in dem Herzfeld ein weiteres bekanntes Gesicht ausmachte.
    »Linda.«
    »Paul.«
    Was Ingolf sein
Arbeitszimmer
nannte, firmierte andernorts unter der Bezeichnung
Konferenzraum.
    Linda saß an einem langen Tisch und unterbrach ihre Arbeit an einer Zeichnung, mit der sie offenbar die Wartezeit überbrückt hatte. Die Skizze zeigte einen sterbenden Mann in einer Blutlache liegend. Trotz oder gerade wegen der verstörenden Gewalt, die das Comicbild ausstrahlte, kam Herzfeld nicht umhin, Lindas Talent zu bewundern.
    »Gut, dich zu sehen.«
    Linda erhob sich und umarmte Herzfeld wie einen aus dem Krieg heimgekehrten Soldaten. Sie hatte ihre kunstpelzgefütterte Lederjacke anbehalten, deren Kragen ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher