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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition)
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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lauter.
    Sie hielt an, stieg vom Rad und betrachtete ihn zögernd aus einigem Abstand.
    Die Augen waren zugeschwollen, Blut tropfte ihm aus dem Mund, und das rechte Bein wirkte unnatürlich verdreht.
    »Was ist passiert?«, fragte Fiona. Ihre Stimme flatterte im gleichen Tempo wie ihr Puls.
    »Ich wurde überfallen.«
    Fiona trat näher. Im Licht der Kofferraumbeleuchtung konnte sie nicht viel erkennen, nur dass der Unbekannte einen Sportanzug und Laufschuhe trug.
    Dann fiel ihr Blick auf den Kindersitz im Kofferraum, und das gab den Ausschlag.
»Lass dich nicht täuschen. Die wahren Psychopathen sehen immer aus wie Opfer. Sie nutzen dein Mitleid aus«,
hatte Sandro ihr eingeschärft. Und der verstand mehr vom Leben als ihre Mutter. Vielleicht war der Typ wirklich böse? Bestimmt hatte er es verdient, so zusammengeschlagen zu werden.
    Und wenn schon, das ist nicht meine Angelegenheit. Das soll jemand anderes übernehmen.
    Fiona setzte sich wieder auf den Sattel, da begann der Mann zu weinen. »Bitte, bleib. Ich tu dir doch nichts.«
    »Das sagen sie alle.«
    »Aber schau mich doch an! Siehst du denn nicht, dass ich Hilfe brauche? Ich fleh dich an, ruf einen Krankenwagen.«
    »Der Akku von meinem Handy ist leer«, erwiderte Fiona. Sie zog sich die Stöpsel ihrer Kopfhörer aus den Ohren, die sie in der Aufregung ganz vergessen hatte.
    Der Mann nickte erschöpft. »Ich hab eines.«
    Fiona zeigte ihm einen Vogel. »Ich werd Sie nicht anfassen.«
    »Musst du auch nicht. Es liegt vorne.«
    Der Mann krümmte sich wie unter Magenkrämpfen. Er schien vor Schmerzen zu zittern.
    Scheiße, was mach ich jetzt?
    Fiona krallte die Finger um den Lenker. Sie trug dicke Lederhandschuhe, dennoch waren ihre Finger kalt.
    Soll ich? Oder soll ich nicht?
    Ihr Atem schlug dampfende Wolken.
    Der Schwerverletzte versuchte sich aufzurichten, sank aber kraftlos auf die Ladefläche zurück.
    »Bitte«, sagte er noch einmal. Fiona gab sich einen Ruck.
    Ach, egal. Wird schon schiefgehen.
    Die Stützen ihres Fahrrads fanden auf dem unebenen Weg keinen Halt, also legte sie es quer auf den Boden. Fiona achtete darauf, nicht in Reichweite des Mannes zu gelangen, als sie an seinem Wagen vorbeiging.
    »Wo?«, fragte sie, als sie die Fahrertür geöffnet hatte.
    Sie sah eine Halterung für die Freisprechanlage, aber kein Handy darin.
    »Es liegt im Handschuhfach«, hörte sie ihn krächzen.
    Sie überlegte kurz, ob sie einmal um den Wagen herumlaufen sollte, entschied sich dann aber dafür, über den Sitz auf die Beifahrerseite zu langen.
    Fiona beugte sich tief in den Wagen hinein und öffnete das Handschuhfach.
    Kein Handy.
    Natürlich nicht.
    Statt eines Mobiltelefons fiel ihr eine angebrochene Packung mit Latexhandschuhen entgegen und eine Rolle Paketklebeband. Ihr Puls ging in einen Stakkato-Rhythmus über.
    »Hast du es gefunden?«, hörte sie die Stimme des Mannes, die auf einmal sehr viel näher klang. Sie drehte sich um und sah, dass er sich gedreht hatte und im Kofferraum direkt hinter den Rücksitzen kniete. Nur einen Sprung von ihr entfernt.
    Von da ab ging alles sehr schnell.
    Fiona ignorierte die Latexhandschuhe, ihre eigenen mussten ausreichen. Dann griff sie unter den Sitz. Die Waffe war genau dort, wo Sandro gesagt hatte. Geladen und entsichert.
    Sie hob den Lauf, kniff das rechte Auge zusammen und schoss dem Mann ins Gesicht.
    Dank dem Schalldämpfer hörte sich der Schuss an, als hätte sie einen Korken aus einer Weinflasche gezogen. Der Mann fiel zurück in den Kofferraum. Fiona warf die Waffe wie verabredet im hohen Bogen in den Wald. Dann hob sie ihr Fahrrad wieder auf.
    Zu dumm, dass ihr Akku leer war, sonst hätte sie Sandro schnell eine SMS geschickt, dass alles geklappt hatte. Um ein Haar hätte sie das Ganze nicht durchgezogen, nur weil sie plötzlich Mitleid mit dem Arsch bekommen hatte. Aber versprochen war versprochen. Außerdem brauchte sie das Geld, wenn sie endlich von zu Hause abhauen wollte. »Der Scheißkerl hat es verdient«, hatte Sandro ihr mit auf den Weg gegeben. Und dass es das letzte Mal sein würde, dass sie so etwas für ihn erledigen müsste, was ja auch irgendwie logisch war.
Immerhin werde ich nächste Woche vierzehn. Dann bin ich strafmündig und könnte für so was in den Bau wandern. Wenn sie mich heute erwischen, werde ich höchstens von irgendeinem Sozialarbeiter vollgelabert.
    Geiles Rechtssystem, Sandro kannte sich echt gut aus mit Gesetzen, Jura und solchem Kram. Er verstand einfach mehr vom Leben
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