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ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

Titel: ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)
Autoren: Susanne Storck
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Staad“. Wir nähern uns dem Zentrum von Düsseldorf, auf der anderen Rheinseite im Hafen blinken die Gerry-Häuser in der heißen Sommersonne. Aber mir steht nicht der Sinn nach Touristenattraktionen, meine Beine strampeln eindeutig in Richtung Etappenziel. Vorher wird’s noch mal ländlich mit Kornblumen- und Mohn-Farbklecksen in Getreidefeldern und einem süßen, betörenden Duft nach Lindenblüten. Schmunzelnd registriere ich die Reaktionen von Passanten auf uns ungleiches Paar: Bepackt wie ein Esel und mit hochroter Birne strample ich mich auf den letzten Kilometern ab, Thomas fährt entspannt neben mir mit kaum Gepäck auf dem Drahtesel. „Na, geht doch“, drückt mancher Männerblick mit Genugtuung aus. Bei den Frauen kriegt Thomas ohne Worte sein Fett weg im Sinne von „was für ein Chauvi-Schuft“.
    Wir radeln unverdrossen weiter. Nach 74 Kilometern oder vier Stunden und 40 Minuten habe ich die erste Tagestour geschafft. Bei meinem Gastgeber in Düsseldorf-Bilk warten eine Dusche auf mich, frische Kleidung und leckere Käsebrote. Ich bin kaputt, aber glücklich. Mir tut der Hintern weh, weil ich mich am Morgen für eine normale Stoffhose und gegen die gepolsterte Radlerhose entschieden hatte, meine Beine sind schwer wie Blei. Egal. Es zählt nur das Angekommen sein. Wie konnte ich am Morgen auch nur eine Sekunde am Gelingen meiner Tour zweifeln…

Kapitel 2
    Einkaufen ohne Geld
    Am nächsten Morgen fühle ich mich gut erholt und will die Welt aus den Angeln heben. Gestärkt mit einem guten Frühstück, das ich ansonsten in meinem normalen Alltag meist verschmähe, bepacke ich das Rad und schwinge mich in den Sattel. Adieu Thomas!
    Es geht gut voran, in Leverkusen versperren die Bayer-Werke den direkten Weg am Rhein entlang, ich muss eine große Schleife um das Industriegebiet herum fahren. Gegen Mittag kann ich bei der Anfahrt nach Köln lange den Dom auf der anderen Rheinseite bewundern. Er wurde ab 1248 erbaut, um den Herrn zu preisen. Kaum zu glauben, dass der gotische Prachtbau einst ganz weltlichen Zwecken diente, beispielsweise als Lagerraum. So geschehen ab 1794, als die französischen Besatzungstruppen in Köln das Sagen hatten und Erzbischof und Domkapitel geflohen waren. Erst 1801 bekam der Dom wieder seine Weihe als Gotteshaus.
    Aber an diesem Morgen hat die 157 Meter hohe architektonische Offenbarung mit Platz für insgesamt 4.000 Menschen für mich nichts Erhabenes. Ich genieße einfach nur aus der Ferne den Blick aufs Weltkulturerbe. Das ist das Schöne: Wer radelnd unterwegs ist, bekommt einen anderen Blick von der und auf die Welt. Ob Kirchen, Hochhäuser, Industrieanlagen, Wälder, Seen und Felder – alles wirkt intensiv, echt, natürlich. Man ist eben nah dran und mitten drin. Man kann relativ schnell Orte wechseln und ist – anders als im Auto – dabei keinesfalls abgeschirmt.
    Auf Kölner Gebiet muss ich erstmals meine Flasche mit Leitungswasser nachfüllen. Kein Problem in einer Kneipe. Die ersten Regentropfen bekomme ich auch noch in Köln ab, am Weidenweg. Im Stadtteil Westhoven sollte man immer schön auf dem Radweg bleiben, es herrscht „absolutes Betretungsverbot“, wie es in gruseligem Amtsdeutsch auf diversen Schildern steht. Die Natur holt sich die brach liegende Fläche zurück, auf strubbligen Grasflächen wachsen kreuz und quer Sträucher und Bäume. Aufgrund der historischen Nutzung sei das Gelände mit Munition und anderen Kampfmitteln verseucht, heißt es. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem viele Bomben auf das Areal abgeworfen wurden, war es ein Truppenübungsplatz. Die ehemalige Kaserne „Brasseur“ hatte hier ihren Standort, erfährt der Wanderer auf dem Rad. Die Gegend, in der es nur mich zu geben scheint, wirkt gespenstisch. Schnell weg hier.
    Der Regen wird stärker, dies ist die Premiere für mein Cape. Unter dem dichten Blätterdach einer Allee direkt am Rheinufer mache ich Pause. Weiter geht’s über Rheidt, Mondorf und Bergheim nach Bonn, eine wunderschöne Strecke. Im Laufe des Nachmittags passiere ich Königswinter, wo ich die in meinem Radroutenbuch aufgelisteten Übernachtungsmöglichkeiten im nahegelegenen Bad Honnef mit dem Handy abtelefoniere. Noch habe ich das Bedürfnis nach Organisation und festen Adressen. Und ich führe die einzige Spielregel auf meiner Tour ein, an die ich mich bis zum Ende halte: Spätestens am frühen Abend, auf jeden Fall vor Einbruch der Dunkelheit, muss klar sein, wo und unter welchen Umständen ich
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