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ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

Titel: ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)
Autoren: Susanne Storck
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entlang führt. Die Sonne lacht, worauf man sich in einer der wärmsten Gegenden Deutschlands meistens verlassen kann. Im Ort Bruttig bitte ich im Rathaus-Café erfolgreich um eine Bockwurst, Brötchen habe ich noch. Ich mache Rast auf einem Weingut in Mesenich, wo mir die Gastgeberin erfrischende Cola spendiert. Von Cochem aus nach etwa 20 Kilometern bin ich am Ziel meiner Ausreißer-Tour: Ediger-Eller. Hierher fahre ich schon seit Jahren immer wieder – mit dem Auto – und helfe im Herbst, wenn es zeitlich passt, dem Winzer Peter Göbel ein paar Tage lang bei der Weinlese. Ediger-Eller ist mein Mosel-Geheimtipp. In dem romantischen Doppelort, der im Jahr 1969 aus der Verschmelzung der beiden Ortsteile Ediger und Eller entstand, stehen zauberhaft restaurierte Giebelfachwerkhäuser, berühmt ist die Kreuzkapelle auf dem Ediger Berg. In Ediger-Eller kann man in lauschigen Gassen auf Entdeckungsreise gehen, bei Festen die heimische Küche genießen wie den „Debbekoche“, ein Topfkuchen aus geriebenen Kartoffeln, Brötchen, Eiern, Zwiebeln, Mehl und Gewürzen. Ganz in der Nähe liegt das Winzerdorf Bremm, wo schon – wie an der gesamten Mosel – die Römer Wein anbauten. In der Nähe ragt der Calmont in den Himmel. Mit einer Steigung von 65 Grad ist er der steilste Weinberg Europas. Durch den Calmont führt ein Klettersteig, eine landschaftlich einmalig schöne Herausforderung für Wanderer, die gut zu Fuß und frei von Höhenangst sein sollten. Mein erster und einziger Versuch, durch den Calmont zu laufen, liegt lange zurück und schlug leider fehl. Die Höhe und vor allem die Steilheit des Berges und der ganz schmale Wanderweg am Rande des Abgrunds machten mir zu schaffen. Davon konnte mich kein noch so schöner Ausblick ablenken. Mit weichen Knien drehte ich schon nach wenigen Metern um und wünschte mir ein Taxi herbei…
    In Ediger-Eller habe ich im Laufe der Jahre viele Menschen kennen und schätzen gelernt. Sie erweisen sich auch an diesem Wochenende als wunderbare Gastgeber, die diesmal wie selbstverständlich meine Rechnungen übernehmen. Wie Jürgen Feiden, der mit seiner Frau Claudia direkt am Moselufer ein Hotel und ein Restaurant betreibt. Er traut mir die Radtour zu, glaubt aber nicht, dass ich mit so wenig Geld so weit komme. Er reicht mir zum Abschied einen zugeklebten Briefumschlag – für den Notfall. Ich halte ihn aus Neugier gegen das Licht und sehe zwei Euro-Scheine, einer davon ist auf jeden Fall ein 50er. Ich stecke den Umschlag ein, empfinde ihn als Beruhigungspille. Ob ich sie schlucken muss? Abwarten.
    Umsonst einkehren darf ich auch bei Glory und Christa, die die schönste Dorfkneipe weit und breit betreiben, sowie in der Winzerschänke Feiden. Hier gibt’s keine Speisekarte, die kommt stets sehr lebendig aus der Küche gefegt in Form von Richard Feiden, dem Cousin von Jürgen Feiden. Er zaubert kulinarische Köstlichkeiten, die es sonst nirgendwo gibt, „Rumfort“ (steht in der Küche nur rum, muss fort) beispielsweise. Seine mit Leberwurst gefüllten Klöße sind ein Traum. Die Winzerschänke befindet sich in einem urigen Fachwerkhaus, das bogenförmig über die Straße gebaut ist.
    Peter Göbel und seine Eltern Alois und Gertrud bieten mir auf ihrem Weingut Kost und Logis. „Beide Familien haben schon immer Weinbau betrieben“, erzählt der 41-jährige Peter. „Schon immer“ heißt, dass sich die Spuren 500 bis 600 Jahre zurückverfolgen lassen. Peters drei Geschwister setzten diese Tradition jedoch nicht fort. Sie gingen alle ihren eigenen Weg: Schwester Gabriele betreibt mit ihrer Familie die Pension „Springiersbacher Hof“ mit Weincafé in Ediger, Bruder Gerhard wurde Schreiner, und die jüngste Schwester Elisabeth steht bei der Bundespolizei ihre Frau. In Peter setzten die Eltern die Hoffnung, dass er das Familiengut übernehmen würde. Als er 16 Jahre alt ist, beginnt er eine Lehre zum Winzer. War er schon damals überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben? „Ich glaube, das kann kein 16-Jähriger mit Gewissheit sagen“, antwortet Peter. Das erste Lehrjahr absolviert er bei seinem Winzer-Vater Alois, die zwei weiteren Ausbildungsjahre auf einem Versuchsweingut in Bullay, das es heute nicht mehr gibt. Seine Entscheidung reift heran wie ein guter Wein. Mit 18, 19 Jahren wird ihm dann bewusst, „welche Möglichkeiten ich als Winzer habe, was man aus Trauben alles machen kann. Das hat mich begeistert.“
    Konsequent geht Peter Göbel seinen Weg, absolviert zwei
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