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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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er gerade tun wollte.
    Doch dann blieb er abrupt stehen. Er schaute sie an. Sein Blick war leer, so als hätte er getrunken, was Robert nie tat, wenn er Auto fuhr.
    »Nur um sicherzugehen«, sagte er. Er biss sich auf die Unterlippe. »Ich glaube, wir sollten anrufen.«
    Obwohl sie es wusste, fragte sie: »Wo?«
    »Einfach nur, um uns Rat zu holen.«
    »Rat?«
    »Ja, Rat. Bei der Polizei.«
    4
    Zuerst kam nur ein Zivilfahrzeug. Sie wollten sich wohl versichern, dass etwas dran war an der Sache. Robert sprach mit ihnen. Sie gingen hinaus zu seinem Wagen. Er öffnete die Kofferraumhaube. Marie sah, dass sich die beiden Polizisten anschauten. Einer ging zu ihrem Fahrzeug, um zu telefonieren.
    Nach nur zehn Minuten kamen sie mit drei Autos, ein Streifenwagen und zwei zivile.
    Ein dicklicher Mann um die sechzig führte fortan das Gespräch. Er hatte graues Haar, das wie angeknabbert aussah. Er erinnerte Marie an den neuen schwäbischen Ministerpräsidenten – und er sprach auch wie dieser etwas ältere Politiker. Sein Teint war ungesund, und unter seiner Jacke trug er Hosenträger, was Marie ganz unpassend fand.
    Er hieß Fürbringer, und er sagte, in der ganz großen Mehrzahl der Fälle stelle sich nach wenigen Stunden heraus, dass das vermisste Kind sich verlaufen habe oder ausgebüxt sei.
    »Johann verläuft sich nicht. Nicht hier. Er kennt sich besser aus als ich«, sagte Marie kalt. Sie wollte nicht mit Allgemeinplätzen beruhigt werden.
    Fürbringer war etwas genervt. »Gab es Streit mit Johann?«
    Marie schüttelte den Kopf. Robert sagte: »Kleine Reibereien. Wie überall.«
    Fürbringer gab seine Anweisungen. Marie begriff, dass während sie hier sprachen, andere Beamten schon auf der Suche waren. Fürbringer telefonierte mit ihnen.
    Dann fragte er nach Leo. Auch bei Leos Eltern befand sich bereits einer von Fürbringers Männern und stellte Fragen. Damit war nun auch für Leos Mutter klar, dass etwas nicht stimmte. Aber das war Marie jetzt egal.
    »Ist der Junge schon mal zu spät gekommen?«, fragte Fürbringer.
    »Oft«, sagte Robert und lachte eigenartig.
    »So spät wie heute?«, fragte Fürbringer.
    Robert schwieg.
    »Noch nie«, antwortete Marie. Sie fühlte sich übergangen. Warum wandte sich dieser Fürbringer mit seinen Fragen erst an Robert und dann an sie? Hielt er ihre Angaben etwa für weniger verlässlich als die des Vaters?
    Fürbringer ging zum Telefonieren hinaus. Marie und Robert blieben in der Küche zurück. Sie vermieden es, sich anzuschauen. Fürbringer sprach leise, ab und zu waren Sprachfetzen zu hören. Er gab Anweisungen für den Fortgang der Suche.
    »Was ist in deinem Kofferraum?«, fragte Marie.
    Obwohl er außerhalb des Scheins der tief über dem Küchentisch hängenden Lampe stand, sah sie, dass Robert rot wurde.
    »Warum darf ich es nicht sehen?«
    »Ich wollte …« Robert räusperte sich. Er war ihr plötzlich so fremd, dabei war er doch ihr Mann, der Vater ihres Kindes. »Ich dachte, ich muss dich schonen.«
    »Schonen?« Marie wurde laut. »Du willst mich schonen? Ich bin die Mutter, hast du das vergessen?«
    Er schaute weg. Es war ihm peinlich. Marie kränkte das.
    Nicht dass es ihm peinlich war, dass sie sich wehrte, kränkte sie. Vielmehr, dass ihm in dieser Situation überhaupt etwas peinlich war. Sie waren doch nicht bei einem Kaffeekränzchen. Ihr Kind war verschwunden. Ihr einziges, über alles geliebtes Kind war verschwunden. Und Robert war es peinlich, dass sie sich nicht ausschließen lassen wollte von dem, was gerade unternommen wurde.
    Marie sah, dass zwei Männer in weißen Overalls mit großen Klarsichttüten die Auffahrt hochkamen und zu Roberts Wagen gingen.
    Sie musste sehen, was im Kofferraum war, bevor sie es in die Tüten stopften und fortschafften. Aus irgendeinem Grund ging Marie davon aus, dass Robert es nicht zulassen würde, dass sie das Haus verließ und in seinen Kofferraum schaute. Deshalb tat sie so, als ginge sie bloß in ein anderes Zimmer. Robert hielt sie nicht auf. Auch an Fürbringer ging sie vorbei. Er drehte ihr den Rücken zu, um weitertelefonieren zu können, ohne dass Marie mithörte.
    Erst als sie die Haustür erreicht hatte, bemerkte sie, dass Robert ihr folgte. Doch jetzt war sie für ihn unerreichbar. Sie schlug die Tür hinter sich zu.
    Draußen war es kühl geworden, die Abendkälte verschlug ihr den Atem. Und in dieser Kälte irrt mein Kind umher, dachte sie noch. Dabei war es fast April. Dann hatte sie auch schon den Wagen
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