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Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters
Autoren: T Rammstedt
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runterbringen, Sie
sind schließlich Bruce Willis, und Bruce Willis kann mit Leichtigkeit jederzeit
den Müll runterbringen, säckeweise. Und natürlich können Sie in vollständigen
Sätzen sprechen, auch wenn Sie das gar nicht nötig haben (gehobene Augenbraue, Stirnrunzeln
etc.). Ich wollte Ihnen gewiss nichts unterstellen.
    Natürlich können Sie auch Mails beantworten, mit links, mit rechts,
beidhändig. Nur meine anscheinend nicht, und dafür gibt es bestimmt eine
einleuchtende Erklärung, die mir allerdings gerade nicht einfällt. Aber Sie werden
mir das schon erklären, und dann lachen wir über meine übertriebenen Sorgen.
Zumindest ich werde lachen, Sie lachen ja bekanntlich nie, das würde Ihnen auch
gar nicht stehen. Sie sind Bruce Willis. Vielleicht haben Sie das kurz
vergessen, und ich bin hier, um Sie daran zu erinnern. Ich bin hier, um sicher
zu gehen, dass Bruce Willis noch Bruce Willis ist und nicht irgendein blasser
Schatten seiner selbst. Los, zeigen Sie es mir!
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Als Erstes schenkte mein ehemaliger Bankberater uns beiden
immer einen Kaffee aus seiner roten Thermoskanne ein. »Kunde« stand mit
Filzstift auf meiner Tasse geschrieben, auf seiner stand: »Ich«. Er selbst schenkte
sich im Laufe des Termins noch mehrmals nach, bei mir war das nie nötig. Dass
ich ja noch gar nicht ausgetrunken hätte, sagte er am Ende und füllte den Rest
sorgsam in einen Plastikbecher um. »To go«, sagte er, und ich stand dann auf
der Straße zwischen Hunden und Menschen, in der Hand den längst erkalteten
Kaffee, und der Rest des Tages schien mir auf einmal lang, sehr lang.

Sehr geehrter Herr Willis,
    vielleicht ist Ihr Schweigen Beweis genug. Bruce Willis antwortet
schließlich nicht auf besorgte Mails von irgendwelchen angeblichen
Schriftstellern, ganz gleich wie erfahren mit unglücklichen Figuren die sein
mögen. Bruce Willis kann auch nichts mit der Frage anfangen, wie es ihm geht.
Wie soll es ihm schon gehen? Bruce Willis geht es immer gleich. Bruce Willis
ist skeptisch, ohne verbittert zu sein. Bruce Willis will nur seine Ruhe und
muss stattdessen ständig irgendetwas retten, mindestens die Welt. Und er ist
nur deshalb so gut darin, weil es nichts als eine lästige Pflicht ist, die es
möglichst schnell hinter sich zu bringen gilt. Bruce Willis weiß aber auch,
dass in Wahrheit die Welt ihn rettet mit ihrer ganzen Unvollkommenheit, ihrer
Hilfsbedürftigkeit. Er weiß, dass nichts schlimmer wäre als die Ruhe, nach der
er sich so sehnt.
    Und deshalb wäre eine Antwort von Ihnen der erschreckende Beweis
dafür, dass Sie auf keinen Fall mehr der alte Bruce Willis sind. Der hätte
nämlich gar keine Zeit zum Antworten, der hätte gar keine Hand frei, weil er Revolvergriffe
und Dynamitstangen und Motorradlenker und Hubschrauberkufen umklammert. Der
alte Bruce Willis verbindet sich gerade notdürftig eine Schusswunde, der alte
Bruce Willis befreit ein verletztes Kind aus einem im Fluss versinkenden Auto,
der alte Bruce Willis sagt irgendeinen kurzen Satz, wenn andere nur schweigen,
und schweigt, wenn andere lange Sätze sagen.
    Also hoffe ich für Sie, dass Sie mir weiterhin nicht antworten. Sie
sind also noch ganz der alte. Gut zu wissen.
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Geld sei das eine, sagte mein ehemaliger Bankberater. Das
hier zähle aber auch, sagte er und klopfte sich dabei auf die Brust. »Und das
hier«, sagte er und tippte sich an die Stirn. »Und das hier«, sagte er und klopfte
sich aufs Knie. Das Wichtige sei, sagte er, zu erkennen, dass alles
zusammengehöre. »Yin und Yang«, sagte er. »Ein bisschen Yin und jede Menge
Yang.«

Sehr geehrter Herr Willis,
    jetzt, da wir alles geklärt haben, will ich gar nicht mehr
viel von Ihrer Zeit stehlen und gleich zum Punkt kommen: Ich würde Ihnen gern
eine Rolle in meinem neuen Buch anbieten.
    Wenn Sie noch der alte Bruce Willis sind, wird das eine Kleinigkeit
für Sie, ein Spaziergang, dann sind Sie noch vor dem Frühstück damit fertig.
Und falls Sie sich doch kurz aus den Augen verloren haben sollten, ist das
vielleicht genau die Herausforderung, nach der Sie suchen. Es würde Sie wieder
an Sie erinnern.
    Also, Herr Willis, sagen Sie selbst: Ist das nicht eine klassische
Win-win-Situation?
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Ein guter Bankberater müsse die Träume seiner Kunden kennen,
erklärte mir mein ehemaliger Bankberater. Aber die würden ihm ja nie erzählt,
jedenfalls nicht die interessanten. Er schaute mich hoffnungsvoll an,
dann wandte er
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