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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition)
Autoren: Tess Gerritsen
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wissen, dass wir richtiggelegen haben. Es ändert nichts an der Tatsache, dass Nicholas Clock wahrscheinlich nie mehr aufwachen wird.«
    »Aber die Kinder sind außer Gefahr«, sagte Maura. »Darauf kommt es an. Ich habe heute Morgen mit Julian gesprochen, und er sagte, Claire und Will gehe es gut.«
    »Aber nicht Teddy. Ich bin nicht sicher, ob es ihm je wieder gut gehen wird«, sagte Jane und sah auf ihre Bierflasche. »Ich habe ihn gestern bei seiner Pflegefamilie gesehen. Wir haben ihn wieder zu den Inigos zurückgebracht, die ihn früher schon betreut haben. Er hat kein Wort mit mir gesprochen, kein einziges. Ich glaube, er gibt mir die Schuld.« Sie sah Maura an. »Er gibt uns allen die Schuld. Dir, mir. Sansone.«
    »Wie dem auch sei, Teddy ist in Abendruh jederzeit willkommen, falls er dorthin zurückgehen möchte.«
    »Hast du mit Sansone darüber gesprochen?«
    »Heute Nachmittag.« Maura griff nach ihrem Weinglas, als ob sie sich für dieses Thema eigens stärken müsste. »Er hat mir ein interessantes Angebot gemacht, Jane.«
    »Was für ein Angebot?«
    »Als forensische Beraterin für den Mephisto-Club zu arbeiten. Und in Abendruh mitzuwirken, wo ich ›junge Menschen formen könnte‹, wie er sich ausdrückte.«
    Jane zog eine Augenbraue hoch. »Glaubst du nicht, dass er dir eigentlich etwas viel Persönlicheres anbietet?«
    »Nein, das ist genau das, was er gesagt hat. Ich muss ihn nach seinen Worten beurteilen, nicht nach meiner Interpretation dieser Worte.«
    »Herrje.« Jane seufzte. »Ihr zwei tanzt umeinander herum, als ob ihr beide blind wärt.«
    »Und wenn ich nicht blind wäre, was genau würde ich dann sehen?«
    »Dass Sansone eine viel bessere Wahl für dich ist, als Daniel es je war.«
    Maura schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich im Moment irgendeinen Mann wählen sollte. Aber ich denke über sein Angebot nach.«
    »Du meinst, deinen Job in der Rechtsmedizin aufzugeben? Boston zu verlassen?«
    »Ja. Das würde es heißen.«
    Die Geigen schwangen sich zu einem hohen, traurigen Ton auf, einem Ton, der Jane mitten ins Herz zu treffen schien. »Du denkst ernsthaft darüber nach?«
    Maura griff nach der Fernbedienung und schaltete den CD -Player aus. Die Stille hing zwischen ihnen, schwer wie ein Samtvorhang. Sie blickte sich in ihrem Wohnzimmer um. Das weiße Ledersofa, die glänzenden Mahagonimöbel. »Ich weiß nicht, was mich als Nächstes erwartet, Jane.«
    Grelles Licht fiel durchs Fenster, und Jane stand auf, um durch den Vorhang zu spähen. »Ich weiß leider ziemlich genau, was dich als Nächstes erwartet.«
    »Was?«
    »Da ist gerade ein Übertragungswagen vom Fernsehen vorgefahren. Diese verdammten Geier können noch nicht mal die Pressekonferenz abwarten. Nein, sie müssen gleich dein Haus belagern.«
    »Man hat mir gesagt, ich dürfe nicht mit ihnen sprechen.«
    Jane sah sie fragend an. »Wer hat dir das gesagt?«
    »Ich habe vor einer halben Stunde einen Anruf bekommen. Aus dem Büro des Gouverneurs. Sie bekommen dort Druck aus Washington, diese Sache unter Verschluss zu halten.«
    »Zu spät. Es ist schon auf CNN .«
    »Das habe ich dem Mann auch gesagt.«
    »Dann wirst du also überhaupt nicht mit der Presse reden?«
    »Haben wir denn eine Wahl?«
    »Wir haben immer eine Wahl«, erwiderte Jane. »Was willst du tun?«
    Maura erhob sich vom Sofa und trat zu Jane ans Fenster. Sie sahen beide zu, wie ein Kameramann seine Ausrüstung aus dem Transporter zu laden begann – die Vorhut für die Invasion in Mauras Vorgarten.
    »Die einfache Lösung«, sagte Maura, »wäre, auf ihre Fragen nur mit ›Kein Kommentar‹ zu antworten.«
    »Niemand kann uns zwingen zu reden.«
    Maura dachte darüber nach, während sie beobachteten, wie ein zweiter Übertragungswagen eintraf. »Aber ist das nicht gerade der Grund, warum das alles passieren konnte?«, fragte sie. »Zu viele Geheimnisse. Zu viele Menschen, die nicht die Wahrheit sagen. Wenn man Licht ins Dunkel bringt, verlieren Geheimnisse ihre ganze Macht.«
    So, wie Nicholas Clock es mit seinem Video getan hatte, dachte Jane. Das Licht der Wahrheit hatte ihn das Leben gekostet. Aber es hatte seinen Sohn gerettet.
    »Weißt du, Maura, das ist es genau, worin du so gut bist. Du bringst Licht ins Dunkel, und du bringst die Toten dazu, ihre Geheimnisse preiszugeben.«
    »Das Problem ist, dass die Toten offenbar meine einzigen Beziehungen sind. Ich brauche jemanden, dessen Körpertemperatur ein bisschen über der Raumtemperatur liegt.
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