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Abendkuss - Teil I

Abendkuss - Teil I

Titel: Abendkuss - Teil I
Autoren: Birgit Loistl
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können, kann ich nichts daran ändern, dass er für mich nur ein guter Freund ist. Auch dies bestätigt mir mal wieder, dass ich ein Freak bin, sonst würde ich mich doch wie die anderen, völlig normalen Mädchen in ihn verlieben, oder nicht? Plötzlich sehe ich das Gesicht des Fremden von letzter Nacht von mir und mein Herz beginnt wie wild zu klopfen.
Wenn ich nicht total durchgeknallt bin!
    Flink wie eine Katze springt Loulou von meinem Tisch herunter. Sie klopft David auf die Schulter und neigt      ihren Kopf etwas zur Seite. Loulou erzählt ihm von der Party und dabei grinst sie verschmitzt und ihre Augen funkeln vor Freude. Ihr Blick wandert langsam von mir zu David und dann wieder zu mir und ich will gar nicht wissen, was ihr wieder im Kopf herumspukt. Seit ich an meinem ersten Schultag vor drei Monaten wie ein verstörtes Huhn über den Schulhof und damit direkt in Davids Arme gelaufen bin, ist Loulou davon überzeugt, dass uns das Schicksal zusammengeführt hat. Und zu meinem Schrecken ist David derselben Meinung.
     Heute ist nicht mein Tag. Den Streit mit Leah und das Gespräch über die Valentinsparty habe ich mittlerweile verdrängt, aber den Fremden kann ich einfach nicht vergessen. Ich ertappe mich, wie ich sein Gesicht in meinem Schulblock zeichne und bin danach selbst überrascht, wie genau ich es hinbekommen habe. Als hätte sich sein Gesicht in meinen Kopf gebrannt. Als Herr Bart mich ermahnt und Alex mir mit ihrem Ellbogen in die Rippen stößt, schließe ich den Block und lasse ihn in meinem Rucksack verschwinden. Ich beschließe, mich nun vollkommen der Unterrichtsstunde zu widmen, doch es gelingt mir einfach nicht. Immer, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich deutlich sein Gesicht vor mir. Diese Augen, die mich in ihren Bann gezogen haben. Seine feinen, hohen Wangenknochen, die goldene Haut. Ich frage mich, was es mit dem Blut auf sich hatte. Habe ich das alles nur eingebildet? Bin ich vielleicht wirklich verrückt?
     Als der Unterricht zu Ende ist, bittet Herr Bart mich zu sich nach vorne.
    „Alles in Ordnung mit dir, Mia?“ Wieso fragen mich alle, ob alles in Ordnung ist? Wie würden sie wohl reagieren, wenn sie die Wahrheit erfahren würden?
    „Mir geht es gut, danke.“ Als hätte er mit dieser Antwort gerechnet, sieht Herr Bart mich eine Weile stumm an und beginnt dann zu nicken. Er lehnt sich gegen das Pult und seine Arme hängen schlapp an ihm herab, als wüsste er nicht, was er mit ihnen anstellen sollte. Die weißen Haare kleben an seiner Stirn und er ist mit seinen            geschätzten einmetersechzig genauso groß wie ich.
    „Du weißt, dass wir bei deiner Aufnahme am Ludwigsgymnasium im Lehrerkollegium beschlossen haben, dir Zeit zu lassen, um das Geschehene zu verarbeiten. Aber mittlerweile sind schon drei Monate vergangen und ich sehe keinerlei Verbesserungen in deinen Noten. Außerdem sind mir deine häufigen Fehlstunden aufgefallen.    Möchtest du darüber reden?“ Ich hole tief Luft und verschränke meine Arme vor meiner Brust. Nein, ich möchte nicht darüber reden. Was soll es auch bringen? Dadurch kann ich die Vergangenheit auch nicht ändern.
    „Ich werde mich bessern.“ Es ist ein jämmerlicher Versuch meinen Geschichtslehrer zu überzeugen. Herr Bart neigt seinen Kopf zur Seite und sieht mich eine Weile prüfend an, bevor er  sich plötzlich von Tisch abstößt. Er geht um das Pult herum und prüft seine Unterlagen, eher er mir ein Blatt Papier hinhält.
    „Wie du bereits weißt, starten wir in wenigen Tagen unser neues Schulprojekt. Die Oberstufe wird einige       Unterrichtsstunden bei den unteren Klassen abhalten. Ich habe dir hier eine Liste zusammengestellt. Sie beinhaltet Themen, die für dich interessant sein dürften und beziehen sich auf die Fächer, in denen du gefährdet bist. Geschichte und Latein. Komm bitte in jede meiner Unterrichtsstunden, ich werde ein Auge auf dich haben, Mia. Auf der Liste kannst du dir ein Thema aussuchen und in den nächsten Stunden ein Referat in den unteren Schulklassen halten.“
    Ich starre auf das Blatt Papier und Panik überkommt mich.
    Bitte kein Referat.
Ich hasse Referate. Allein bei diesem Gedanken spüre ich wie meine Hände feucht werden mein Puls zu rasen zu beginnt. Aber noch mehr hasse ich es, dass ich mich in einer ausweglosen Situation befinde. Entweder ich gehe auf Herrn Barts Vorschlag ein und wage den Schritt in die Höhle des Löwen oder aber auf     meinem
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