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Abendkuss - Teil I

Abendkuss - Teil I

Titel: Abendkuss - Teil I
Autoren: Birgit Loistl
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Ihre Haut schimmert wie reines Gold und ihre kohlrabenschwarzen Haare fließen in Wellen an ihrem Rücken herab. Sie ist wunderschön und das pure Gegenteil von mir. Ich bin nur Mia, die Kleine mit dem Lockenkopf und die ihre Mutter auf dem Gewissen hat. Wie ein scheues Reh blickt das Mädchen sich um, als wittere sie Gefahr und noch ehe ich etwas genauer erkennen kann, flattert ihr himmelblaues Kleid im Wind. Mit einem Mal ist vor meinen Augen alles verschwommen. Ich blinzle ein paar Mal, dann sehe ich alles wieder klar, aber das Mädchen ist verschwunden.
    Als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Irritiert laufe ich über die Straße und sehe mich um, ob sie sich nicht doch hinter einem Wagen versteckt. Aber sie ist nicht zu sehen. Nur eine graue Feder liegt an der Stelle, an der sie gerade noch gestanden hat. Ich hebe sie auf und betrachte sie. Sie glänzt und ist fast so lang wie mein Unterarm. Sie ist ungewöhnlich zart und trotzdem steckt eine enorme Kraft darin. Ich stecke sie in meinen Rucksack und als ich mich umdrehe, sehe ich Billy, der auf der Motorhaube eines Mercedes liegt und sich die Sonne auf das Fell scheinen lässt. Er beachtet mich nicht, also laufe ich zurück zu unserem Haus, steige auf meinen Roller und fahre zur Schule.
     Als ich dort ankomme, sitzt Loulou auf der Treppe vor der Eingangstür und blättert in einem Modemagazin. Sie ist so vertieft, dass sie mich erst bemerkt, als ich direkt vor ihr stehe. Loulou reißt ihren Kopf nach oben, als sie mich bemerkt.
    „Na endlich, ich schlage hier schon Wurzeln. Wo bleibst du solange?“
    „Wurde aufgehalten“, murmle ich, reiche ihr die Hand und ziehe sie nach oben. Ich habe keine Lust ihr von dem Streit mit Leah und meinem Vater zu erzählen. Und auch von dem Fremden erzähle ich ihr noch nichts. Loulou streicht sich eine blonde Korkenzieherlocke hinters Ohr und sieht damit aus wie eine Porzellanpuppe. Ich sehe in ihre großen, taubengrauen Augen und sehe die Zuneigung darin, aber auch Neugier. Loulou ist meine beste Freundin und ich bin unendlich dankbar dafür. Aber ich weiß auch, dass sich das ändern würde, sollte sie die Wahrheit erfahren. Niemand würde verstehen, was in jener Nacht geschehen ist. Ich verstehe es ja selbst nicht. Deshalb ist es auch so wichtig, dass ich niemanden davon erzähle. Es muß mein Geheimnis bleiben!
    „Okay, pass auf! Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche willst du als erstes hören?“
    „Die Schlechte.“
    „Du bist immer so pessimistisch“, mault sie und schürzt ihre Unterlippe nach vorne, dass sie wie ein trotziges Kleinkind aussehen lässt. Es ist unverkennbar, dass sie mir viel lieber zuerst die gute Nachricht erzählen möchte. Ich seufze und stoße sie mit dem Ellbogen in die Rippen.
    „Na schön. Schieß schon los, bevor du platzt und ich deine Überreste auf dem Schulhof aufsammeln darf.“
    Wie auf Knopfdruck erstrahlt ihr Gesicht. „Die Valentinsparty am Samstag geht klar. Ich hab schon alles organisiert und gestern an der Bar meiner Eltern ein wenig experimentiert und zwei Cocktails ausprobiert. Angellove und Painkiller, wie findest du das? Und ich habe mir überlegt, ob wir nicht nebenbei einen dieser kitschigen Liebesfilme laufen lassen? Was meinst du, welchen soll ich nehmen?“
    „Deine Mutter hat dir die Party tatsächlich erlaubt?“ frage ich ungläubig. Loulou zuckt mit den Schultern, während wir zusammen mit den anderen Schülern durch die Aula gehen. „Erlaubt ist zu viel gesagt. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß. Meine Eltern fahren zwei Wochen in die Dolomiten zum Skilaufen und Felix nehmen sie mit. Was so viel heißt wie: Kein Babygeschrei, keine stinkenden Windeln und kein „Louisa, kannst du dich kurz um das Baby kümmern“. Während wir die Treppe nach oben gehen, ahmt Loulou die Stimme ihrer Mutter perfekt nach. Um mich nicht zu verraten, sollte ich wohl besser loslachen, aber heute ist mir irgendwie nicht nach Lachen zu mute.
    „Ok, was ist los?“ Sie bleibt mitten auf den Stufen stehen und blockiert den Weg für die anderen Schüler.
    „Nichts“, sage ich und ziehe sie zur Seite. „Wie kommst du darauf?“
    Sie rollt die Augen und seufzt. „Weil ich nicht auf den Kopf gefallen bin. Du siehst aus wie dein eigener       Schatten. Mensch Mia, ein wenig Make up und ein paar Gramm mehr auf den Hüften, würden dir echt nicht schaden.“ Ich gehe weiter, ohne näher darauf einzugehen.
    „Ich weiß, dass bei dir etwas nicht in
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