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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden
Autoren: Monika Buttler
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Grienen wieder fallen. »Du weißt also Bescheid. Nette Teestunde und gemeinsam ins Fotoalbum schauen.«
    »Toll!« Tügel rollte die Augen nach oben und griff nach seiner Lederjacke.
     
    Nein, auf der Straße hätte er sie nicht wieder erkannt, dachte Danzik, als Regine Mewes am Nachmittag erneut vor ihm stand. Auch wie sie angezogen war, hätte er nicht sagen können. Er betrachtete sie, in einem Akt bewussten Sehens: beigefarbener Popeline-Mantel, braune Baumwollhose, beigefarbene Bluse, flache braune Schuhe. Die Haare – unmöglich, diese Farbe zu bestimmen. Von Kopf bis Fuß hausfrauliche Nicht-Farben, muttihaft, so wie die älteren Damen im ›Funkeck‹-Café, die man als Personen oder gar Frauen nicht mehr unterscheiden konnte. Dabei war sie erst Mitte vierzig. So etwas wie Erotik schien sie nicht drauf zu haben, offenbar war sie sich ihres tranigen Norbert sehr sicher. Den sie wohl erfolgreich hätte dirigieren können, wenn nicht diese Schwiegermutter gewesen wäre … Ihre Biederkeit durfte einen nicht täuschen. Muttihaft ja, aber nicht mütterlich. Mütterlichkeit war das Letzte, das sie ausstrahlte. In ihren gleichmäßig braunen Knopfaugen lag etwas Verschlagenes. Und zugleich etwas sehr Zielgerichtetes.
    Er ging ihr entgegen und begrüßte sie. Ihre Hand: ein kaltes, feuchtes Etwas. Auf ihrer Stirn ein schweißiger Film. »Bitte nehmen Sie Platz.«
    Regine Mewes beschirmte die Augen. Dann drehte sie den Stuhl mit einem einzigen kräftigen Ruck herum. Während sie ihre Hände verknotete, als wolle sie ihnen jedes Eigenleben nehmen, sah sie den Kommissar herausfordernd an. »Warum haben Sie mich vorgeladen? Vor ein paar Stunden haben Sie mich doch bereits vernommen.«
    Danzik wich in den Schatten zurück. »Das ist richtig. Aber wir brauchen noch mehr von Ihnen. Ihre Fingerabdrücke.«
    »Meine Fingerabdrücke …« Regine Mewes sah auf ihre Hände und verknotete diese fester. Sie überwand ein Zittern in ihrer Stimme und setzte wieder eine freche Miene auf. »Warum das denn? Verdächtigen Sie mich etwa? Glauben Sie im Ernst, ich hätte meine Schwiegermutter umgebracht? Gepflegt habe ich die alte Dame, gemacht und getan … Übrigens, wenn ich Sie daran erinnern darf: Ich war zum Zeitpunkt des Mordes in Italien! Also, was soll das jetzt?«
    Danzik lächelte sphinxhaft. »Ja, Sie waren in Italien. Dann ist doch alles in Ordnung. Warum regen Sie sich so auf? Wir ermitteln in alle Richtungen. Wir nehmen Fingerabdrücke von allen Personen, die in irgendeiner Weise mit der Tat in Verbindung stehen. Reine Routine.«
    »Das kauf ich Ihnen nicht ab. Wahrscheinlich bin nur ich vorgeladen.« Der Blick aus den Knopfaugen verlor jetzt seinen Halt, irrte flackernd durch den Raum. »Die Reihenfolge überlassen Sie bitte uns. Können wir jetzt runtergehen?«
    »Ich könnte das verweigern.« Regine Mewes postierte sich neu auf dem dunkelgrauen Freischwinger. »Nein, können Sie nicht. Wollen Sie sich strafbar machen, indem Sie einen Mörder schützen?«
    Regine Mewes presste ihren kleinen Mund zusammen. Sie stand auf und warf sich ihre braune Tasche über die Schulter. »Da wären wir.« Danzik führte sie in einen Raum, wo ein Kollege mit den Schwärzfolien bereit stand. »Auf Wiedersehen, Frau Mewes. Bis zum nächsten Mal.«
    Die Verdächtige sah ihm nach. Den Kopf erhoben, doch alles an ihr zitterte. Bebte in einer schweigenden hilflosen Wut.
    * * *
    Am nächsten Morgen hielt Danzik das Foto in der Hand. Es war deutlich, groß genug und erfasste Regine Mewes bis zur Taille. Sie blickte gerade in die Kamera, kühler Blick, den Kopf mit der nach oben gebogenen Nase gehoben, was ihr einen dumm-dreisten Ausdruck gab. Zum Lächeln war sie nicht gekommen, der Knipser hatte sie überrascht. »Sehr gut«, sagte Danzik. Er war in einer euphorischen, vibrierenden Stimmung, die auf Torsten Tügel übersprang. Beide spürten die freudige Gespanntheit und Ungeduld von Jägern, die kurz vor dem Fang standen. »Auf zu unserem Rentner!«
    Sie fuhren den Leinpfad hinunter, und Tügel manövrierte den Wagen in eine Parklücke. Beide schauten zu dem Nachbarhaus der Holthusen-Villa empor. Das Küchenfenster, das ihnen beschrieben worden war, stand offen, aber von einem älteren Mann war nichts zu sehen. Sie klingelten. »Herr Köster? Kriminalpolizei.«
    »Kommen Sie rein, hab Sie schon erwartet.« Ein Mann, Mitte siebzig, in einem braun-grün gescheckten Pullover und mit einer Pfeife in der Hand, führte sie ins Wohnzimmer. Schwarze
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