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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten)
Autoren: Ella Bach
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zurück?“
    „ Ja.“
    „ Gibt es etwas, das Sie umstimmen könnte?“
    „ Nein. Er liebt dich, musst du wissen. Er braucht dich, Ninja. Deine Jugend, und deinen Esprit. Du bist das Leben.“
    „ Wer?“
    „ Euer Ehren liebt dich. Ich glaube, du bist ihm das Wichtigste auf der Welt. Ich habe es gesehen, wie er grau wurde im Bewusstsein, dich zu verlieren. Und er hat am ganzen Körper gezittert. Ich denke, du bist ihm wirklich wichtig, Ninja. Und dein Lächeln.“
    Sie saßen in der Fahrkabine des Lastwagens und schauten hinaus in die Weite von Weiß.
     
     

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    Es war eine Situation, die Zek aus der amerikanischen Literatur vertraut war, und zwar aus Hemingways „Der alte Mann und das Meer“. Die Verfolgung der Nr. 56 durch die Weiten Sibiriens war durch die Ungleichheit der Motorenstärke der Wagen ein Ringen geworden wie das zwischen einem alten Fischer und einem jungen Fisch, der noch nicht ahnte, an welchem Haken er zappelte. Zek fuhr den schwachen Wagen, ein russisches eierschalenfarbenes Modell, aber er wusste, dass er der Jäger war. Das war immerhin etwas. Die Nr. 56 lenkte einen deutschen Premiumwagen, etwas, das man bevorzugt in Metallic verkauft. So was ist schnell und belastbar. Und es macht Eindruck auf jeden, der einen damit sieht. Wenn sie hintereinander fuhren und jemand beobachtete sie, dann würde keiner auf die Klapperkiste setzen. All das würde ihr nicht helfen, dachte Zek mit einem schiefen Grinsen.
    Er versuchte, sich auf die Fahrbahn zu konzentrieren, die in der Richtung der Scheinwerfer nach Westen zog. Es war eine Piste, kein Asphalt. Jeder von Menschen fabrizierte Werkstoff war hier undenkbar. Die Landschaft war einfach zu groß dafür. Überhaupt schienen die Menschen hier fehl am Platz. Waren sie ja auch. Das Beste, was man aus dieser Gegend herausholen konnte, war ein lauer Tag, und das gab es vielleicht drei mal im Jahr. An manchen Sommertagen taute der Boden und verwandelte sich in Matsch, und so war es heute gewesen und hielt jetzt noch an, obwohl es längst stockdunkel geworden war. Heute war so eine ungewöhnlich heiße Nacht für die Gegend hier. Direkt tropisch. Das war eine der Nächte, in denen die Menschen tanzen und saufen, bis sie um- oder miteinander ins Bett fallen. Oder eben eine Nacht für eine Jagd wie diese. Man hatte direkt von Natur aus den Mumm dazu, weil die Luft mal nicht erstarrt war und als Eisklotz in der Lunge zu enden drohte.
    Manövriertechnisch war es eine schreckliche Saison. Das hatten schon die Franzosen herausgefunden und die Deutschen, die in solchen Wochen hier mit schwerem Gerät voranzukommen suchen. Selbst ein PKW hatte hier Probleme. Es war schwierig, die tiefen Fahrspuren zu vermeiden, in denen man stecken zu bleiben drohte, umso mehr, wenn man nachts unterwegs war. Er suchte die Rücklichter der Nr. 56. Sie war eine Pelzmantelblondine, die plötzlich vom Landsitz ihres Herrn verschwunden war. Zeks Dienststelle. Die Frauen, die im täglichen Betrieb anfielen, kamen normalerweise mit dem Hubschrauber. Deshalb war es so ungewöhnlich, dass sie den Landsitz in einem seiner vielen Wagen verlassen hatte, wohl in der Hoffnung, es würde ihm gar nicht auffallen, wenn in der Sammlung eine fehlte. Besser wäre es gewesen, sie hätte dem Hubschrauberpiloten schöne Augen gemacht. Dann wären sie jetzt weg, und nur ein Kampfflugzeug könnte sie einholen. Denn sie hatte ordentlichen Vorsprung gehabt. Aber mit einem Wagen auf dieser Piste hatte sie als durchschnittliche Fahrerin keine Chance. Vor allem blieb sie auf der Hauptstrecke, kann keine Abkürzungen. Das würde ihr jetzt zum Verhängnis werden, so viel war klar. Dass sie den Herrn nicht mehr liebte, war das eine. Insubordination hieß das, und die Strafen dafür waren nicht gar so arg. Schließlich: Wer konnte denn etwas für seine Gefühle? Klar, man hätte sie aus großer Höhe aus dem Hubschrauber abwerfen können irgendwo in der Tundra dafür, aber das kam nicht so häufig vor. Sie wäre wahrscheinlich verkauft worden, an einen Araber. Hätte einen guten Preis gebracht, und wäre vergessen worden. Wie die Sache aber stand, hatte sie nun einen guten Preis gekostet. Sie hatte einen Koffer Geld gestohlen, aus persönlichen Gründen. Um damit das Land zu verlassen, vermutlich. Im Westen gab es alles, was sie begehrte. Was sie ein Leben lang für sich ersehnt hatte. Ungehemmter Luxus, bis das Geld weg war. Dann ungehemmter Luxus auf Kosten des Mannes, an den sie sich verkaufen würde. In
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