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Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Titel: Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt
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ahnen, dass sie ihre Mutter nie wieder sehen würde.
     

Zweites Kapitel
     
    Es war ein kalter Morgen und der Himmel über London war Evon seltener Klarheit. Die unzähligen roten und braunen Schornsteine, aus denen blauer Rauch in dicken Wolken quoll, hoben sich scharf von dem wolkenlosen Himmel ab.
    Die vielen Rauchfahnen erinnerten Abby schmerzlich daran, dass sie keine Kohle und kein Brennholz mehr hatten. Sie fröstelte und zog den Umhang enger. Es fehlte ihnen an so vielem.
    Es war Markttag in Haymarket, und so herrschte an diesem frühen Morgen schon ein geschäftiges Leben und Treiben in den Straßen und Gassen. Kutschen, Wagen und Karren machten sich die Fahrbahn streitig. Das Schnauben nervöser Zugpferde, aus deren Nüstern der Atem wie Dampf kam, vermischte sich mit den Flüchen der Kutscher und dem scharfen Knall ihrer Peitschen.
    Ohne Eile ging Abby an den Geschäften und Läden entlang, die die Straße zu beiden Seiten säumten. Sie sog die vielfältigen, bunten Eindrücke wie ein trockener Schwamm in sich auf.
    Wie sie das pulsierende Leben um sie herum genoss! Es gab ihr für eine kurze Zeit die Möglichkeit, die eigenen bedrückenden Sorgen zu vergessen. Die Luft war erfüllt von einem Gewirr aus vielen Stimmen, Geräuschen und Gerüchen. Schon jetzt drang aus den Tavernen das Lachen und Grölen jener Zecher, denen der Tag für ein Glas Branntwein, Port oder Ale nie zu jung oder zu alt war.
    Wortreich priesen Straßenhändler mit Bauchläden ihre zweifelhaften Gesundheitswässerchen und Tinkturen an, und Dienstboten, von ihrer Herrschaft zum Einkauf geschickt, standen für ein paar Minuten in kleinen Gruppen zusammen und tauschten mit lachenden, geröteten Gesichtern den neusten Klatsch aus.
    Doch beim Anblick der Straßenmädchen und der zerlumpten Bettler wurde Abby an ihre eigene, trostlose Situation erinnert. Das Hungergefühl stellte sich wieder ein. Und als sie die ersten Marktstände erreichte, krampfte sich ihr der Magen zusammen.
    Sehnsüchtig blickte sie auf die andere Seite der Straße hinüber, wo zwischen einem schmalen Tabakladen und einer Schusterei die prächtige Bäckerei von Jonathan Walpole lag. Ihr war, als könnte sie schon über die Straße hinweg den herrlichen Duft frischer Brote und köstlicher Backwaren riechen.
    Sie wartete sehnsüchtig eine günstige Gelegenheit ab und lief dann zwischen zwei schwer beladenen Pferdewagen über die Straße. Eine junge Frau, einen voll bepackten Einkaufskorb am Arm, verließ gerade die Bäckerei.
    Abby warf einen ängstlichen Blick durch die Schaufenster in den Laden. Denn wenn Jonathan Walpole hinter der Theke stand, brauchte sie ihr Glück erst gar nicht zu versuchen. Sie wusste, dass er ihr keinen weiteren Kredit mehr einräumen würde. Bei Charlotte, seiner fülligen Frau mit den rosigen Pausbacken, lagen die Dinge anders. Ging das Geschäft gut und litt sie nicht gerade unter Kopfschmerzen, nahm sie es mit dem Anschreiben nicht ganz so genau. Doch verschenken tat auch sie nichts.
    Hoffnung regte sich in ihr, als sie sah, dass Mrs. Walpole allein im Laden war. Schnell lief sie die drei Stufen hoch und betrat die Bäckerei. Eine helle Glocke schlug an, als sie die Tür öffnete und hinter sich schloss. Die bullige Wärme der Bäckerei schlug ihr wie eine Woge entgegen und nahm ihr für einen Moment den Atem. Nach der klammen Kälte der Dachkammer und dem frostigen, schneidenden Wind der Straße fühlte sie sich von dem Wärmeschwall angenehm benommen.
    Mit einem freundlichen Lächeln drehte sich die Bäckersfrau um. Sie trug ein blütenweißes Häubchen und eine ebenso weiße Schürze. Als sie an Stelle zahlungskräftiger Kundschaft das dunkelblonde, ärmlich gekleidete Mädchen vor der Ladentheke stehen sah, verschwand das Lächeln von ihrem vollen Gesicht.
    »Was willst du, Abby?«, fragte sie argwöhnisch, als wüsste sie, dass sie vor ihrer eigenen Weichherzigkeit auf der Hut sein musste.
    Abby schluckte. Der Geruch, der den mit Brotlaiben und Kuchen aller Art voll gestellten Regalen entströmte, ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen und machte sie zittrig auf den Beinen. Sie richtete den Blick zu Boden und umklammerte den Tragbügel ihres leeren Korbes. »Einen Laib Brot, Mrs. Walpole … bitte«, brachte sie nur mühsam hervor.
    »Du hast natürlich auch heute keinen Penny dabei und willst, dass ich es wieder anschreibe, nicht wahr?«
    Abby nickte stumm.
    »Warum kommst du immer wieder zu mir, Abby?«, fragte die
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