Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
schauen müsse, denn halb ein Uhr werde der Herr Lehrer kommen, um mit ihnen zu essen.
    „Das Herzle auch?“ fragte der Herr.
    „Ja.“
    „Was gibt es denn heut' Gutes?“
    „So was man auf dem Dorf hat, wenn Ausstellung ist. Eine Griessuppe mit Petersilie, grüngenüffte Klöße mit Sauerbraten und Speckgriefen, einen Eierkuchen mit Heidelbeermansch und hinterdrein einen Apfelbrei mit Zimtgestreu. Das ist gar etwas Gutes. Man hat es nicht alle Tage, nicht einmal alle Jahre!“
    „Ja, wenn man da mittun dürfte!“ rief er aus.
    „Warum denn nicht? Wollen Sie?“
    „Wie gern!“
    „Aber wahr muß es auch sein! Nicht so bloß ein Spaß von den vornehmen Stadtherren auf dem Dorf!“
    „Es ist mein Ernst, liebe Frau. Ich bitte, mich vollständig als Ihren Gast zu betrachten. Es gefällt mir hier bei Ihnen. Hier ist ein kleines Paradies. Da müssen gute, gute Geister walten! Gehen Sie also in die Küche, und pflegen Sie Ihres Amtes. Mich stört es nicht, allein zu sein.“
    Wie dankbar sie ihn anschaute, ehe sie in das Häusle trat. Nun war er der einzige am Tisch. So dachte er. Aber grad auch am Tisch lag ja das Karlinchen. Während er mit lebhaften Augen das Treiben unten auf der Wiese beobachtete, betrachtete sie ihn immerfort und dachte dabei: „Ich wollte, der wohnte immer hier bei uns! Der ist brav! Der paßt gut zum Herrn Lehrer. Da gäbe es gewiß zweimal Semmel, anstatt täglich nur ein einziges Mal!“
    Kurz vor halb ein Uhr kam das Herzle. Sie nahm weg, was auf dem Tische lag, und breitete ein blütenweißes Eßtuch auf.
    „Herzle, ich speise auch mit“, sagte der Gast.
    „Das habe ich mir gewünscht!“ antwortete sie. „Man sieht es Ihnen ja sogleich an, daß Sie anderen Leuten gern eine Freude machen!“
    Nun stellte sich auch der Herr Lehrer ein, welcher dem Gast die Hand reichte und ihn bat, fürlieb zu nehmen. Die Mutter brachte die Suppe, und dann ging es los! Wie es aber auch dem fremden Herrn schmeckte! Man mußte die helle Freude daran haben! Und wie gut und warm er sprach und fragte! Er holte einem alles so recht grad aus dem Herzen heraus. So schön hatte man sich fast noch niemals unterhalten. Besonders der Herr Lehrer, der noch keinen gefunden hatte, bei dem er ein so tiefes und klares Verständnis für das wahre Wohl der arbeitenden Klasse bemerkte. Sie drückten einander schon bei den Klößen die Hände. Und während der Apfelspeise sagte der Fremde im Ton der Überzeugung:
    „Herr Lehrer, Sie sind in der Dorfschule nicht an der richtigen Stelle. Hätte ich etwas zu befehlen, so wüßte ich, was ich machte!“
    „Nun, was?“ fragte da das Herzle.
    „Das sage ich nicht. Ich werde es Ihnen aber zeigen. Warten Sie nur, Sie gutes Herzle, Sie! Wenn Ihr Freund sich nur nicht in so gedrückter Stimmung befände! Er hat etwas auf dem Herzen, was er uns verbirgt.“
    „Haben Sie mir das wirklich angemerkt?“ fragte Bernstein. „Ich gab mir alle Mühe, es nicht merken zu lassen, weil ich wußte, daß es das Essen verderben würde. Nun dieses aber vorüber ist, kann ich reden. Ihr seid ja berechtigt, es vor allen anderen zuerst zu erfahren.“
    Er legte sich in seinem Stuhl zurück, holte tief Atem und sagte:
    „Das Geldmännle ist tot und hat sein ganzes, ganzes Geschäft offen zur Schau gestellt, von Anfang bis zum Ende!“
    Man kann sich denken, was diese Worte für einen Eindruck machten, den größten vielleicht auf den fremden Herrn, der sich aber Mühe gab, dies nicht merken zu lassen! Die Frauen hatten gleich eine ganze Menge Fragen. Der Herr Lehrer bat aber, ihn ruhig anzuhören.
    „Also das Geldmännle hat ausgestellt“, wiederholte er. „Alle seine Geheimnisse. Elf Tische voll. Die Druckmaschine mit den nachgemachten Platten. Die Münzstöcke für das falsche Silbergeld. Einen großen Haufen unechte Hundertscheine. Eure Taler mit den zwei durchlöcherten und den Elsterperlen dabei. Alle Werkzeuge, die in Gebrauch gewesen sind. Viele Chemikalien. Darunter auch das Zeug, an welchem man ersticken muß, wenn es ins Feuer geworfen wird. An jedem Gegenstand, an jeder Flasche befindet sich ein Zettel, welcher den Gebrauch genau bezeichnet. Sodann die heimliche Buchführung vom ersten bis zum letzten Tag. Man sieht da bis auf den Pfennig, welche Summe das Ganze ergibt. Die Namen der Abnehmer aber sind herausgeschnitten und jedenfalls vernichtet worden. Es soll niemand unglücklich gemacht werden. Sodann ist auch die ganze Buchführung des ‚Etablissements‘ in Ordnung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher