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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
Autoren: Karl May
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aufbinden zu lassen.“
    Da antwortete der Alte in höflichem, aber doch einigermaßen vorwurfsvollem Ton:
    „Dera Herr Ludwigen kennt mich wohl genau. Ich will gleich hier auf dera Stelle sterben, wann ich nicht vollständig überzeugt bin, daß dera Mordanschlag wirklich und in Wahrheit beabsichtigt wird.“
    „Dann wollen wir die Sache untersuchen. Laß den Mann herein!“
    „Darf ich auch dabei bleiben?“
    „Ja.“
    Der Sepp öffnete die Tür.
    „Kannst hereinikommen. Fürcht dich aber nicht und red' halt von dera Leber weg!“
    Ludwig trat herein, während der Alte die Tür hinter ihm zumachte, stellte sich in militärisch strammer Haltung vor den König hin, blickte ihm fest aber bescheiden in das Angesicht und erwartete so die Anrede des Monarchen.
    Dieser musterte den jungen Mann mit scharfem Blick. Die Prüfung mußte wohl befriedigend ausgefallen sein, denn er nickte ihm gnädig zu und fragte:
    „Du kennst mich und weißt, wer ich bin?“
    „Zu Befehl, Ew. Majestät.“
    „Ich höre, daß ein Anschlag gegen mein Leben geplant worden ist. Bist du überzeugt, daß dem so ist?“
    „Zu Befehl, Eure Majestät.“
    „Nenne mich Herr Ludwig! Ich bin hier nicht der König. Erzähle mir in kurzen Worten, was du mir zu sagen hast.“
    Er winkte ihm dabei, eine bequemere Haltung anzunehmen. Ludwig gehorchte und begann seinen Bericht. Er trug denselben ohne Zagen mit klarer, sicherer Stimme vor. Er versprach sich dabei nicht ein einziges Mal. Seine Art und Weise machte sichtlich einen guten Eindruck auf den König, wenn auch der Inhalt seiner Rede einen ganz entgegengesetzten hervorbringen mußte. Als er geendet hatte, trat er einen Schritt zurück und wartete in ehrerbietiger Haltung auf den Bescheid des Königs.
    Dieser sagte zunächst kein Wort. Er trat an das Fenster und blickte längere Zeit hinaus, ohne sich zu regen. Sein Gesicht war nicht zu sehen. Welche Regungen mußten jetzt durch seine königliche Seele gehen!
    Als er sich dann wieder umdrehte, zeigte sein Gesicht den Ausdruck ruhiger, milder, wohlwollender Freundlichkeit. Anstatt von dem Mordanschlag zu sprechen, fragte er:
    „Bist du arm?“
    „Ja, Herr Ludwig.“
    „Und unverheiratet?“
    „Ja.“
    Bei dieser Antwort flog eine leichte Röte über sein offenes, Vertrauen erweckendes Angesicht. Der König bemerkte es. Er konnte nicht darüber in Zweifel sein, was dieses Erröten zu bedeuten habe.
    „Aber du hast eine Braut?“ fragte er lächelnd.
    „Eine Braut nicht, aber eine Geliebte.“
    Auch den Sinn dieser Worte faßte der Monarch sofort richtig auf, wie gleich seine nächste Frage bewies:
    „Ihre Eltern sind wohl dagegen?“
    „Nur dera Vatern. Der ist ein reicher Bauern drüben in Slowitz, ich aber bin ein armer Bub.“
    „Slowitz, das ist drüben in Böhmen, hm! Ist der Mann denn gar so reich?“
    „So gar mit Scheffeln wird er die Dukaten doch wohl nicht messen können.“
    „Erzähle mir von deiner Familie!“
    „Oh, da ist nicht vieles zu erzählen. Die leben schlecht und recht und tun ihre Schuldigkeiten. Damit ist wohl alles sagt, und da kann kein Dichtern eine Novelle oder gar einen Roman draus machen.“
    „Dennoch will ich mehr von deiner Mutter, deiner Schwester und deiner Geliebten hören. Von Personen, welche man lieb hat, spricht man doch gern.“
    „Ja, das ist schon richtig. Wann ich es so nehmen tu, so könnt mir freilich sogleich das Herz überlaufen.“
    „Nun, so laß es einmal überlaufen.“
    Der König nahm wieder auf dem Sofa Platz und es gelang ihm, durch aufmunternde Fragen dem bescheidenen Burschen eine aufrichtige Darstellung seiner Verhältnisse zu entlocken.
    Der Sepp erlaubte sich zuweilen eine Bemerkung, durch welche er entweder etwas Unbekanntes oder Ungenaues erläuterte, oder dem Erzähler Mut zu machen suchte, weniger zurückhaltend zu sein.
    Es waren kaum zehn Minuten vergangen, so hatte Ludwig dem König weit, weit mehr erzählt, als er selbst glaubte; denn was nicht gesagt worden war, das wußte die scharfe Kombinationsgabe des Monarchen auf das sicherste zu erraten.
    Jetzt war er zu Ende. Es war ein wirklich herzensfreundlicher Blick, welchen der König auf ihn warf, um abermals seine Gestalt zu prüfen.
    „Und nun erzähle, auf welche Weise du im Krieg verwundet worden bist und dir das eiserne Kreuz verdient hast.“
    Auch dieser Aufforderung kam der junge Mann nach, doch in so bescheidener Weise, daß zu hören war, er wolle mehr verbergen als erzählen. Das brachte ihm das
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