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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
Autoren: Karl May
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Brand der Sonne, da war es auf einmal, in einem einzigen Augenblick, licht in ihm geworden, und er fühlte, daß es nicht ein gewöhnliches, freundschaftliches Interesse sei, welches ihn so viel an Martha hatte denken lassen und zu ihr gezogen hatte. Nein, die Liebe war es gewesen, die schlummernde, sich selbst nicht kennende Liebe, die nun aber rasch erwacht war zu einem so hellen und mächtigen Bewußtsein, daß er, in dem hellen, blitzenden Licht dieses Bewußtseins wie geblendet dastehend, gar keine Zeit fand, auf die Worte zu hören, welche zwischen der Kronenbäuerin und Martha gewechselt wurden. Erst als die letztere sich entfernt hatte, und die erstere nun zu ihm trat, sah er ein, daß er doch auch ein Wort hätte sagen sollen.
    „So also“, sprach sie in höhnischem Ton. „Das war deine Geliebte!“
    Er blickte ihr ruhig in das Gesicht und antwortete:
    „Hättst vielleichten was dagegen, wann sie es wirklich war?“
    „Ja, sehr viel.“
    „Und was denn?“
    „Daß du ohne unsere Einwilligung dir kein Dirndl anschaffen darfst.“
    „Was hast denn für ein Recht, das zu verlangen?“
    „Das Recht der Mutter.“
    „Ach so! So bist also meine Muttern?“
    „Ja.“
    „Davon hab ich noch nix wußt und noch viel weniger merkt.“
    „Das zu sagen, ist der größte und schwärzeste Undank von dir!“
    „Das glaub ich nicht. Was hab ich dir zu danken?“
    „Alles. Wir haben dich als Waisenkind zu uns genommen –“
    „Damit ich tüchtig arbeiten sollt!“
    „Dich gekleidet –“
    „Daß ich barfuß und halb nackt hab laufen müssen!“
    „Und ernährt –“
    „Das mich's vom Morgen bis zum Abend hungert hat und vom Abend bis zum Morgen wieder, daß ich nicht hab schlafen könnt!“
    „Und dich erzogen!“
    „Mit dem Stock, so daß ich die Schwielen davon wochenlang gefühlt habe.“
    „Das darfst du nicht sagen.“
    „Ist's verboten, die Wahrheit zu sagen?“
    „Es ist ja nicht die Wahrheit!“
    „O doch! Ich bin manches Mal als Bub hinaus gangen aufs Feld oder im Winter krochen in den Keller, um mir ein Runkelrüben zu holen, die ich fraß wie ein Rind, weilst mir nix zu essen geben hattest.“
    „Das waren ja Ausnahmefälle. Es geschah, um dich zu strafen, wenn du einen Bubenstreich begangen hattest.“
    „Ach so, darum! Ja, darum hatt ich so viel zu hungern, weil ich so viele Streich begangen hab, denn du haßtest mich, und darum konnt ich dir nix richtig machen.“
    „Ich habe dich nicht gehaßt. Ich habe mich im Gegenteil ganz wenig um dich bekümmert.“
    „Das war dann nachher, als der Bauer dir mal selbst mit dem Stock bedeutet hat, daß ich auch ein Mensch bin und nicht ein Hund, den man nur so mit den Füßen von sich schleudert.“
    Ihre Augen blitzten zornig auf.
    „Erinnere mich nicht daran, sonst –!“
    Sie erhob drohend die Hand.
    „Sonst? Was ist sonst?“
    „Sonst –! Ah, nichts ist!“
    Er hatte sich hoch und stolz vor ihr aufgerichtet. Seine Augen blitzten, und seine gesunden Wangen röteten sich noch tiefer. Das gab einen Anblick männlicher Kraft und männlichen Selbstbewußtseins, bei welchem sie sich erinnerte, daß sie ihn sich doch nicht zum Feind machen dürfe, weil sie ihn ja liebe.
    „Nichts? Das hab ich mir denkt“, sagte er. „Und wannst sagst, daßt dich nicht um mich kümmert hättest, so brauchst auch nicht zu meinen, daßt meine Muttern seist. Eine Muttern bekümmert sich um ihr Kind. Eher könnt ich behaupten, daß der Bauer mein Vatern sei, denn er ist stets freundlich und gerecht gegen mich gewest.“
    „Kannst dich jetzt über mich beklagen?“
    „Nein, jetzt nicht mehr. Du bist – sehr freundlich gegen mich.“
    Fast hätte er gesagt – zu freundlich, anstatt sehr freundlich.
    „Nun, wann du das erkennst, warum machst du mir da Vorwürfe wegen Vorkommnissen, welche längst vorüber sind?“
    „Ich mache keine Vorwürfen, sondern ich hab nur beantwortet, wast gegen die Wahrheit behauptet hast. Hättest nicht sagt, daß ich kein Recht hab, mir nach meinem eigenen Geschmack und Willen ein Dirndl anzuschaffen, so wär der ganze Streit unterblieben.“
    „Geschmack? Geschmack hast du keinen!“
    „So? Das ist freilich schlimm für mich.“
    „Ja. Wer sich in die Martha verliebt, der hat keinen Geschmack.“
    „Ist sie denn gar so häßlich?“
    „Nein. Sie hat eben ein Larv wie jede andere auch. Kannst schönere haben und reichere dazu.“
    „Wo denn?“
    „Brauchst nur die Augen aufzumachen.“
    „Nenn mir doch
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