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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
Autoren: Karl May
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sicheres Zeichen, daß eine heimliche Unterredung heute nicht stattfinden solle.
    Heute war die Bäuerin geradeso wie er zur richtigen Zeit unterwegs, und er wußte nun, daß sie nicht abgeneigt sei, mit ihm zu reden. Er stieg also ein Stück den Berg hinab, ihr entgegen, und trat sodann seitwärts zwischen die Büsche, um von den anderen Kirchengängern nicht gesehen zu werden.
    Den Ort, an welchem er stand, kannte die Kronenbäuerin. Sie trafen sich stets nur an demselben. Darum überraschte es ihn auch nicht, als sie nach kurzer Zeit vor ihm stand.
    „Da bist ja“, sagte er, ihre reizende Gestalt mit gierigem Blick überfliegend. „Grüß dich Gott, Kätherl!“
    „Grüß Gott, Förster“, antwortete sie, ihre Hand in die seinige legend, welche er ihr entgegenstreckt hatte.
    „Hast dich heut sehr fein macht, feiner, als ich dich jemals sehen hab.“
    Er wollte sie an sich ziehen. Sie aber entzog ihm schnell ihre Hand und trat um einen Schritt zurück.
    „Was hast?“ fragte er.
    „Es muß nicht immer gleich geherzt und geküßt sein!“
    „Einen einzigen nur zum Beginn!“
    „Da kannst warten!“ antwortete sie ziemlich schnippisch.
    „So! Bist heut wohl bei schlechter Laune?“
    „Auch nicht anderst als immer.“
    „O doch! Hast dich doch sonst nicht weigert, wann ich dir zum Gruß ein Busserl hab geben wollen. Warum also heut?“
    „Weil ich bereits satt davon bin.“
    „Was? Bist küßt worden?“
    „Gar sehr.“
    „Donnerwetter! Von wem?“
    „Vom Bauer.“
    „Von deinem Mann? Das machst mir schon gar nicht weis. Bevor du dich von dem küssen läßt, da fallt eher noch der Himmel ein.“
    „Das scheinst sehr genau zu wissen.“
    „Ganz so genau wie du.“
    „Woher?“
    „Hast's mir doch selber sagt.“
    Er zog die Stirn in zornige Falten, biß sich auf den Schnauzbart und sagte:
    „Kätherl, bedenk, daßt keinen Schulbuben vor dir hast! Bist sonst allemalen freundlich zu mir gewest. Warum heut nicht? Heut hast noch keine freundliche Miene macht. Was hast gegen mich?“
    „Gar viel!“
    „So sag es!“
    „Das hab ich halt nicht nötig.“
    „Oho! Wir sind einig worden, daß wir uns heiraten, sobald dein Mann stirbt; also sind wir grad wie verlobte Brautleuten. Da muß man offen gegennander sein.“
    „Zur Verlobung gehört mehr, alst aufzeigen kannst!“
    Sie hatte ihm wirklich noch keinen einzigen freundlichen Blick gegönnt. Ihr Gesicht war kalt und starr, wie das einer Bildsäule. Es war klar, daß sie seine Leidenschaft zu stacheln beabsichtigte.
    „Meinst wirklich?“ lachte er auf. „Ich denk im Gegenteil, daß wir uns so innig verlobt haben, daß wir gar nie wieder ausnander können.“
    „Niemand hält mich und niemand dich. Wir haben unseren freien Willen. Erst mit der Heirat ist man bunden.“
    Jetzt trat er hart an sie heran, ergriff ihren Arm und fragte streng:
    „Sprichst etwa das alles im Ernst?“
    „Schau ich grad wie eine Gespaßige aus?“
    „Nein. Du bist im Gegenteil heut grad wie eine, die mich fressen will.“
    „Da brauchst keine Angst zu haben.“
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, welche ihn noch mehr erbitterte.
    „Kätherl, bring mich nicht auf!“ drohte er.
    „Schrei nicht so!“ antwortete sie ruhig. „Man kann dich doch bereits unten im Dorf hören! Oder kommen wir hier etwa zusammen, um zu prüfen, wer am lautesten rufen und reden kann?“
    „Alle Teufel, hast du heut eine Laune! Die ist dick wie ein Gewitterregen. Wer in solcher Zeit dein Mann ist, der muß sich in acht nehmen, daß es nicht bei ihm einschlägt!“
    „So! Das ist gar schön, daßt mir das sagst. Wann ich mal Witwe sein werde, so hab ich also nix eiligeres zu tun, als deine Frau zu werden.“
    „Geh! Du weißt's schon, wie ich's meine. Ich bin ein Rauher und Kräftiger; aber eine Frauen versteh ich schon noch glücklich zu machen.“
    „Deine erste war's wohl auch?“
    „Allerwegen.“
    „Und doch sagen die Leutln, daßt sie prügelt hast und sie zu Tod geärgert!“
    „Die Leute, welche das sagen, mögen nur zu mir kommen. Ich werde sie mit der Hundepeitsche eines Besseren belehren. Nach solchen Halunken brauchst du dich nicht zu richten.“
    „Das tu ich auch nicht. Ich hör auf niemand. Ich bin alt genug um selber zu wissen, was ich zu tun hab.“
    „Nun, so sag, was tust, sobald der Kronenbauer begraben ist!“
    „Ich – leg Trauer an.“
    „Das meine ich nicht. Antwort mir doch gescheiter! Mußt doch wissen, wast mir als ganz gewiß versprochen
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