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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories
Autoren: G. M. Schelwokat
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durch die Glas­schei­be der Tür und mach­te ihm auf.
    »Ma­mi, Mr. Las­si­ter ist hier!«
    Mrs. Con­nors freund­li­ches Pfer­de­ge­sicht er­schi­en über dem Kopf des Kin­des. »Ro­ger, kom­men Sie her­ein! Was ist ge­sche­hen?«
    »Ist Hel­ma hier?« frag­te er schnell.
    »Hel­ma? Nein, Ro­ger. Ich ha­be Sie erst vor­bei­fah­ren se­hen und dach­te, daß es viel­leicht so­weit sei und Sie Ih­re Frau ins Kran­ken­haus brin­gen.«
    »Sie ist weg«, sag­te Ro­ger wie in Tran­ce, »sie ist weg. Ich bin nach Al­ba­ny ge­fah­ren, um ein Pfund Kaf­fee zu ho­len, und sie sag­te, sie sei zu mü­de zum Mit­kom­men. Und als ich wie­der nach Hau­se kam, war sie weg. Wo ist Bob?«
    »Er ist auf die Luchs­jagd ge­gan­gen, weil Voll­mond ist und die großen Kat­zen dann die gan­ze Nacht her­um­strei­fen – o mein Gott, Ro­ger!« Neil Con­nors freund­li­ches Ge­sicht wur­de lei­chen­blaß. »Wenn Hel­ma im Wald ist!« Mit ei­nem Sei­ten­blick auf die Kin­der dämpf­te sie ih­re Stim­me. »Vo­ri­ges Jahr sag­te Bob, daß sie manch­mal in den Wald lie­fe, und er sag­te, er ha­be Angst, auf die Jagd zu ge­hen. Aber er dach­te, daß sie die­sen Win­ter, weil doch das Ba­by un­ter­wegs ist, zu Hau­se blei­ben wür­de.« Wäh­rend sie sprach, lang­te sie nach ei­nem di­cken Man­tel, der hin­ter dem Ofen hing.
    »Mol­ly«, sag­te sie zu dem äl­tes­ten Mäd­chen, »du bringst jetzt Ken­neth und Ed­na ins Bett. Mrs. Las­si­ter hat sich im Wald ver­irrt, und ich hel­fe Mr. Las­si­ter bei der Su­che. Don­ny, du nimmst ei­ne La­ter­ne und kommst mit. Und, Mol­ly, wenn die Kin­der im Bett sind, kochst du ei­ne große Kan­ne Kaf­fee, legst Wär­me­fla­schen in mein Bett und setzt bei­de Tee­kes­sel aufs Feu­er.« Sie sag­te lei­se: »Hel­ma ist ziem­lich ner­vös, und wenn es los­ge­gan­gen ist, war sie viel­leicht zu To­de er­schro­cken und ist ein­fach los­ge­rannt und hat sich auf dem Weg hier­her ver­lau­fen, das ar­me Ding. Wenn es so ist und das Ba­by heu­te kommt, brin­gen wir sie zu uns. Ich ha­be fünf Kin­der auf die Welt ge­bracht und weiß, was zu tun ist.«
    »Sie sind zu gü­tig …«, stam­mel­te Ro­ger.
    »Ach, Un­sinn, wo­zu hat man denn Nach­barn? Hel­ma wür­de sich ge­nau­so um mich Sor­gen ma­chen, wenn ich plötz­lich ver­schwun­den wä­re.« Sie wink­te ih­ren äl­tes­ten Sohn her­an und nahm ihm die La­ter­ne ab.
    »Wir ge­hen den Pfad ent­lang, Don­ny. Du nimmst die Ta­schen­lam­pe und gehst zur Wei­de hin­ter der Scheu­ne. Da­bei rufst du stän­dig nach dei­nem Va­ter. Und wenn du Mrs. Las­si­ter fin­den soll­test, dann brüllst du wie ver­rückt, bis wir dich ge­hört ha­ben, und dann holst du Mol­ly, da­mit sie dir hilft, Mrs. Las­si­ter ins Haus zu brin­gen. So, und jetzt ver­schwin­de.«
    Nie­mals konn­te Ro­ger sich spä­ter klar an die jetzt fol­gen­den Stun­den er­in­nern, au­ßer daß er durch die mond­hel­le Nacht ge­stapft war, die La­ter­ne in der Hand, und daß Neil Con­nors fes­te und zu­ver­sicht­li­che Stim­me all­mäh­lich im­mer mü­der und ängst­li­cher klang. Sie schri­en »Hel­ma! Hel-ma!«, bis ih­nen die Lip­pen von der Käl­te auf­spran­gen und ih­re Keh­len hei­ser wur­den.
    Im­mer wie­der blie­ben sie ste­hen, um zu lau­schen, und Mrs. Con­nor sag­te sto­ckend: »Ich kann mir nicht vor­stel­len, daß Hel­ma in ih­rem Zu­stand so weit lau­fen konn­te!« Sie er­zit­ter­ten, wenn sie die Stim­men von Tie­ren hör­ten, und ein­mal ge­sch­ah es, daß Neil Con­nor – die be­herrsch­te Neil mit den ei­ser­nen Ner­ven, die ihr gan­zes Le­ben auf ei­nem Bau­ern­hof ver­bracht hat­te und jetzt fünf­zig Jah­re alt war – laut auf­schrie, als sie auf ei­nem Ast einen Kopf mit grü­nen Au­gen und flach an­ge­leg­ten Oh­ren ent­deck­te, der auf sie her­nie­der­b­lin­zel­te.
    Aber noch schlim­mer war es, wenn sie aus der Fer­ne das Kra­chen ei­nes Ge­wehrs hör­ten und wuß­ten, daß Bob Con­nor den Schuß ab­ge­ge­ben hat­te. Vor Ro­gers bren­nen­den Au­gen stand das Bild von Hel­ma, wie sie reg­los und steif ir­gend­wo ne­ben dem Pfad lag, ver­se­hent­lich er­schos­sen, oder wie sie sich ir­gend­wo in den Ge­burts­we­hen wand, un­fä­hig, zu ih­nen zu kom­men, zu weit weg,
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