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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories
Autoren: G. M. Schelwokat
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mir Ex­em­pla­re der Fach­zeit­schrift für eng­li­sche und ger­ma­ni­sche Sprach­leh­re um die Oh­ren, wäh­rend ich arg­los zum In­sti­tut wand­le? Han­delt es sich viel­leicht um Te­le­ki­ne­se?«
    »Ent­schul­di­ge«, wie­der­hol­te Wolf kurz. »Ein Tem­pe­ra­ments­aus­bruch. Ich konn­te Glocks blö­de Ar­gu­men­ta­ti­on nicht län­ger er­tra­gen. Adieu.«
    »Ei­ne Se­kun­de.« Pro­fes­sor Fea­ring kram­te in den un­zäh­li­gen Ta­schen sei­nes An­zugs her­um und brach­te ein Blatt gel­bes Pa­pier zum Vor­schein. »Ich glau­be, das ist deins.«
    Wolf griff da­nach und zer­riß es in win­zi­ge Schnit­zel.
    Fea­ring grins­te ver­gnügt. »Wie gut ich mich der Zei­ten er­in­ne­re, da Glo­ria hier stu­dier­te! Erst ges­tern abend muß­te ich wie­der dar­an den­ken, als ich mir Mond­licht und Me­lo­die an­sah. Die gan­ze Ab­tei­lung hat sie da­mals auf den Kopf ge­stellt. Mei­ne Gü­te, wenn ich jün­ger ge­we­sen wä­re …«
    »Ich ge­he jetzt. Emi­ly, Sie den­ken an Herbrecht?«
    Emi­ly schnupf­te und nick­te.
    »Hör mal, Wolfe«, sag­te Fea­ring ernst. »Ich woll­te dich nicht ver­är­gern. Aber du mußt dich nicht so in dei­nen Kum­mer ver­boh­ren. Es gibt bes­se­re Mit­tel, um dei­ne Sor­gen los­zu­wer­den, als die Be­herr­schung zu ver­lie­ren oder dich zu be­trin­ken.«
    »Wer hat da­von ge­spro­chen, daß …«
    »Muß­test du es erst aus­spre­chen? Nein, mein Jun­ge, wenn du – du bist nicht streng re­li­gi­ös, oder?«
    »Großer Gott, nein«, sag­te Wolf.
    »Wenn du nur – ich möch­te dir einen Vor­schlag ma­chen, Wolfe. Komm doch heu­te abend in den Tem­pel. Wir ha­ben ei­ne be­son­de­re Ze­re­mo­nie ge­plant. Viel­leicht lenkt dich das von Glo… – von dei­nem Kum­mer ab.«
    »Nein, dan­ke. Ich woll­te ja im­mer mal dei­nen Tem­pel be­su­chen – ich ha­be schon viel da­von ge­hört –, aber nicht heu­te abend. Ein an­der­mal.«
    »Aber heu­te abend wird es be­son­ders in­ter­essant.«
    »Wie­so? Was ist so Be­son­de­res am drei­ßigs­ten April?«
    Fea­ring schüt­tel­te sein er­grau­tes Haupt.
    »Es ist ge­ra­de­zu scho­ckie­rend, wie un­wis­send man­che Ge­lehr­te au­ßer­halb ih­res Fach­ge­biets sind – nun, du weißt ja, wie es ist, Wolfe, ich hof­fe, daß du doch kommst.«
    »Vie­len Dank. Aber mit mei­nen Pro­ble­men wer­de ich auch oh­ne die Hil­fe über­na­tür­li­cher Kräf­te fer­tig. Ich schaf­fe es mit ein paar an­stän­di­gen Zom­bies – es geht nichts über ei­ne Wie­der­be­le­bung. Auf Wie­der­se­hen, Os­car.« Er war schon fast drau­ßen, als ihm noch et­was ein­fiel. »Tschüs, Emi­ly.«
    »Wie über­eilt«, mur­mel­te Fea­ring. »Nein, wie un­be­dacht! Ach ja, es ist schön, jung zu sein, nicht wahr, Emi­ly?«
    Statt ei­ner Ant­wort stürz­te sich Emi­ly auf ih­re Ar­beit, als ob al­le Höl­len­fu­ri­en hin­ter ihr her sei­en – und so war ihr auch zu­mu­te.
     
    Die Son­ne ging schon un­ter, doch Wolfs tra­gi­sche Ge­schich­te hat­te im­mer noch kein En­de ge­fun­den. Der Bar­kee­per hat­te je­des ein­zel­ne Glas auf Hoch­glanz po­liert, doch ström­ten die end­lo­sen Wie­der­ho­lun­gen nach wie vor an sei­nem Ohr vor­bei: Er wur­de zwi­schen dem Ge­fühl ei­ner ge­ra­de­zu töd­li­chen Lan­ge­wei­le und un­ein­ge­schränk­ter Be­wun­de­rung für die un­be­grenz­te Trink­fes­tig­keit sei­nes Gas­tes hin und her ge­ris­sen.
    »Ha­be ich Ih­nen schon er­zählt, wie sie mit­ten im Se­mes­ter schwänz­te?« frag­te Wolf.
    »Erst drei­mal«, sag­te der Bar­kee­per.
    »Na gut. Dann werd’ ich’s Ih­nen er­zäh­len. Sie ver­ste­hen, so mach’ ich das sonst nicht. Pro … pro­fe­scho­nel­le Ethik, die hab’ ich, ja. Aber das hier war an­ders. Es war nicht ein­fach je­mand, der es nicht wuß­te, bloß weil er es nicht wuß­te. In dem Fall war es ein Mäd­chen, das es nicht wuß­te, weil es nicht zu der Sor­te Mäd­chen ge­hör­te, die über die Sa­chen Be­scheid wuß­te, die ein Mäd­chen wis­sen muß, wenn es zu der Sor­te ge­hört, die das eben wis­sen muß. Verschtehn­se?«
    Der Bar­kee­per warf dem rund­li­chen klei­nen Mann, der am an­de­ren En­de der The­ke saß und lang­sam einen Gin To­nic schlürf­te, einen
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