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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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unrecht?“
    „Vielleicht hast recht.“
    „Vielleicht auch noch! Nein, gewiß hab ich recht, ganz gewiß! Siehst's ein oder nicht?“
    „Ja.“
    „Na endlich! Da ist's nun auch möglich, daß alles noch gut werden kann. Ich sag dir, Bub, das Dirndl bekommt meiner Seel einen Grafen, oder gar einen Fürsten zum Mann, vielleicht gar einen Bischof oder einen Kardinal, denn sie ist schön und fein und brav und demütig, obgleich sie es hoch bringen wird. Den Schatz, der in der Leni steckt, kannst gar nicht messen, nicht zählen und nicht begreifen. Es war so mein Gaudium, wann ich später so ‚gnädige Frau‘ oder ‚höchstdero Baronessen‘ oder ‚Hochselige Gräfin‘ zu ihr sagen könnt, denn von diesen Ehren fiel doch auch ein Teil mit auf mich und in meinen Rucksack hinein; aber am allerliebsten gönn ich sie doch dir, das kann ich dir sagen. Also sei gescheit und klug, und laß die Dummheiten! Wannst meinen Rat befolgst, wirst der Mann von einer berühmten und reichen Frau, deren Gemüt aber so rein und treu bleibt wie das Gemüt eines Kindes.“
    Dem Anton wurde das Herz leicht und weit. Er holte tief Atem und fragte:
    „Was meinst du, was ich tun soll?“
    „Zunächst das Maul halten und die Geschieht ruhig abwarten.“
    „Donnerwetter! Soll ich etwa warten, bis ein anderer kommt und sie mir wegschnappt?“
    „Verdient hättst's schon reichlich, denn du hast ja gesagt, daß du ihr den Abschied gegeben hast. Da wär's dir schon zu gönnen, daß ein anderer kommt. Da schnappt sie schnell zu; er schnappt sie weg, und du aber, du schnappst über! Aber laß nur mich sorgen. Sie hat dich lieb, und daß sie dir eine Backpfeifen geben hat, das ist allemal das richtige gute Zeichen. Wann eine einem eine hineinhaut, so ist das der Beweis, daß die Sympathie auf die Zuneigung von der weiblichen Hingebung in der gehörigen Qualität und Quantität vorhanden ist. Das kannst mir glauben. So ein Alter wie ich, der hat mancher schon hinein ins Herz geschaut. Also laß den Mut nicht sinken, und hab Vertrauen zu mir. Aber folgen mußt und gehorchen, sonst kannst nur gleich fortlaufen und Maulaffen verkaufen. Wannst vorhin mit mir da oben am Wasser gewesen wärst und gehört hätt'st, was die Leni tan hat, so würdst einsehen, daß sie ein Dirndl ist, um die man sich eine Mühe nicht verdrießen lassen darf. Was hast? Da fiel wohl was herunter?“
    „Ja. Ich hatte die Hand in den Gürtel gesteckt, und da muß was drinnen gewest sein.“
    „Was?“
    „Ich weiß nicht. Ich hab nix drinnen gehabt.“
    Alle drei hatten das Aufklingen eines metallenen Gegenstandes gehört, welcher herabgefallen war. Sie bückten sich. Es hatte sich ein Wind erhoben, welcher zahlreiche Wölkchen getrieben brachte, die den Mond verfinsterten. Darum war nicht leicht etwas zu erkennen. Die drei suchten also mit den Händen tastend nach dem betreffenden Gegenstand. Der Wurzelsepp war es, der ihn fand.
    „Ich hab's!“ sagte er. „Da bei meinen Füßen hat's gelegen. Was ist's? Ah, ein Schlüssel, ein kleiner Schlüssel, wie zu einem Tischkasten so groß.“
    „Wie aber soll ein Schlüssel in meinen Gürtel kommen?“ fragte der Krickel-Anton.
    „Hast keinen gehabt?“
    „Nein. Ich hab nur einen einzigen, nämlich den Schlüssel zu meinem Kasten, und den hab ich hier im Portemonnaie stecken. Da ist er.“
    „So hat dieser hier gar nicht in dem deinigen Gürtel gesteckt?“
    „O dennoch. Ich hab ihn mit den Fingern gefühlt, bevor er herunterfiel.“
    „Oder hat er vorher hier gelegen“, bemerkte der Fex. „Zeig ihn mal her, Sepp!“
    Der Alte gab ihm den gefundenen Schlüssel. Der Fährmann hielt ihn gegen den Mond, welcher eben von Wolken frei war, und betastete ihn dann höchst sorgfältig. Dann sagte er in freudigem Ton:
    „Sollt's möglich sein? Sepp, Sepp, was haben wir gefunden!“
    „Nun, was?“
    „Den Schlüssel, den wir brauchen.“
    „Welchen denn?“
    „Nun, zu dem Müll – ah, weißt schon, zu dem Polsterstuhl.“
    „Pst! Still! Das wissen nur wir beiden. Aber du wirst dich irren. Wie sollt der Schlüssel vom – weißt schon, hierherkommen?“
    „Ja, das weiß ich auch nimmer. Das kann ich doch nicht begreifen.“ Und sich an Anton wendend, fragte er diesen: „Warst vielleicht heut in der Mühle?“
    „Ja.“
    „Bei wem?“
    „Beim Müller selber.“
    „Ah! Was hast da getan?“
    „Das Einmaleins haben wir einander aufgesagt, er erst mit der Peitschen und nachher ich mit den beiden Händen. Dann hab'n wir
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