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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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das Auge und drehte es auf, für seine Sehkraft passend.
    „Hallunk, verfluchter!“ zürnte der Anton. „Wart, ich werd dir ein Fernrohr besorgen, durch das du in alle Himmeln und Höllen schauen kannst!“
    Er erhob sich leise, und dieses Mal sprach der Sepp nicht dagegen.
    „Jetzt, jetzt!“ sagte der Kleine. „Ich haben das kanze Zimmer vor mir. Ich ßehen Alles, Alles! Da sitzen die dicke Muschel, conchiglia, und nehm aus Mund die falsche Zähnen. Und in anderes Zimmer – oh che piacere, welk ein Freuden, ich ßehen Signora Mureni. Sie flechten auf das Haar. Ssie sein kanz négligé. Ssie ßein ßo schön, ßo reitzend, ßo lieblik! Ich möckt dort ßein, ßie ßu küssen, küssen, küssen!“
    „Und ich bin da, dich zu prügeln, prügeln, prügeln!“ erscholl es in wütendem Ton hinter ihm.
    Er sprang auf und blickte sich um. Zwei Kerle standen da, alle vier Arme nach ihm ausstreckend. Sie kamen ihm vor wie schwarze Gespenster. Er tat einen Sprung von ihnen weg, wie man ihn nur in der Todesangst tun kann.
    „Ahi! Oimè!“ brüllte er auf. „Weh, o weh! Das ßein Teufeln! Ajuto, ajuto – zu Hilfe, zu Hilfe!“
    So laut schreiend, wie er nur konnte, sprang er den Felsen hinab. Da er die Örtlichkeit nicht genau kannte, so stolperte er, kam zu Fall und kollerte hinab. Unten angekommen aber raffte er sich schleunigst wieder auf und rannte zu gleichen Beinen weiter. Sein Hut und das Fernrohr lagen oben, wo er gesessen hatte.
    Die Drei lachten ihm herzlich nach, aber nicht so laut, daß er es noch hätte hören können.
    „Der kommt halt nicht wieder“, meinte der Sepp. „Wenigstens heute nicht.“
    „Auch morgen nicht und übermorgen“, versicherte der Fex. „Wann er mich ja fragen sollt, was noch passiert ist, so werd ich ihm schon eine Geschichten verzähln, daß ihm der ganze Schopf und Zopf zu Bergen steigen soll!“
    „Dieser Erzhalunk und Dirndlmeier!“ zürnte der Anton. „Will der mir die Leni anschaun! Der mag doch sonst wohin schaun, aber nicht nach mein Dirndl, der Lodrian! Er mag sich doch ums Leichentuch kümmern und um sein Testamenten, aber nicht um die Arme von der Leni!“
    „Und dennerst ist's gut, daß er da war“, sagte der Sepp. „Es ist ein wahres Glück für den Fex.“
    „Wieso?“ fragte dieser.
    „Wegen deren Vigolinen und auch wegen dem Konzert. Ich werd's dir morgen schon verklären. Es ist mir ein Gedank kommen, der viel wert ist. Das kann gut werden, ausgezeichnet gut. Jetzund aber wolln wir an das denken, was am Notwendigsten ist. Schaut, der Wind wird stärker, und die Wolken sind fast schwarz. Es wird vielleicht ein Regen kommen. Hast die Fröschen bereit, Fex?«
     „Den ganzen Topf voll.“
    „Den müssen wir noch anmalen, damit der Müller nicht erkennt, daß er von dem seinigen Kachelofen ist. Aber wie kommen wir hinein in seine Stuben, wann er fort ist? Er wird freilich zuschließen, und daran hab ich gar nicht gedacht.“
    „Aber ich. Als es Zeit war, die Läden zuzumachen, hab ich mir einen Behelf genommen, so daß ich es tun mußt. Dabei hab ich bei dem hintersten Laden den Vorstecker nicht einigsteckt und nachher auch noch den Fensterwirbel aufidreht. So also können wir zum Laden hinein.“
    „Das ist sehr gut gemacht. Vielleicht ist's gar nicht nötig, daß ich mit hineinsteig. Wann der Anton mithelfen will, kann er bei dir sein, ich aber geh in die Stadt zum Skat-Mätthes, wohin die Beschwörer kommen werden.“
    „Tu's lieber nicht, denn da wird dir's gar schlecht ergehn, Wurzelsepp.“
    „Meinst wirklich? Ich hab keine Angst. Ich weiß schon, was ich sag und tu. Jetzt gehn wir hinab in den Fährkahn; da sitzen wir unter den Bäumen, wann es regnet, und können dem Anton verzählen, was wir heut tun wollen.“
    Wie der Sepp vermutet hatte, so geschah es auch; es begann um elf Uhr zu regnen, und um Mitternacht verschlimmerte sich das Wetter noch. Aber den drei wetterfesten Kerlen war das ganz und gar gleichgültig. Es galt, das Geheimnis des Polsterstuhls zu enthüllen, und da konnte der Regen kein Hindernis bieten.
    Kurz vor zwölf Uhr wurde der Topf hinter die Mühle geschafft; dort stellten sich der Fex und Anton auf die Lauer. Der Sepp aber wanderte trotz des Regens nach der Stadt. Unterwegs aber bog er querfeldein, nach der bereits erwähnten Miete hin. Dort angekommen, überzeugte er sich zunächst, daß das Schwein noch vorhanden sei.
    Kaum hatte er das getan, so hörte er es zwölf Uhr schlagen. Er zog einen Strick aus der Tasche,
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