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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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richtige Sorten, wie du bist. Mir kannst gestohlen werden, und wer dich wiederbringt, den verklag ich und laß ihn einistecken wegen Beleidigung.“
    „Schau, wast für ein Redner bist!“
    „Ja, wann ich dich anschau und an die Leni denk, so lauft mir sogleich die Galle über. Könnst's so gut haben bei ihr und so fein. Der König ist so gut auf dich zu sprechen und auf sie. Was wär das für ein Paar geworden? Und da bist so konträr und unverschämt und hast das Gewissen, sie um ihr Glück zu bringen. Dabei sagt der Kerl auch noch, daß er sie lieb hat, der Scheinheilige!“
    „Du, nimm dich in acht! Dergleichen Schimpfereien mag ich nicht leiden, auch von dir nicht!“
    „Halt's Maul! Dich werd ich viel fragen, wie ich zu dir sagen soll. Wegen deiner wickle ich meine Worte nicht in Seidenpapier und trag sie dir auf dem Präsentierteller entgegen. Dazu bist der Kerl noch lange nicht. Da mußt dich erst mit Schmierseife einreiben und mit Soda abwaschen, daß der Schmutz herunterkommt. Und richtig kämmen mußt dich und die Fingernageln abschneiden auch dazu. Und sogar nachher red' ich noch immer nicht mit dir. Hab ich's so ehrlich und gut gemeint mit dem Hundsbuben, und nun nennt er mich einen Lügner und einen heuchlerischen Menschen. Mein Mündel hab ich ihm wollen geben, und nun sagt er, daß er ihr die Abschiedsschluppen anzogen hat! Da muß doch gleich der alte Teuxel zwanzig Junge kriegen! Hörst, daß ich auch meine Galle hab? Ja, wann die überlauft, dann werd ich zornig, und wann ich zornig bin, nachher ist mit mir kein Auskommen mehr. Da bin ich gar imstande und nehm den allergrößten Prügel, den ich find, und schlag alles tot, mich gleich zu allererst. Denn leben mag ich in einer so miserablen Welt schon gar nimmer mehr. In einem Leben, wo's den Guten bös und den Bösen gut geht, da mag ich schon gar nimmer sein. Da dank ich für! So, jetzt hast dein Fett und dein Schmalz! Reib dir's hinter die Ohren und mach, daß du fortkommst, sonst zieh ich auch noch die Schuhe aus und schlag sie dir um die Ohren, daß du denkst, es wird in die Kirchen geläuten, du Unnütz du!“
    Er hatte sich in den größten Ärger hineingeredet. Und, eigentümlich, der Krickel-Anton unterbrach ihn nicht. Einesteils achtete er den Alten sehr, und andernteils fühlte er gar wohl, wie weit derselbe recht hatte. Und, um eine Hauptsache nicht zu vergessen, mit der Ohrfeige, welche er von Leni erhalten hatte, war es ihm gegangen wie jenem Tauben, welcher eine tüchtige Maulschelle erhielt und da in der Meinung, daß man etwas zu ihm gesagt habe, beistimmend nickte und sprach: „Das läßt sich hören!“ So ging es auch Anton. Alle Reden und Bitten Lenis hatten nichts gefruchtet; aber die Ohrfeige war auf den besten Boden gefallen. Mit ihr hatte sie nach seiner Meinung den kräftigsten Beweis geliefert, daß sie ein braves Mädchen sei. Darum befand er sich nun in größter Uneinigkeit mit sich selbst. Am liebsten wäre er ihr nachgelaufen, um doch noch ein freundliches Abkommen mit ihr zu treffen, allerdings möglichst auf der Basis der Bedingungen, welche er ihr gestellt hatte. Er sagte sich jetzt, daß sie doch vielleicht auf seine Ansichten eingegangen wäre, wenn er freundlicher mit ihr gewesen wäre und nicht so kalt und ungefüge. Vielleicht war dies noch nachzuholen, aber auch bloß dann, wenn er es sich mit dem alten Sepp nicht verdarb, der ja so großen Einfluß auf seine Pate hatte. Darum beschloß er die beißenden Reden des Alten ruhig hinzunehmen. Dieser blickte ihn forschend an und fragte:
    „Nun, wie stehst da wie ein Ölgötzen und guckst in die Luft hinein? Kannst dich vielleicht verdefendieren?“
    „Ich könnt schon vielleicht.“
    „Das machst mir nicht weis. Die Leni ist ein couragiertes Ding, aber sie hat auch –“
    „Ja, couragiert ist sie; das hab ich heut gesehen.“
    „So? Wie denn?“
    „Sie hat mir eine Backpfeifen gegeben, daß mir der Kopf fast auf den Buckel geflogen ist.“
    „Hat sie das? Nun, das freut mich sehr. Wohl bekomm's dir auch, Anton! Aber bei all dieser Couragiertheit hat s' doch ein mildes Herz und ein zart Gemüt. Das will feiner angefaßt sein, als du's vermagst. Wann dann so ein Dromedar hineintrampelt in das Zeug, so werden halt alle Blumen und Blüten niedertreten, die in so einem jungen Herzen blühn, und wann nachher nur die Disterln aufgehen und die Quecken und das Unkraut, nachdem wunderst dich auch noch darüber! Hab ich recht, oder hab ich
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