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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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band denselben dem Tier an das Bein, löste es von dem Pflock und trieb es mit Hilfe eines Stocks, den er sich vorher zu diesem Zweck losgeschnitten hatte, dem Dorf entgegen, an dessen äußersten Ende das Gut lag, welches dem Fingerl-Franz oder vielmehr dessen Vater gehörte. Er war früher dort gewesen und kannte die Gelegenheit ganz genau. Natürlich schlug er die geeignete Richtung ein, dem Franz, welcher nun jedenfalls auch bereits unterwegs war, nicht zu begegnen.
    Vorher hatte er wegen des Schweins Sorge gehabt. Es konnte ja widerspenstig sein und Lärm machen. Aber, mochte nun der strömende Regen dem Tier behaglich sein, oder mochte es merken, daß es nach dem heimatlichen Stall getrieben werde, kurz, es folgte dem Sepp mit großer Bereitwilligkeit. Dieser kannte eine schmale Gartenpforte, durch welche er den Weg nahm. Gleich am Garten lag der Schweinestall, aus welchem das wanderlustige Tier entwichen war. Die Tür stand offen, und das heimatselige Tier rannte hinein. Sepp band ihm den Strick wieder vom Bein los, machte die Türe zu und schob den Riegel vor. Dann wanderte er, ganz glücklich über das Gelingen dieses Teils seines Programms, der Stadt entgegen.
    Unterdessen staken seine beiden Verbündeten mit ihrem Topf in einem Lattenverschlag, welcher mit Schindeln gedeckt war, so daß sie nicht vom Regen getroffen wurden. Als es nur noch einige Minuten bis zwölf Uhr war, schlich sich der Fex nach der anderen Ecke des Hauses, um die Tür desselben zu bewachen. Bereits nach kurzer Zeit kehrte er zurück und meldete, daß die Magd bereits aufgebrochen sei. Nun gingen nach einer Weile alle beide nach vorn. Sie hatten noch nicht lange gewartet, so sahen sie die lange, breite, in ein weißes Tuch gehüllte Gestalt der Käthe mit einem Schubkarren zurückkehren. Sie gab sich die größte Mühe, alles Geräusch zu vermeiden. Als sie die Haustür mittels eines Schlüssels geöffnet hatte, verschwand sie mit dem Karren im Hausflur und schloß die Tür hinter sich wieder zu, um ja eine zufällige, von außen kommende Störung zu vermeiden.
    „Jetzt schnell hin ans Fenster“, sagte der Fex. „Wir werden sie wohl mitnander reden hören.“
    Er hatte sich nicht geirrt, denn als sie sich gegen den Laden des Fensters neigten, in dessen Nähe der Müller am Tisch zu sitzen pflegte, hörten sie ganz deutlich die Stimme desselben:
    „Wann ich nur beim Teufel wüßt, wo der Schlüssel hin ist! Er muß mir gradezu gestohlen worden sein.“
    „Wer wird ihn stehlen können, wannst immer grad selber dabei sitzt“, antwortete die Magd.
    „Morgen werd ich besser suchen lassen, am Tag, wann es hell geworden ist. Jetzt nun aber müssen wir schnell fort. Das Gesicht und die Hände hab ich schwarz; nun gib mir noch das Bettuch um.“
    „So geht's nicht gut, wannst noch im Stuhl sitzest. Ich werd's auf den Karren breiten; wannst dich drauf gesetzt hast, leg ich's um dich herum.“
    „Wirst mich auch heben können?“
    „Bin ich etwa ein Kind?“
    „Wohl nicht, aber ich bin schwer. Und hast alles richtig gemerkt, was ich dir gesagt hab?“
    „Sorg dich nur um dich und nicht um mich! Ich werd keinen Fehler machen und mich auch nicht fürchten. Aber nachher mußt auch ehrlich zahlen!“
    „Bis auf den Pfennig. Nun mach!“
    Die Lauscher vernahmen ein nur mit Mühe unterdrücktes Ächzen und Stöhnen, leise Flüche und Schmerzensrufe; dann wurde die Stubentür von außen verschlossen.
    „Sie sind bereits im Hausflur“, flüsterte der Fex. „Komm fort, damit sie uns nicht erwischen!“
    Sie stellten sich hinter die Ecke, von wo aus sie bald den Aufbruch der wunderlichen Geisterfuhre beobachteten. Nachdem die Käthe die Haustür verschlossen hatte, stapfte sie mit dem Schubkarren, auf welchem der Müller unter dem weißen Tuche hockte, rüstig in die regnerische Nacht hinein.
    „So, nun sind wir an der Reihe“, sagte der Fex. „Jetzt schnell den Topf herbei!“
    Sie holten ihn und schafften ihn unter das betreffende Fenster. Der Fex zog den Laden auf und stieß die beiden Fensterflügel zurück. Dann stieg er ein. Anton reichte ihm den Topf, welcher eine ziemliche Schwere hatte, hinein und stieg sodann nach, worauf der Laden und das Fenster vorsichtig geschlossen wurden. Auf dem Tisch stand die brennende Lampe. Um bei der Rückkehr sogleich Licht zu haben, hatte der Müller sie nicht auslöschen lassen.
    „Hier steht der Stuhl, in welchem mein Glück verborgen liegen soll, wie die Mondsüchtige mir versprach“, sagte
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