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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Autoren: Karl May
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sich auf die Lippen, um ihre Tränen zu besiegen; es gelang ihr nicht, sie stürzten sich doch hervor, unaufhaltsam und gewaltig.
    „Gustav, mein Gustav!“ schluchzte sie. „Wie lieb mußt du mich haben!“
    Er zog sie innig an sich und antwortete:
    „So lieb, daß ich es dir gar nicht sagen, gar nicht zeigen und beweisen kann.“
    „Ich ahne es: das ist der neue Bau, den du vor mir so geheimgehalten hast?“
    „Ja.“
    „Du wolltest mich überraschen. Wie heißt das Schloß?“
    „Brandtenstein. Der König wollte es so haben, es sollte nach meinem Namen genannt sein.“
    „Es ist recht so. Hirschenau konntest du es doch nicht nennen, da es dieses ja schon gibt. Dort wird Robert mit seiner Fanny wohnen.“
    „Komm, mein Herz! Da fährt unser Wagen bereits den Schloßberg heran.“
    Sie schritten weiter. Im Schloßhof sah man nur die Equipage und den Kutscher, sonst keinen Menschen. Die beiden stiegen die Freitreppe empor. Alles, alles war ganz genauso wie in ihrem Heimatschloß. Natürlich suchte Alma sogleich die Gemächer auf, welche so lagen wie diejenigen, welche sie damals bewohnt hatte. Das Vorzimmer war genauso wie ihr früheres. Sie schlug vor Freude die Hände zusammen und trat an das Fenster.
    „Schau!“ sagte sie. „Was ist das für ein Ort da unten, lieber Gustav?“
    „Brandtenstein.“
    „Das ist ja ganz neu!“
    „Ja, ich habe es neu gebaut, auch die Kirche. Und weißt Du, wer da wohnt?“
    „Wie kann ich das wissen!“
    „Alle diejenigen, welche ich in letzter Zeit kennenlernte. Alle die, welche meiner Hilfe bedurften, welchen ich als Fürst des Elends eine Wohltat erweisen konnte, habe ich hierhergerufen. Sie sollen hier wohnen als meine Untertanen und an mir einen guten Herrn und Vater haben.“
    Sie blickte ihm innig in das Gesicht und sagte:
    „Du Guter! Und dich konnte man für einen Mörder halten!“
    „Wir wollten daran doch nicht wieder denken! Bitte, komm weiter!“
    Er öffnete die Tür. Sie brachte vor Erstaunen kein Wort hervor. Auch diese Räume stimmten genau, aber da saßen doch ihre Näherinnen und diejenigen, welche an ihrer Ausstattung und Hochzeitstoilette zu arbeiten hatten. Diese alle hatte sie heute doch in der Residenz gelassen.
    Brandt ließ ihr keine Zeit zur Besinnung. Er führte sie fort, einen Korridor hin, bis ein Diener herbeieilte und eine hohe, breite Flügeltür aufriß. Hatte sie bisher an jeder Tür Kränze und Girlanden bemerkt, so bildete der Saal, in den sie jetzt traten, einen wahren Blumengarten. Aber nicht Blumen allein gab es hier, sondern auch Menschen, und zwar Menschen, bei deren Anblick Alma nun sofort wußte, woran sie war.
    Sie erblickte nämlich Doktor Holm mit Ellen, Oberleutnant von Hagenau mit Hilda, ihren Bruder Robert mit Fanny von Hellenbach, Fels mit Marie Bertram, Adolf und Anton mit ihren Bräuten, den Paukenschläger mit der seinigen, Eduard Hauser mit seiner jungen Frau, Förster Wunderlich mit Frau Barbara, Magda Petermann mit Doktor Zander, dem jetzigen Gerichtsarzt, Wally Petermann mit Eduard von Randau, kurz und gut, alle waren da, alle, und sie stimmten mit lauten Jubelrufen in den Tusch ein, welchen die anwesende Musikkapelle ausbrachte.
    Im Nu waren die beiden umringt, und es zeigte sich, welcher Liebe und Ehrerbietung sich der einstige Polizist und Förstersohn erfreute. Er und seine herrliche Braut wurden fast erdrückt, er mußte sich förmlich mit ihr aus der liebevollen Umzingelung flüchten.
    Er führte sie zunächst noch weiter im Schloß herum. Dabei fragte sie:
    „Aber was soll der herrliche Altar, welcher unten in dem Saal errichtet war?“
    Er drückte sie an sich und flüsterte ihr in das Ohr:
    „Hochzeit morgen!“
    Sie nickte mit glückseligem Lächeln und fragte:
    „Und die anderen mit?“
    „Außer Robert und Fanny alle, welche noch unvermählt sind. Ich darf mich einigermaßen den Gründer ihres Glücks nennen und will sie bei mir sehen an dem Tag, an welchem mein süßer Sonnenstrahl für ewig mein eigen wird. Ist es dir recht so?“
    „Alles, was du tust, ist mir recht, du Guter. Ich habe keinen Willen als nur den deinigen. Ich sage wie Ruth: Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du hingehst, da gehe ich auch hin, und wo du begraben wirst, da will ich auch begraben sein!“
    Und es war Hochzeit am nächsten Tag, ein Hochzeitsfest, an welchem viele, viele teilnahmen und über welches sich das ganze Land freute.
    Eben ordnete sich im großen Bankettsaal der Zug, um nach dem
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