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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Autoren: Karl May
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Ich bin ein ebenso sonderbarer Kauz wie er. Ich habe das Leben genossen; ich bin satt. Ich habe eingesehen, daß es nur das eine Glück gibt, welches er jetzt erstrebt. Er soll glücklich sein. Man mag mir alles nehmen und mich hier hinausjagen; ich lache darüber. Er wird zwar den Dienst quittieren müssen, aber er ist kein dummer Kerl, eine Anstellung ist ihm zweifellos sicher, wenn auch im Zivildienst. Na, dann mag er Ihre Schwester nehmen, und ich ziehe zu ihnen. Wir sind bescheiden und werden nicht verhungern.“
    Holm erhob sich von seinem Sitz und schritt erregt im Zimmer auf und ab. Endlich sagte er:
    „Das ist entweder eine Weltverachtung oder eine Hochherzigkeit, welche ich nicht erwartet habe. Sie sprechen wirklich im Ernst, gnädiger Herr?“
    „Vollständig! Ich bin überzeugt, daß Hilda wenigstens gerade so viel wert ist, wie mein morscher Stammbaum, unter dessen Zweigen ich baldigst verhungern würde.“
    „Sie würden also Ihr Jawort geben?“
    „Unbedingt!“
    „Hier meine Hand! Sie zwingen mir eine Hochachtung ab, welche nur Ihnen, nicht aber Ihrem adeligen Namen gilt. Da aber Sie so aufrichtig gegen mich sind, will ich es gegen Sie auch sein. Hilda hat von mir eine Beisteuer zu erwarten, welche sie wohl vor dem Verhungern schützen wird.“
    „Ah! Sie werden sie beschenken?“
    „Ja.“
    „Ich meine, Sie selbst sind arm?“
    „Ich hatte mir im Laufe meiner Kunstreisen eine Summe verdient, welche mir verlorenging. Das betreffende Bankhaus hat sich indessen mehr als erholt und mir den Verlust samt guten Zinsen zurückerstattet. Diese Summe bestimme ich zur Aussteuer meiner Schwester.“
    „Aber Sie brauchen es ja selbst!“
    „Nein. Meine Braut ist sehr reich, sie besitzt Millionen.“
    „Himmeldonnerwetter!“
    „Sie sehen, daß ich eine Wenigkeit verschenken kann.“
    „Dann allerdings, Sie Glückspilz! Nun, einige tausend Gulden in einer jungen Ehe sind eine große Hilfe.“
    „Nicht Gulden, sondern Dollars.“
    „Ah!“
    „Ja. Ich war Virtuose. Manches Konzert brachte mir bis fünftausend Dollars ein.“
    „Was Sie da sagen!“ meinte der erstaunte Hagenau.
    „Darum ist es mir jetzt möglich, meiner Schwester über zweimalhundertausend Dollar mitzugeben.“
    Hagenau hatte den Mund weit auf. Erst nach einer langen, langen Weile sagte er silbenweise:
    „Zwei – mal – hun – dert – tau – send – Dollars. Das ist ja eine halbe Million Gulden!“
    „Hilda soll nicht darben. Jetzt denken Sie von der Sache, was Sie wollen. Bitte, sagen Sie dem Herrn Leutnant nichts davon. Bleiben die beiden ihrer Liebe treu, so soll das Glück nicht ausbleiben!“
    Er ging. Der Alte aber stand am Fenster, blickte ihm strahlenden Auges nach und murmelte:
    „Eine halbe Million! Gott stehe mir bei! Wer hätte das gedacht! Gerettet, gerettet! Und welche eine Schwiegertochter! Jetzt fange ich erst an, zu leben! Bisher bin ich zu dumm gewesen, wirklich glücklich zu sein!“ –
    Doktor Holm war von Grünbach herübergekommen, um den Fürsten zu empfangen. Er wartete bei seinem Vater, von dessen Logis aus man die nach Wildau führende Straße überblicken konnte. Er hatte noch nicht lange gewartet, so kamen zwei Kutschwagen. Er trat vor das Haus und wurde bemerkt. Die Wagen hielten, und die Herren stiegen aus – der Fürst, der Oberstaatsanwalt, Assessor Schubert und – der Paukenschläger Hauck, welcher gar nicht begreifen konnte, wie und wozu er in eine so vornehme Gesellschaft geraten war.
    Man begab sich in das nahe liegende Gasthaus, wo Holm die Ereignisse des gestrigen Tages und der vergangenen Nacht erzählte. Die Herren hörten natürlich mit gespanntester Aufmerksamkeit zu.
    „Recht so, daß Sie telegraphierten“, sagte der Fürst. „Die Kosten des Privatzugs sind nichts gegen das, was wir hier finden. Haben Sie nach der Kette und dem Kinderzeug gefragt und gesucht?“
    „Nein. Ich wollte Ihnen nicht vorgreifen.“
    „Sehr gut! Aber warum sollte ich hier Herrn Hauck mitbringen? Der steht gar nicht in Beziehung zu dieser Angelegenheit.“
    „Gar sehr, ganz im Gegenteil. Er hat die Täter am Gerichtsgebäude erwischt und wurde infolgedessen von Jakob Simeon niedergeschlagen. Und weiter! Herr Hauck, haben Sie Verwandte?“
    „Nein“, antwortete der Gefragte.
    „Gar keine? Gar niemanden? Besinnen Sie sich!“
    „Alles tot! Alles gestorben!“
    „Ein alter Herr, den ich kenne, muß Ihr Verwandter sein. Er heißt auch Hauck.“
    „Wohl nicht. Der einzige Verwandte, der
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