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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Autoren: Karl May
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da –“
    „Weiß – weiß, lieber Vater! Du bist nüchtern, und ich bin berauscht.“
    „So scheint es.“
    „Sie ist aber auch herrlich! Oh, Hilda, Hilda!“
    Er faltete die Hände zusammen, wie zum Gebet, und richtete den seligen Blick nach der Decke.
    „Holm? Hilda?“ fragte der Vater. „Ahne ich es?“
    „Ja. Laß dir erzählen!“
    Der Vater blieb eine sehr lange Zeit bei dem Sohn. Als er ihn sodann verließ, hatte sein Gesicht ein sehr ernstes, keineswegs aber unglückliches Aussehen. Er fragte, wo man Fräulein Holm plaziert habe, und suchte sie auf.
    Sie errötete verlegen, als sie ihn eintreten sah. Sie war ja bei ihm eingedrungen, ohne ihm um Erlaubnis gefragt zu haben. Er sah es, er legte ihr die Hand auf den schönen Kopf und sagte:
    „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Fräulein Hilda! Sie haben mir heute nacht meinen Sohn erhalten, indem Sie ihm das Leben retteten –“
    „O nein“, fiel sie schnell ein, „er war vielmehr unser Retter.“
    „Nein. Der Lauf des Gewehrs war bereits auf ihn gerichtet, da fielen Sie dem Mörder in den Arm und hatten den Mut, mit ihm zu kämpfen. Das werde ich Ihnen nicht vergessen. Gott segne Sie! Sie haben sich des Verwundeten angenommen. Betrachten Sie dieses Haus als das Ihrige. Man wir Ihre Befehle respektieren.“
    Er ging.
    Was hatte das zu bedeuten? Das war mehr als die Höflichkeit der Gastfreundschaft. Sie sollte sich förmlich als Schloßherrin betrachten! Dieser Gedanke trieb ihr das Blut in die Wangen. Herrin auf Schloß Reitzenhain, Frau von Hagenau! Sie senkte das Köpfchen wieder und griff mit der Hand nach dem klopfenden Herzen.
    „Ja, der Leutnant war nicht schön, aber so lieb und gut. Welch ein Glück, dem Mann zeigen und beweisen zu können, daß man ihn nicht wegen so wertloser, vergänglicher Eigenschaften liebt!“
    Am frühen Vormittage stellte sich Holm ein, um nach dem Verwundeten zu sehen. Er stellte sich natürlich zunächst dessen Vater vor, der ihn mit offenbarer Hochachtung empfing. Er stand bereits im Begriff, sich zu empfehlen, da bat der alte Herr ihn, noch für einige Augenblicke zu bleiben.
    „Ich möchte eine Angelegenheit berühren“, sagte er, „welche für mich von allergrößter Wichtigkeit ist und jedenfalls auch Sie berührt, Herr Doktor. Ich liebe die Offenheit, und Sie sind ein Ehrenmann. Mein Sohn hat mir vorhin mitgeteilt, daß er Ihre Schwester liebt.“
    Holm zeige keine Spur von Überraschung. Er nickte leise mit dem Kopf und sagte:
    „Ich weiß es. Natürlich mißbilligen Sie diese Liebe?“
    „Ich habe sehr triftige Gründe dazu, es zu tun!“
    „Das begreife ich und kann Ihnen gar nicht zürnen. Leider muß ich annehmen, daß seine Liebe erwidert wird.“
    „Ah! Was Sie sagen!“
    „Ja. Hilda ist – oh, ich bin der Bruder und darf sie nicht loben. Sie braucht vor keiner Dame von tausend Ahnen zurücktreten; aber ich sehe ein, daß diese Neigung aussichtslos ist, und so werde ich mich arrangieren. Ich gehe in nächster Zeit mit meiner Braut nach Italien und werde Hilda mitnehmen.“
    „Also dieser Liebe wegen?“
    „Ja.“
    „Sie meinen, daß die beiden einander vergessen werden?“
    „Ich will es wenigstens versuchen. Doch ist Hilda ein so tief gegründetes Gemüt, daß ich bei ihr an diesen Erfolg fast nicht zu glauben wage.“
    „Warum ihr also den Schmerz bereiten? Lassen Sie sie doch lieber hier!“
    „Hier lassen? Ah, Sie sehen mich erstaunt, gnädiger Herr. Ich denke, Ihnen beweisen zu wollen, daß –“
    „Papperlapapp!“ wurde er unterbrochen. „Daß Sie brav sind und ein Ehrenmann, das weiß ich. Ich verkehre ja mit Ihrem Vater. Ich habe schon vorher zu meinem Sohn gesagt, daß ich mir keine bessere Schwiegertochter wünschen könne als Fräulein Hilda.“
    „Wie? Das hätten Sie gesagt?“
    „Ja. Freilich ahnte ich nicht, daß es meinem Jungen in Wirklichkeit einfallen werde, sie zu lieben. Lassen Sie uns aufrichtig sprechen. Ich bin ein Lebemann, aber ein schlechter Rechner gewesen. Ich stehe jetzt vor dem nackten Nichts. Mein Sohn hat davon keine Ahnung gehabt; er hat mich vielmehr für kolossal reich gehalten und nach diesem Maßstab gelebt. Ich war gezwungen, ihm die Augen zu öffnen und ihm zu sagen, daß nur eine reiche Verbindung uns retten könne. Der gute Junge war bereit, uns zu retten; da aber sah er Ihre Schwester, und jetzt teilt er mir mit, daß er lieber hungern werde, als sich einer anderen verkaufen.“
    „Sie werden ihm sehr zürnen!“
    „Gar nicht.
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