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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Autoren: Karl May
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Hätte man mehr in sie gedrungen, so hätte man vielleicht erfahren, daß Brandt, der frühere Fürst von Befour, daran schuld sei. Er hatte alle diese Paare in heimlicher Weise in Beschlag genommen.
    Da kam die Rede wieder einmal auf das neue Schloß, welches Brandt bauen ließ, und Alma bat, es sehen zu dürfen, obgleich es noch lange nicht fertig sei.
    „Gut“, antwortete er, „fahren wir übermorgen hinauf. Die Bahn bringt uns nach Brückenau, und dann nehmen wir Pferde.“
    So geschah es. Als sie sich im Bahncoupé gegenübersaßen, lächelte er so eigentümlich geheimnis- und verheißungsvoll vor sich hin, daß es ihr auffallen mußte.
    „Du hälst mir irgend etwas verborgen, lieber Gustav?“ sagte sie. „Gestehe es!“
    „Ja, ich will es dir gestehen“, antwortete er.
    „Was ist es?“
    „Ein Glück. Warte nur noch kurze Zeit.“
    Als sie in Brückenau anlangten, hielt eine prachtvolle Equipage, mit vier echten Arabern bespannt, vor dem Perron. Brandt führte die Geliebte zu dem Wagen.
    „Ist er dein?“ fragte sie.
    „Nein, dein, mein Herz. Was du jetzt erblickst, sobald wir die Stadt verlassen, ist alles dein.“
    Im Galopp ging es von dannen. Bald sahen sie rechts den Gottes-Segen-Schacht liegen. Vor dem Ort gab es einen hohen Triumphbogen. Da stand der Pfarrer, der alte Förster Wunderlich und auch Eduard Hauser an der Spitze der ganzen Gemeinde, um die Herrschaft willkommen zu heißen. Böller krachten, und die Glocken läuteten. Sie stiegen aus.
    „Das überrascht mich“, sagte Alma.
    „Diese ganzen Ländereien gehören uns. Ich habe sie gekauft“, erklärte er.
    Der alte, brave Wunderlich drückte dem einstigen ‚Vetter Arndt‘ kräftig die Hand. Er sowohl wie Hauser und der Pfarrer wurden von Brandt für morgen zur Hochzeit geladen. Alma hörte das.
    „Hochzeit? Morgen?“ fragte sie. „Bei wem?“
    „Das ahnst du nicht?“ antwortete er zärtlich.
    „Etwa bei uns?“ lächelte sie. „Das ist unmöglich.“
    „Wollen sehen!“
    Sie fuhren weiter. Nach einer Weile ließ er mitten im Wald, mitten auf der Straße halten. Da führte links ein schmaler Fußweg in das Gebüsch hinein. Er ergriff Almas Arm und schlug diesen Weg mit ihr ein.
    Sie fragte nicht, sie ließ ihn gewähren.
    Der Weg führte immer steiler und steiler bergan. Alma blieb zuweilen für einen Augenblick stehen, teils um Atem zu holen, teils um sich erstaunt umzublicken.
    „Wie seltsam!“ sagte sie. „Es ist hier ganz genauso, wie in der Tannenschlucht, da links die Tiefe und da oben vor uns der hohe Aussichtspunkt.“
    Er lächelte vergnügt in sich hinein und führte sie weiter. Endlich erreichten sie die Höhe. Da standen einige Büsche. Sie schritten um diese herum und dann, ja dann stieß Alma einen Ruf des Entzückens aus. Sie befanden sich auf einem schmalen, von einem festen Geländer eingefaßten Felsplateau, von welchem aus man eine weite, weite Fernsicht über Wald und Berg bis hinab in das Niederland genoß. Das Gesicht Almas strahlte vor Entzücken.
    „Ist das möglich?“ fragte sie. „Ganz genau wie auf dem Tannenstein. Welche eine Überraschung, mein lieber, lieber Gustav!“
    Sie schlang die Arme um den Geliebten und küßte ihn zärtlich auf die Lippen.
    „Weiß du noch?“ fragte er, auf das Geländer deutend.
    „Was?“
    „Hier lehnten wir, und ich nannte dich meinen lieben, süßen Sonnenstrahl.“
    „Ja. Und da kamen die beiden, der Cousin –“
    „Den ich da hinabwerfen wollte –“
    „Und der Hellenbach –“
    „Den ich dann ermordet haben sollte!“
    „Bitte, denken wir nicht an diese beiden! Aber die Täuschung ist wirklich zu groß. Wie hast du das alles fertigbringen können? Man glaubt wirklich, auf dem Tannenstein zu sein. Und da führt auch der Weg rechts in die Büsche, ganz so, als ob man da nach Schloß Hirschenau gelangen könne. Das liebe Schloß! Daß es damals abbrannte! Ich hatte meine Kinderjahre dort verlebt.“
    Er nahm ihren Arm in den seinigen und führte sie weiter, zwischen die Büsche hinein. Als sie da eine Strecke fortgegangen waren, fragte er:
    „Kannst du dich noch erinnern, wie Schloß Hirschenau ausgesehen hat?“
    „Oh, sehr gut. Ich glaube, ich könnte es sofort in allen Details auf Papier zeichnen.“
    „So wie das?“
    Er deutete aufwärts. Sie hatten den Rand des Buschwerks erreicht. Alma blickte auf. Da lag es, ihr Geburtsschloß, welches die Schmiede weggebrannt hatten, ganz, ganz genau wie früher!
    Sie sagte kein Wort, aber sie biß
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