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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken
Autoren: Karl May
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möglich, daß ich ihr lieber wäre als er? Dann wäre mir geholfen! Welch ein Streich! Sie kann sich nicht glücklich fühlen; ich erlöse sie von diesem Hellenbach, indem ich sie für mich erobere; ich trete als ihr Retter auf. Ich bin überzeugt, daß ihr mein Antrag hoch willkommen ist. Zwar soll sie diesem widerwärtigen Brandt gut sein; aber das ist ja gar nicht zu rechnen. Die Baronesse Alma von Helfenstein und ein Polizeibeamter! Pah! Das ist eine Liebelei, die ich vergeben kann, da ja auch ich den Freuden der Liebe nicht abgeneigt bin. Sie ist auf dem Tannenstein. Also hin zu ihr!“
    Er wendete sich dem letztgenannten Ort zu. –
    Der Hauptmann von Hellenbach hatte sich direkt zum Besitzer des Schlosses begeben wollen, um seine Ankunft zu melden; da aber war die Zofe Ella aus der Tür getreten. Sie hatte grüßend an ihm vorüber gewollt; er aber hielt sie durch eine Handbewegung an und fragte:
    „Ist das gnädige Fräulein zu sprechen?“
    „Nein. Sie ist ausgegangen.“
    „Wohin?“
    „Nach dem Tannenstein.“
    „Aber der Herr Baron ist disponibel?“
    Da fuhr ihr ein Gedanke durch den Kopf. Wie nun, wenn sie ihrer Herrin den verhaßten Verlobten sofort auf den Hals hetzte? Alma war gegangen, um sich innere Ruhe zu holen; es mußte ihr äußerst unangenehm sein, dem aufgezwungenen Bräutigam zu begegnen. Darum antwortete Ella auf Hellenbachs Frage:
    „Ich glaube kaum. Der Herr Baron sind jetzt noch von den Dispositionen für die Jagd außerordentlich in Anspruch genommen. Aber das gnädige Fräulein würde sich gewiß freuen, Ihnen auf dem Tannenstein zu begegnen. Es ist so einsam dort, und die Gegend ist seit einiger Zeit fast unsicher zu nennen.“
    „Ah! Wirklich? Hm! Ich erinnere mich des Tannensteins. Ich werde ihn finden, Sie haben recht. Ich darf den Baron nicht stören.“
    Er ging. Es war keine glühende Leidenschaft, welche er bisher für Alma gefühlt hatte. Sie war schön, reich und von reinem, alten Adel. Die Verbindung war eine vorteilhafte zu nennen. So hatte er sich gesagt. Aber als er nun durch den Wald ging, um das schöne Mädchen aufzusuchen und mit demselben von dieser Verbindung zu sprechen, da wurde es ihm denn doch recht eigentümlich zumute. Es war ihm, als sei Alma bereits ein Stück von ihm selbst geworden, ein Teil seines eigenen Wesens, auf den er unmöglich verzichten könne. Er ahnte es nicht; aber er trug doch eine tiefe Liebe zu dem herrlichen Mädchen in seinem Herzen.
    Bei einem früheren Besuch hatte er den Tannenstein kennengelernt. Er hatte jetzt geglaubt, den Weg leicht finden zu können, aber er mußte bald einsehen, daß er in die Irre gegangen sei. Er mußte seine Richtung ändern, und so dauerte es ziemlich lange Zeit, ehe er sein Ziel erreichte.
    Unterdessen hatte auch die Zofe Ella das Schloß verlassen. Sie wollte ihr Vorhaben ausführen und ihren Bruder vor Gustav Brandt warnen.
    Gar nicht weit von dem Jagdschlosse Hirschenau lag das kleine Dörfchen Helfenstein, in welchem ihr Bruder wohnte. Er war der gegenwärtige Anführer der Schmuggler. Ella wußte das, hütete sich aber natürlich, es zu verraten. Sie fand ihn daheim und erzählte ihm, was in dem Brief Brandts gestanden hatte. Er lachte höhnisch und sagte:
    „Deine Warnung ist überflüssig; ich bin bereits unterrichtet. Wir haben in der Residenz unsere Spione, welche uns gut bedienen, weil sie gut bezahlt werden. Daß Brandt kommen wird, habe ich ebenso genau gewußt, wie daß man uns auch Militär senden wird. Brandt ist ein junger Kerl, aber trotzdem ein gescheiter Kopf. Er hat sich bereits vielfach ausgezeichnet und steht in Ansehen bei seinen Vorgesetzten. Er wird sehr schnell Karriere machen; aber er soll sich hüten, mit uns anzubinden. Sie senden gerade ihn, weil er hier geboren ist und alle Schliche kennt; aber mir ist er doch nicht gewachsen. Wenn er mir unbequem wird, hat es mit ihm ein Ende.“
    Sie erschrak. Brandt war eine Zeitlang heimlich ihr Abgott gewesen; sie liebte ihn eigentlich noch; er aber hatte alle ihre Bemühungen, ihn in ihre Netze zu ziehen, siegreich abgeschlagen. Jetzt drohte ihm Gefahr.
    „Du willst ihn töten?“ fragte sie.
    „Das wird sich finden. Ich habe bei meinen Paschern eine eiserne Disziplin eingeführt. Sogar von der Todesstrafe mache ich Gebrauch. Einen Feind, der unsere Sicherheit bedroht, werde ich natürlich noch weniger schonen als einen meiner Untergebenen. Übrigens werden wir wohl nicht so leicht miteinander in Kollision geraten. Ich
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