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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Autoren: Karl May
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trage.“
    „Ich bezweifle es nicht.“
    „Hm! Man gibt sich jetzt aus. Man muß zu sehr wagen. Ich stecke mein ganzes Vermögen und all meinen Kredit in diese Lieferungen.“
    „Aber man verdient ungeheuer dabei.“
    „Bloß eine Kleinigkeit, mein Lieber. Wird der Kaiser abermals geschlagen, so bin ich für immer ein ruinierter Mann.“
    „Ihre Lage wird dann durch die tausend Francs, welche Sie mir jetzt geben, nicht verschlimmert werden.“
    „Nein. Und so sollen Sie das Geld haben. Hier! Aber Sie schreiben ganz bestimmt?“
    „Ja. Aber wohin?“
    „Zunächst bleibe ich ja noch hier. Und später werden mir Ihre Briefe auf das sicherste nachgesandt, wenn Sie dieselben an meine gegenwärtige Adresse schicken.“ –
    Fast um dieselbe Zeit, in welcher der Kapitän von Paris aufbrach, wanderte ein junger Mann auf der Straße daher, welche über Bouillon nach Sedan führt. Bouillon ist ein trauriger Ort, er liegt an dem Semoyflüßchen in einer tiefen Schlucht der Ardennen. Es ist dies dasselbe Örtchen, welches durch den Namen des großen Kreuzfahrers, des Eroberers von Jerusalem, Gottfried von Bouillon, seine Berühmtheit erhalten hat.
    Es war ein schlimmer Gewittertag. Die Dämmerung brach bereits herein, und der Regen goß in Strömen vom Himmel herab. Dazu war der Kot auf der sogenannten Straße so tief, daß man die Füße kaum aus demselben herausziehen konnte. Daher war der Wanderer froh, als er die ersten Lichter von Bouillon erblickte, wo er zu bleiben beschloß.
    Er suchte nach der Herberge des Ortes und erkannte sie trotz der Dunkelheit und des strömenden Regens an dem großen Weinglas, welches man über der Tür herausgesteckt hatte. In der niederen Stube, welche nur durch einen Kienspan erleuchtet wurde, befand sich kein Gast. Nur der Wirt mit seiner Frau, ein paar alte Leute, saßen an einem schmutzigen Tisch.
    Der Eintretende grüßte höflich, doch wurde sein Gruß sehr mürrisch erwidert.
    „Darf ich mir am Ofen meine Kleider trocknen?“ fragte er.
    „Lehnt Euch hinan“, lautete die Antwort.
    „Und kann ich ein Abendbrot erhalten?“
    „Milch und ein Stück Brot. Wir sind hier arme Leute. Wohin wollt Ihr noch?“
    „Bei diesem Wetter nicht weiter.“
    „Ah, Ihr wollt doch nicht etwa hier bleiben?“
    „Warum nicht?“
    Der Wirt warf einen scheuen Blick auf ihn und fragte: „Woher seid Ihr?“
    „Aus Paris.“
    „Und woher kommt Ihr jetzt?“
    „Aus Lüttich.“
    „Mein Gott, wo die Preußen sind?“
    „Ja. Ich bin vor ihnen geflohen.“
    „Da habt Ihr recht getan. Sie wollen wieder Krieg anfangen, aber der Kaiser wird sie auf die Finger klopfen. Was seid Ihr denn eigentlich?“
    „Ein Musikant.“
    „Ihr habt doch kein Instrument bei Euch!“
    „Die Preußen haben mir meine Geige genommen.“
    „Ihr armer Mann. Ja, sie sind Diebe und Räuber, welche der Kaiser bald fortjagen wird. Habt Ihr denn eine Legitimation bei Euch?“
    „Ja.“
    „Das ist gut. Zeigt Sie her. Ohne ein solches Papier darf man keinen Fremden aufnehmen. Es ist uns streng verboten worden.“
    „Warum?“ fragte der Fremde.
    „Weil die Preußen viele Spione hier in das Land schicken.“
    „Hm, das ist ein sehr gefährliches Handwerk.“
    „Es soll aber sehr gut bezahlt werden. Unterdessen müssen ehrliche Leute hungern.“
    „Ist Bouillon so arm?“
    „Es war bereits vor dem Krieg sehr arm; aber durch den Krieg ist es noch ärmer geworden. Daran war die Kriegskasse schuld.“
    „Welche Kriegskasse?“
    „Das wißt Ihr nicht?“
    „Nein. Ich bin ja aus Paris und nicht von hier.“
    Der Alte warf einen beobachtenden Blick auf den Fremden und fragte:
    „Was sind Eure Eltern, Herr?“
    „Mein Vater ist nur ein armer Weber.“
    „Ah, ein Weber! Die Bewohner von Bouillon sind alle arme Weber. Ihr seht so ehrlich aus, daß man wohl Vertrauen zu Euch fassen kann.“
    „Ich meine auch, daß Ihr es tun könnt.“
    „Nun gut. Legt ein tüchtiges Holzscheit in den Ofen, und dann will ich Euch die Geschichte von der Kriegskasse erzählen.“
    Der Fremde folgte dieser Aufforderung, wobei er von der Frau gefragt wurde:
    „Wollt Ihr Milch und Brot jetzt gleich essen?“
    „Wenn es Euch recht ist, ja.“
    „So seid so gut und zeigt uns Euren Paß.“
    Der junge Mann griff in die Tasche und zog ein sehr abgegriffenes Büchlein hervor, welches er der Frau gab. Diese reichte es ihrem Manne; dann ging sie hinaus, um das Abendbrot zu besorgen. Der Wirt nahm eine großmächtige Klemmbrille, eine sogenannte
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