Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ein Hauch erhöhter Jugend und gesteigerten Wohlbefindens durch die Versammlung zu wehen. Das ist stets der Fall, wenn ein Charakter naht, welchem die Stimme der Natur mehr gilt, als die störenden Ansprüche einer berechnenden und künstlich emporgeschraubten Welt.
    „Guten Tag alle mitsammen!“ rief er heiter, indem er sich umblickte. „Donnerwetter, ist das ein Weihnachten! Da bringt das Christkind Braut und Bräutigam. Ich wollte, ich könnte es auch noch einmal so gut haben. Langt zu, ihr Jüngeren! Wo ist denn dieser Mosiöh, der Herr Lieutenant von Wilmersdorf?“
    „Hier, Exzellenz“, meldete sich der Genannte, indem er vortrat und die Fersen klirrend zusammenschlug.
    Blücher betrachtete ihn vom Kopf bis zu den Füßen herab und sagte dann:
    „Also er ist der Urian, der mir die Brautführerschaft wegschnappen wollte? Mit ihm sollen doch gleich drei Schock Schulpferde durchbrennen!“
    Der Lieutenant wurde einigermaßen verlegen, faßte sich aber und sagte:
    „Mit Verlaub, Exzellenz, ich hatte keine Ahnung davon, daß ich mit meinem Oberfeldherrn rivalisierte. Ich trete feierlichst zurück.“
    „Er muß auch! Ob er das feierlich tut oder nicht, das kommt ganz und gar auf Seinen Geschmack an. Na, Scherz muß sein! Damit Sie aber sehen, Lieutenant, daß ich Sie nicht ganz berauben will, so sollen Sie wenigstens jetzt Gelegenheit erhalten, den Brautführer zu machen. Wo befindet sich Fräulein Margot?“
    „Im Nebenzimmer.“
    „Eigentlich hätte ich sie aufzusuchen; aber um Ihnen die besagte Gelegenheit zu geben, so gehen Sie einmal und bringen Sie sie mir.“
    Der Lieutenant entfernte sich eilig, um diesem Gebot Folge zu leisten. Unterdessen begrüßte Blücher Königsau und die anderen, als dann aber Margot eintrat, machte er eine Miene größter Überraschung.
    „Millionendonnerhagel!“ rief er. „Ist das wirklich unsere Margot?“
    Und recht hatte er. Ein wahrhaft reines und braves Mädchen macht als Braut den Eindruck, als ob es eine ganz andere sei.
    Blücher ließ sie nicht völlig herankommen, sondern er schritt in einer Haltung und mit einer Courtoisie auf sie zu, als ob sie die Prinzessin eines königlichen Hauses sei. Er zog ihre Hand galant an seine Lippen, blickte ihr liebevoll in die Augen, als ob er ihr Vater und sie seine Tochter sei und sagte dann mit sichtlicher Rührung:
    „Fräulein, wissen Sie, daß der alte Blücher nicht mehr lange leben wird? Wenn ich es mir auch nicht anmerken lasse, aber ich bin überzeugt, daß dieser armselige Klapperbein doch so langsam seine Hand nach mir ausstreckt. Es ist mir nicht viel Vergnügen mehr beschert, und so sage ich Ihnen aufrichtig, daß die Freude, welche ich gegenwärtig empfinde, wohl die beste und reinste sein wird, die ich noch genieße.“
    Diese Worte des alten Helden machten einen eigentümlichen, tiefen Eindruck, den er aber bald durch einige seiner jovialen, derben Scherzworte wieder zu verwischen trachtete. Es gelang ihm dies auch recht gut.
    Es hatte sich ganz von selbst herumgesprochen, daß Blücher sich ausgebeten habe, bei Königsaus Hochzeit der Führer der Braut zu sein. Daher kam es, daß in der Kirche ein so dichtgedrängtes Publikum vorhanden war, als ob Gottesdienst gehalten werde. Die anwesenden jungen Männer beneideten den Lieutenant um die schöne Französin, welche er sich als Kriegsbeute mitgebracht hatte, und alle Damen gönnten dem schönen, hochgewachsenen und mit einer solchen Narbe geschmückten Mann das Glück, welches er sich erobert hatte. Und sie alle, ohne Ausnahme, freuten sich darüber, daß Blücher um eines einfachen und armen Lieutenants willen die stolzen Regeln der hohen Gesellschaft verletzt hatte und nur seinem Herzen gefolgt war.
    Als die Trauung vorüber war und die beiden Glücklichen den Segen des Priesters empfangen hatten, nahm Blücher Königsau bei der Hand und sagte:
    „Junge, nun ist sie deine Frau. Halte sie wert wie den größten Edelstein, den es auf der Erde gibt. Tue mir das zu Gefallen!“
    Und Margot drückte er einen leisen Kuß auf die Stirn, bevor er ihre Hand ergriff und ihr sagte:
    „Mein Kind, er ist ein tüchtiger Kerl. Mache es ihm leicht, wenn das Leben ihm verweigert, was er verdient hat. Der warme Blick einer Frau macht alles Unrecht und alle Kränkung gut!“
    Er hatte ganz unwillkürlich, so wie es in seiner Gewohnheit lag, so laut gesprochen, daß man es durch die ganze Kirche hörte. Seine einfachen, schlichten Worte brachten eine tiefe Rührung hervor,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher