Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
erschrak.
    „Exzellenz“, beeilte er sich, zu antworten, „ich bin vollständig überzeugt –“
    „Oder, daß ich nicht diktieren kann?“ unterbrach ihn Blücher. „Dieses Gesuch ist ein stilistisches Meisterwerk, und der König bekommt es zu lesen. Damit basta und Punktum. Aber nun weiter. Wie steht es mit diesem Richemonte. Wollen wir ihn abfangen?“
    „Ich weiß nicht, ob dies möglich ist.“
    „Warum nicht? Du weißt ja seinen Aufenthalt?“
    „Aber Straßburg gehört zu Frankreich.“
    „Das ist egal. Wie heißt in Frankreich der oberste Ankläger?“
    „Generalprokurator.“
    „Nun gut. An diesen Generalprokurator schreibe ich. Ihm schicke ich die Anklage. Und dann will ich sehen, ob man es wagen wird, einen Antrag des alten Blücher unbeachtet zu lassen. Was hattet ihr diesem Richemonte an der Leiche seines Opfers abgenommen?“
    „Reillacs Börse und Brieftasche. Sein Wappen und Namenszug befinden sich darauf.“
    „Das ist hinreichend. Ihr habt die Leiche begraben, und du könntest die Stelle heute noch finden?“
    „Ganz gewiß.“
    „Es wäre ja möglich, daß man deine Gegenwart forderte. Hast du die Ermordung direkt gesehen?“
    „Nein.“
    „Das ist dumm. Nun kann er leugnen.“
    „Oh, doch nicht. Ich sah ihn mit Reillac beisammen. Nach einer Zeit von kaum fünf Minuten kehrte ich zurück. Richemonte war fort, Reillac aber lag erstochen am Boden. Er war noch warm. Es fehlten ihm die Gegenstände, welche wir dann bei Richemonte fanden.“
    „Das ist allerdings genug. Wie mag das Testament in die Hände des Kapitäns gekommen sein?“
    „Vielleicht ist es gefälscht. Ist es jedoch wirklich echt, so kann es für Reillac ja irgendeinen Grund gegeben haben, es den Händen Richemontes anzuvertrauen.“
    „Das ist wahr“, meinte Blücher. „Richemonte hat kein Vermögen?“
    „Nein, aber desto mehr Schulden, wie Exzellenz bereits wissen.“
    „Dann muß es allerdings verteufelt fatal für ihn sein, in diesem Testament ein riesiges Vermögen in der Hand zu halten, von welchem er nicht einen Heller erhalten wird.“
    „Deshalb will er Margot zu sich locken.“
    „Ja, er würde die Erbschaft für sie erheben und dann schleunigst durchbringen. Das soll ihm nicht gelingen. Na, übermorgen bin ich bei euch, da besprechen wir alles, und dann wird gehandelt. Jetzt kannst du dich von dannen trollen, mein Junge. Grüße mir die Margot und auch die anderen beiden Frauen! Das Abschiedsgesuch wird besorgt. Adieu.“
    „Adieu, Exzellenz!“
    Er ging. War er durch seine kaum überwundenen Leiden in eine trübe Stimmung und dann durch den Wink, seinen Abschied zu nehmen, verbittert worden, so hatte ihn jetzt die Unterredung mit dem alten Haudegen förmlich erquickt und wieder aufgerichtet. Er kehrte mit frischem Mut zu den Seinigen zurück.
    Zwar war es zutreffend, daß er keinen Reichtum besaß. Das kleine Gut, welches er sein Eigentum nannte, brachte nicht mehr ein, als er zur notwendigen Befriedigung bescheidenster Lebensansprüche bedurfte; aber wenn er die Augen seiner Margot so glücklich und vertrauensfreudig auf sich gerichtet sah, so war es ihm, als ob es niemals einen Tag geben werde, an welchem er mit seinem Schicksal hadern könne.
    „Hat er dich freundlich empfangen?“ fragte sie, als er sich neben ihr niedergelassen hatte.
    „Er hat mir wahrhaftig die alte Zuneigung und Güte bewahrt“, antwortete er. „Laß dir nur erzählen, meine Margot.“
    Er berichtete, und sie freute sich, als sie seine Augen nach so langer Zeit wieder vor Freude und Vergnügen leuchten sah. Und als er geendet hatte, meinte sie im Ton innigster Überzeugung:
    „Blücher ist nicht der Mann, etwas fallen zu lassen, was er einmal ergriffen hat. Glaube mir, daß er bemüht sein wird, dich für die Untätigkeit zu entschädigen, in welche man dich zwingen will.“
    Und sie hatte recht.
    Der Weihnachtstag kam heran, und Hugo erhielt das kostbarste Geschenk, welches ihm jemals an diesem Tag geworden war: ein Weib, wie es schöner, lieber und besser kein Mensch besitzen konnte.
    Wie entzückend war Margot in ihrem einfach weißen Brautkleid! Sie glich einem überirdischen Wesen und wurde durch keine Brillanten, durch kein Raffinement, sondern nur durch die eigenen Reize, die eigene Lieblichkeit geschmückt.
    Die Gäste waren schon alle versammelt, als der Marschall erschien. Er hatte seinen beiden Lieblingen zu Ehren seine beste Hof-, Parade- und Galauniform angelegt. So alt er war, als er eintrat, schien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher