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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Autoren: Karl May
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Das war ja nur im Spaß gesagt.“
    „Ich weiß das, und dennoch ist es bitterer Ernst. Mein Gedächtnis hat gelitten und ist nicht mehr zuverlässig.“
    „Doch bloß in dem einen, vorhin erwähnten Punkt.“
    „Bisher, ja. Aber es kann mich in jedem Augenblick, bei jedem Punkt, der vielleicht von größter, dienstlicher Wichtigkeit ist, ebenso verlassen.“
    „Donner und Doria! Wer sagt das?“
    „Die Ärzte, die mich behandelten und die als Sachverständige jetzt über meine Zukunft zu entscheiden haben.“
    Blücher blickte ihn mit einem ganz eigentümlichen Ausdruck an.
    „Sachverständige?“ fragte er. „Zukunft? Entscheiden? Ich verstehe das nicht.“
    „Ich wollte es auch nicht verstehen, sah mich aber bald dazu gezwungen. Ich werde meinen Abschied fordern müssen.“
    „Abschied? Kerl, ist Er verrückt?“ rief der Marschall.
    „Oh, man hat es mir bereits angedeutet.“
    Da trat Blücher an das Fenster, blickte ein Weilchen stumm hinaus und drehte, als er seiner Gefühle Herr geworden war, sich wieder um. Seine Wangen waren rot geworden, und seine Augen schimmerten feucht, als er in scheinbar ruhigem, aber aufrichtig herzlichem Ton sagte:
    „Also dir hat man angedeutet, daß du deinen Abschied fordern sollst? So einem jungen, talentierten und hoffnungsvollen Offizier. Was hast du zu tun beschlossen?“
    „Zu gehorchen.“
    „Auch wenn ich dir abrate?“
    „Auch dann.“
    „Millionendonnerwetter! Kerl, warum auch dann?“
    „Weil ich den Abschied erhalte, wenn ich ihn nicht fordere.“
    „Da werde ich mich denn doch in der Länge und der Breite dazwischen legen.“
    „Ich bin Exzellenz außerordentlich verbunden! Aber, darf ich aufrichtig sein?“
    „Rede nur gerade so, wie dir's vom Maule kommt.“
    „Ihre Intervention würde allerdings mächtig genug sein, mich zu halten; aber ich würde denn doch den Verhältnissen und den nächsten Vorgesetzten gegenüber zu kämpfen haben.“
    „Diese vorgesetzten Halunken sollte der Teufel holen!“
    „Das geht nicht so schnell. Es würde da Scherereien geben, die – – –“
    „Ja, ja“, fiel Blücher schnell ein. „Ich weiß, was du meinst. Es gibt so kleine, ganz kleine Teufeleien, die in fürchterlicher Menge und Schärfe kommen und gegen welche ich dich nicht schützen könnte. Ich kann dir da allerdings nicht Unrecht geben, armer Kerl!“
    „Und wie nun, wenn die Ärzte recht haben?“
    „Mit dem Rad im Kopf?“
    „Nicht in dieser Bedeutung, Exzellenz. Meine Denk- und Urteilskraft hat nicht im mindesten gelitten; wie aber, wenn dies nur so scheint? Meine Wunde verursacht mir mancherlei Schmerzen und Beschwerden. Wenn ich gerecht und unparteiisch denke, so muß ich die Möglichkeit zugeben, daß eine so bedeutende Hirnverletzung noch schwerere, unvorhergesehene Folgen nach sich ziehen kann!“
    „Mensch, du bist ein Schwarzseher.“
    „Ich bemühe mich nur, keine Möglichkeit unberechnet zu lassen.“
    „Mag sein! Aber schade, jammerschade ist es doch! Also du bist wirklich gewillt, um deinen Abschied einzukommen?“
    „Fest gewillt.“
    „Na, meinetwegen. Tue es. Aber wann denn?“
    „Sobald als tunlich!“
    „Unsinn! Hat dein Kopf etwa so gelitten, daß du über einem solchen Gesuch drei Vierteljahre zubringen wirst?“
    „Nicht ganz“, antwortete Königsau lächelnd.
    „So schreibe es heute.“
    „Exzellenz, ich erlaube mir die Meinung, daß – – –“
    „Unsinn! Maul halten! Wer hat hier eine Meinung zu haben, Er oder ich?“ donnerte da der Alte los. „Mache Er die Sache kurz. Hat Er während Seines Krankenlagers das Schreiben verlernt?“
    „Nein“, antwortete Königsau kurz.
    „Gut! Dort sieht Er Tinte, Papier und Gänsewische. Reiße Er sich eine Feder heraus. Das Messer, sie zu schneiden, liegt auch dort. Dann setze Er sich hin und fertige Er sein Gesuch. Aber so kurz wie möglich. Ich werde mir inzwischen eine andere Pfeife anbrennen. Also gehe Er los.“
    Königsau gehorchte. Er setzte sich. Auf dem Tisch lag der Flügel einer Gans, wie man sie zum Ausfegen und Abstäuben damals in Gebrauch hatte. Er riß sich eine Feder heraus, schnitt sie, da sie nicht gezogen war, mühsam zurecht und schickte sich an, zu schreiben.
    „Halt!“ meinte da der Marschall. „Wie denkt es sich besser nach, mit Pfeife oder ohne Pfeife?“
    „Mit!“ antwortete Königsau.
    „So stopfe dir eine, ehe du die Klexerei beginnst. Da, greif zu!“
    Der Lieutenant mußte gehorchen. Er stopfte sich eine holländische
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