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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Autoren: Karl May
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konnte, nun aber endete dieser Weg an einer kleinen Lichtung, auf welcher ein sehr primitives Gebäude stand, jedenfalls die Köhlerhütte, von welcher gesprochen worden war.
    Die Männer traten nicht ein, sondern schritten quer über die Lichtung hinüber. Königsau folgte ihnen, sich unter den Bäumen am Rand der Blöße haltend.
    Jetzt hatte der Pfad aufgehört, aber die Bäume standen breit auseinander, und das Terrain stieg langsam empor, daß man auch hier noch mit Wagen fahren konnte. Endlich kam man in eine breite Talmulde, welche fast bis zum Kamm des Gebirges emporzugehen schien, dann aber plötzlich in einen breiten, kluftartigen Riß überging, welcher sich nach links hinzog.
    In ihn bogen die beiden Männer ein, und der Deutsche folgte ihnen. Die Ränder der Schlucht waren dicht mit starken Bäumen besetzt, zwischen denen noch niederes Gebüsch wucherte. Da sie unten auf der Sohle der Schlucht fortschritten, so konnte er etwas höher parallel mit ihnen gehen und sie sogar reden hören. Jetzt, zum ersten Mal, sah er auch, daß es ein älterer und ein jüngerer Mann war. Der erstere hatte ein ungemein bärtiges Gesicht und in seinem Gang und in seiner Haltung etwas von einem Forstmann. Er mochte wohl ein fortgejagter Waldwächter sein. Seine Züge waren kühn und keineswegs abstoßend. Der andere trug auch einen Vollbart, der aber kurz und struppig war, weil er noch nicht lange Zeit gestanden hatte. Seine Haltung war gebückt, sein Gang schleichend, und sein Gesicht zeigte die Spuren einer durch Laster bereits zerrütteten Jugend. Königsau hielt ihn jeder Schandtat fähig.
    „Geht es noch weit?“ fragte dieser letztere.
    „Warte einmal!“ fragte der Gefragte lächelnd. Er musterte den Boden und fügte dann hinzu: „Gehe einmal zwölf Schritte langsam geradeaus!“
    Der Aufgeforderte tat dies.
    „Halt!“ kommandierte jetzt der andere.
    „Halt? Warum?“
    „Weil du jetzt gerade über der Kriegskasse stehst.“
    „Ah, sie liegt gerade unter mir?“
    „Ja.“
    „Wie tief?“
    „Ungefähr fünf Fuß.“
    „Da werden wir aber verteufelt zu graben haben.“
    „Nein; es geht ganz gut. Der Boden ist locker.“
    „Aber Hacke und Schaufeln?“
    „Gehe noch fünf Schritte geradeaus!“
    Der andere tat es.
    „Halt!“
    „Hier liegen sie?“
    „Ja, unter deinen Füßen.“
    „Wie tief?“
    „Nur so tief, daß du nichts als das Messer zu nehmen brauchst, um sie zu bekommen.“
    „Wollen wir gleich anfangen?“
    „Ja. Aber erst trinken wir einen Schluck.“
    Der Sprecher zog eine Branntweinflasche aus der Tasche, tat einen tüchtigen Schluck und reichte sie dann dem anderen hin, der auch davon trank und sie ihm dann zurückgab.
    Nun gruben sich die beiden zunächst Werkzeuge aus der Erde. Es waren zwei Spitzhacken und zwei Schaufeln.
    „Also sag mir, wie ich graben soll. Wie ist die Länge und die Breite der Grube?“
    „Sie ist ein Quadrat. Ehe wir die Hacken nehmen, müssen wir erst den Rasen mit den Schaufeln vorsichtig abstecken und abschälen. Er kommt später wieder drauf. Sonst würde man merken, daß hier gegraben worden ist.“
    Er nahm eine der Schaufeln und stach ein Quadrat des Rasens aus, welches abgehoben und zur Seite gelegt wurde. Dann begann die eigentliche Grabarbeit.
    Königsau hatte alles ganz deutlich gesehen und gehört. Er hatte sich höchstens fünfzehn Schritte oberhalb des Arbeitsortes ganz gemächlich unter die überhängenden Zweige einer starken Fichte niedergesetzt. Dort war der Regen nicht durchgedrungen; er hatte also einen bequemen Sitz, und wurde durch kleines, vorstehendes Strauchwerk so versteckt, daß er nicht bemerkt werden und doch alles genau beobachten konnte.
    Die beiden arbeiteten wohl eine halbe Stunde abwechselnd mit Hacke und Schaufel. Da endlich gab ein Hieb einen dumpfen, harten Ton.
    „Was war das?“ fragte der Jüngere.
    „Wir sind auf die Kiste gestoßen.“
    „Ah, das Geld ist in einer Kiste?“
    „Nein; in einem eisernen Kasten, aber dieser steht wieder in einer Kiste.“
    „Höre“, sagte der Jüngere, „ich will dir sagen, daß ich bis jetzt an der Wahrheit deiner Erzählung gezweifelt habe.“
    „Dummkopf!“
    „Ich dachte, du wolltest mich dadurch bewegen, deine Tochter zu nehmen.“
    „Unsinn! Die würde noch einen anderen Kerl kriegen, als du bist!“
    „Na, schön ist sie nicht.“
    „Wenn sie dir nicht paßt, kannst du ja gehen!“
    „Das fällt mir gar nicht ein! Also die Kriegskasse ist wirklich in dieser
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