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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Autoren: Karl May
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viel Geld.“
    „Von wem hast du es denn?“
    „Von dem Käufer. Er hat mir rund hunderttausend Rubel für unsere Besitzung bezahlt.“
    „Hunderttausend Rubel!“ riefen die Frauen erstaunt.
    „Ja, hunderttausend Rubel!“ entgegnete der Bauer im Ton selbstbewußter Befriedigung. „Wir kehren in die liebe Heimat zurück und können dort nun ohne schwere Arbeit und ohne alle Sorge leben. Wißt ihr, wer sich am allermeisten darüber wundern und ärgern wird.?“
    „Nun, wer?“
    „Unser nächster Nachbar, Sergius Propow.“
    „Ja, weil er nicht hat ahnen können, daß wir so reich sind.“
    „Oh, da irrst du dich gar sehr! Es ist ihm wohl bekannt, daß mein Gut eigentlich viel mehr wert ist als hunderttausend, denn er will es haben.“
    „Kaufen?“
    „O nein. Dazu ist er zu geizig und auch viel zu – klug. Man kann sich so ein Gut auch erheiraten.“
    „Erhei –“
    Der Bäuerin blieb das Wort im Munde stecken.
    „Vater!“ rief Mila erschrocken.
    „Nun, was meinst du?“
    „Dieser Sergius Propow sollte – sollte mich zur Frau haben wollen?“
    „Ja, das ist sein Wunsch. Ich habe es erst heute erfahren.“
    „In der Stadt?“
    „Ja. Vom Schneider, bei dem er sich einen neuen Rock hat machen lassen. Er hat diesem Mann unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt, daß er diesen Rock braucht, um dir einen Heiratsantrag zu stellen.“
    „Heilige Maria!“
    „Heute früh hat der Rock fertig werden müssen, und Sergius hat ihn sich geholt. Daraus schließe ich, daß er seinen Antrag baldigst machen will.“
    „Etwa gar noch heute? Aber, Vater, was wirst du dazu sagen? Du wirst ihm doch nicht etwa deine Einwilligung geben?“
    „Wie könnte ich das beabsichtigen! Ich habe doch verkauft. Wir ziehen ja fort. Daraus geht hervor, daß ich nichts von diesem Menschen wissen will. Kommt herein!“
    Damit ergriff Peter Dobronitsch die beiden Taschen und ging in das Haus, um sein Vermögen in sichere Verwahrung zu bringen. Mutter und Tochter blieben jedoch noch für einige Minuten stehen.
    Da deutete Mila plötzlich nach rechts, über das offene Feld hinaus, von woher man in sehr bedächtiger Eile einen Reiter nahen sah, und rief:
    „Mütterchen, dieser Reiter ist unser Nachbar Sergius Propow. Er kommt, mich von euch zu verlangen. Ich lasse mich gar nicht sehen. Dieser steife, ungelenke und dabei so heuchlerische Mensch ist mir so zuwider, daß ich eine Kröte lieber sehe als ihn. Komm herein! Wenigstens will ich nicht gleich die erste sein, die er erblickt.“
    Damit verschwanden die Frauen im Inneren des Eingangs, und wenige Minuten später machte der Betreffende vor diesem halt.
    Der herannahende Mann war spindeldürr. Sein Kopf hatte eine melonenartige, langrunde Form, so daß der hohe, schwarze, rauhhaarige Zylinderhut ganz eigenartig auf demselben saß. Unter einer schmalen Stirn trat zwischen zwei kleinen, grünlich gefärbten Äuglein eine scharfe, fast sichelförmig gebogene Nase hervor, deren Löcher sich so weit aufblähten, daß man ziemlich weit Einsicht in sie nehmen konnte. Das Gesicht war bartlos wie bei den meisten Frömmlern, die Lippen breit und der Mund voll schwarzer, modriger Zähne.
    Die langen, dürren Arme trugen Hände, aus denen man sechs andere hätte schnitzen können, und die krummen Beine endeten in Füßen, die für einen vorweltlichen Sohlengänger zugereicht hätten.
    Diese Gestalt steckte in einem engen, schwarztuchenen Rock, dessen Taille oben zwischen den Schultern saß, während die faltenreichen Schöße bis zu den Knöcheln hinabreichten. Der Hals war in eine so hohe, weiße Halsbinde eingeschnürt, daß der Mann das Kinn genau waagerecht halten mußte. An den Füßen trug er halblange, mit Talg eingeriebene Stiefel, an denen ein paar mächtige, pfundschwere eiserne Sporen befestigt waren.
    Über die Hände hatte er schwarzlederne Handschuhe gezogen, die elegant sein sollten und daher so eng gewählt worden waren, daß er seine Finger nur nach stundenlanger Anstrengung hatte hineinarbeiten können. Nun aber mußten alle zehn Finger steif geradeaus stehen, denn wenn dieser Mann die Hände hätte zumachen wollen, so wären ihm sämtliche Teile und Zwickel der Handschuhe zerplatzt.
    Also dieser Adonis hielt sein Pferd vor der Tür an, stieg sehr, sehr langsam und sehr, sehr gravitätisch aus dem Sattel, band sein Pferd sehr vorsichtig an einen dazu in die Erde gerammten Pfahl und stieg dann die Stufen hinan, die zur Tür führten. Dieses Steigen geschah so, wie
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