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5 Tage im Sommer

5 Tage im Sommer

Titel: 5 Tage im Sommer
Autoren: Kate Pepper
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sich, was dieser Mann wohl auf dem Herzen hatte, nahm sich aber nicht die Zeit nachzufragen.
    Er ging links den Korridor hinunter, am Archiv vorbei zur Einsatzzentrale. Eine junge Frau, die noch aussah wie eine Studentin, tippte gerade etwas in ihren Computer. Sie war ihm gestern vorgestellt worden, wenn er sich recht erinnerte, sogar als Detective. Das schien ihm allerdings höchst unwahrscheinlich. Mit ihrem langen dunklen Haar und ihrer guten Figur war sie viel zu hübsch für einen Cop.
    »Morgen!«
    »Ihnen auch einen guten Morgen«, erwiderte die Frau knapp.
    Diesen Ton gewöhnte man sich wahrscheinlich an, wenn man ständig lüsternen Blicken ausgesetzt war.
    »Ich suche Detective Snow. Schon gesehen?«
    »Ist wegen einer Vermisstenanzeige unterwegs.«
    »Draußen am Empfang ist ein Typ, der ihn ziemlich dringend sprechen will. Wahrscheinlich ein Verwandter.«
    »Ich sag ihm Bescheid, wenn ich ihn sehe.«
    Geary überlegte kurz, ob er zurückgehen und Will Parker Bescheid sagen sollte, beschloss aber, sich nicht einzumischen. Al Snow würde schon auftauchen.
    Er machte sich auf den Weg ins Archiv. Nur die Fälle der letzten zwanzig Jahre waren im Computer gespeichert, das hieß, dass noch eine ganze Menge ungelöster Fälle in Akten archiviert waren. Geary schaute sich jeden einzelnen ungelösten Fall an, immer auf der Suche nach Mustern und Wiederholungen. Das Mashpee Police Department war bereits seine siebte Station, angefangen hatte er in Framingham bei der Middleboro State Police.
    Nach gerade einmal einer halben Stunde brauchte er einen Kaffee. Das Alter setzte ihm zu. Mittlerweile brauchte er nicht nur eine Brille, sondern auch flüssige Stimulation, um eine längere Lektüre durchzuhalten. Er räumte seine Papiere zusammen und ging den Korridor hinunter zur Küche, die sich in einem kärglich eingerichteten weißen Raum befand. Ein weißer Resopaltresen trennte die Kochnische von zwei runden Tischen. An einem davon saß Al Snow und aß Rührei mit gebuttertem Toast aus einer Styroporschale. Er führte gerade einen Becher Kaffee an seine Lippen, als Geary den Raum betrat.
    »Guten Morgen, Detective.«
    »Guten Morgen, Mister Geary«, entgegnete Snow und stellte den Kaffee ab.
    Geary verschluckte die spitze Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag. Er war es gewohnt, mit »Dr. Geary« oder »Special Agent Geary« angesprochen zu werden. An Mister Geary konnte er sich einfach nicht gewöhnen, doch das brachte der Ruhestand nun einmal mit sich.
    Snow häufte Rührei auf eine angebrannte Scheibe Toast. Eine lange schwarze Strähne seines quer über den Schädel gekämmten Haars machte sich selbständig, als er sich vorbeugte, um abzubeißen. Wenn er zehn Kilo abnehmen und zu seiner Glatze stehen würde, hätte er möglicherweise größere Chancen in den Single-Bars. Er war ein Bär von einem Mann, einer dieser kumpelhaften Typen, an deren Anwesenheit niemand etwas auszusetzen hatte. Leutselig, wie ein Hutständer oder ein Handtuch mit Initialen. Und damit absolut nicht Gearys Fall.
    Geary wollte sich einen Kaffee einschenken, doch die Kanne war leer. Ihm kam eine Idee.
    »Wie heißt das Mädchen vorn am Empfang?«
    »Suellen, und sie ist kein Mädchen mehr. Könnte meine Mutter sein.«
    »Ich glaube, Sie sehen beide jünger aus, als Sie sind.«
    Snow zog seine schwarzen Augenbrauen hoch und lächelte. »Am Donnerstag feiern wir ihren Geburtstag. Um fünf Uhr. Kommen Sie doch vorbei. Es gibt auch Torte.«
    »Dann werde ich mal zu Suellen gehen und die Lage auf dem Kaffeesektor klären. Aber keine Sorge, ich verrate nichts.« Geary legte den Finger auf seine Lippen.
    Draußen in der Halle lehnte er sich vor der Glasscheibe auf den Empfangsschalter. »Der Kaffeenachschub stockt. Snow sitzt in der Küche und hat mich hergeschickt.«
    Parker sprang auf. »Detective Snow ist hier?«
    »Wie bitte?« Geary tat, als hätte er Will Parkers Anwesenheit vollkommen vergessen.
    »Snow ist in der Küche?« Parker war aufgesprungen.
    »Ich habe ihm gesagt, dass Sie warten, aber ich vermute, er hat eine lange Nacht hinter sich. Braucht sein Tässchen Muntermacher.«
    Suellen war tatsächlich ein wenig älter, als Geary auf den ersten Blick gedacht hatte. Sie hatte kurzes grau meliertes Haar und wirkte gemütlich. Zu seiner Zeit hatte er nicht allzu viele Frauen im Dienst erlebt, und daher fiel es Geary noch immer schwer, sie einzuschätzen.
    »Im Schrank unter der Kaffeemaschine müssen noch mindestens fünfzig Pakete sein«,
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