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5 Farben Blau

5 Farben Blau

Titel: 5 Farben Blau
Autoren: Kajsa Arnold
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Nervosität Luft machen. Ich warte bereits seit einer Ewigkeit, einen der anderen vierundzwanzig Aufzüge habe ich nur um eine Nasenlänge verpasst.
    Der Messeturm in Frankfurt. 257 Meter hoch, macht der Art déco Turm aus rot poliertem Granit wirklich etwas her, vor allem als Firmensitz. Ich kann es nicht glauben, dass Alex hier arbeitet. Aber wäre dies auch ein Arbeitsplatz für mich? Meine Stimmung ist heute nicht die Beste, dabei bin ich kein launischer Mensch. Es ist nur so, dass meine berufliche Niederlage an meinen Nerven zerrt. Ich habe mir nicht die Nächte mit Meeresbiologie und Wirtschaftswissenschaften um die Ohren geschlagen, damit ich als graue Büromaus ende.
    Hinter mir bildet sich eine Traube von Menschen, die auch in die oberen Stockwerke wollen. Endlich ertönt der Gong und die Türen des Aufzugs gleiten auseinander. Der Fahrstuhl kommt aus der Tiefgarage, ein einziger Fahrgast steht an der hinteren verspiegelten Wand. Ich schlüpfe schnell hinein, ohne genau hinzuschauen, und werde von der Menschenmasse nach hinten gedrückt. Sofort macht sich meine Klaustrophobie bemerkbar. Hoffentlich hat jemand den obersten Knopf betätigt, damit ich in der richtigen Etage lande.
    Nervös zupfe ich an meiner Jacke. Dunkelblau passend zu meiner hellblauen Bluse und der weißen Hose. Ich schaue an mir herunter und denke plötzlich, dass mein Outfit aussieht, als wäre ich auf dem Weg zu einem Segeltörn. Na toll, jetzt ist es zu spät, um mich für das Vorstellungsgespräch noch einmal umzuziehen.
    Die Anzeige zieht meinen Blick magisch an. Etage neunundvierzig, fünfzig. In fast jedem Stockwerk halten wir und Menschen steigen aus, um nach der Mittagspause an ihren Arbeitsplatz zurückzuhasten. Ich schaue eher zufällig an die Spiegelwand und denke, mich trifft der Schlag. Ich sehe direkt in die Augen des Typen, der heute Morgen an unserer Tür auf Alex gewartet hat. Wieder beobachtet er mich ungeniert, vermutlich seit fünfzig Stockwerken. Wieder starre ich zurück. Nicht durch den Spiegel, sondern direkt. Unsere Blicke treffen sich und mir wird plötzlich ganz flau im Magen, es ist gut, dass ich bereits an der Wand lehne. Was ist es nur mit seinen Augen, dass es mir schon wieder eiskalt den Rücken herunterläuft? Wenigstens bin ich sicher, dass ich nun angemessen gekleidet bin, dennoch erwische ich mich dabei, wie die Finger meiner linken Hand erneut zu meiner Jacke gleiten wollen, um sie ein wenig zurechtzuzupfen. Beinahe muss ich mich zwingen, es nicht zu tun.
    Die Muskeln im Gesicht meines Gegenübers spannen sich an, fast unmerklich, nur für einen winzigen Augenblick. Wollte er etwas sagen? Sollte das ein Lächeln werden? Oder fühlt er sich von meiner Anwesenheit in diesem Aufzug belästigt? Es muss an seiner Körpergröße liegen, denn ich werde das Gefühl einfach nicht los, als würde er abschätzig auf mich herunterzublicken.
    Die oberste Etage. Endlich. Mein Ziel. Wir sind mittlerweile die einzigen Fahrgäste, stehen in gegenüberliegenden Ecken, wie zwei Boxer vor einem Kampf. Man könnte meinen, dieser Typ leide am Schlechte-Laune-Syndrom, ein Lächeln suche ich bei ihm vergeblich. Vielleicht kann er mich auch einfach nicht leiden.
    Die Tür geht auf und ich will davonhasten, nur weg aus dieser engen Kabine mit ihren Spiegelwänden. Im selben Moment setzt sich der Unbekannte ebenfalls in Bewegung und wir stoßen zusammen. Ich reiche ihm gerade mal bis zur Schulter, pralle förmlich an diesem Berg von Mann ab.
    »Nach Ihnen.« Keine Entschuldigung, er lässt mir nur den Vortritt. Seine Stimme ist leise und tief. In ihrer stoischen Ruhe liegt ein energischer Unterton, der mich aufhorchen lässt.
    Im Vorbeigehen nehme ich seinen Duft wieder auf. Er riecht so männlich, immer noch, wie heute Morgen. Dabei sind es draußen mindestens 28 Grad und er ist schon seit Stunden unterwegs. Obwohl ich gerade erst zu Hause geduscht habe, schwitze ich wie verrückt.
    Ich senke den Blick und gebe Gas, damit ich nicht zu spät zu dem Vorstellungsgespräch bei meinem Bruder komme. Er würde mir zwar nicht den Kopf abreißen, aber ein guter Eindruck sieht anders aus.
     
    Die CuDa Holding ist eine Firma mit amerikanischem Stammsitz und die Muttergesellschaft vieler Tochterfirmen, darunter einige Kunstgalerien, Museen und Auktionshäuser sowie eine Stiftung. Ich will eigentlich gar nicht hier arbeiten, aber Alex meint, nach meinem Desaster auf Hawaii wäre es das Beste, einen Neustart in Deutschland zu versuchen. Vor
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