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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Autoren: Karl May
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verstehe Sie nicht“, wehrte sie.
    Sein Blick durchflog das Zimmerchen, welches durch eine der Tür gegenüber hängende Lampe Licht erhielt.
    „Sie verstehen mich nicht?“ rief er beinahe jubelnd aus. „O, ich will Ihnen sagen, daß während der Abwesenheit dieses garstigen Helmers ein allerliebstes Waldröschen, jedenfalls mit Hilfe von Alimpos Schlüssel, zuweilen hier geblüht und geduftet hat. Dieser Stickrahmen, diese Albums, diese Bouquets verraten es mir.“
    In diesem Augenblick flammte ein Hölzchen in seiner Hand. Er zündete die auf dem Tisch stehende Kerze an und schloß dann die Tür. Sie war von diesem sicheren Gebahren so überrascht, daß sie vergaß, ihm hindernd entgegenzutreten.
    „Ja“, fuhr er fort, „so ist es, wenn zu einem Zimmer drei Schlüssel vorhanden sind.“
    Da gewann sie die Sprache wieder.
    „Von wem haben Sie den Ihrigen, mein Herr?“ fragte sie.
    „Von dem da!“
    Bei diesen Worten nahm er die Maske ab. Sie fuhr einen Schritt zurück, dann aber warf sie sich ohne Rückhalt mit einem lauten Jubelruf in seine Arme.
    „Kurt! Mein Kurt, mein lieber, lieber Kurt. Du bist es, du? O, du schlimmer, du gefährlicher, hinterlistiger Intrigant. Ich muß dich streng, sehr streng bestrafen.“
    „Mit einem Kuß, meine Rosita, nicht wahr?“
    „Nein, sondern mit dreien, oder gar noch mehr!“
    „Auf diese Wachsmaske?“ fragte er, glücklich lächelnd.
    „Ah, wahrhaftig, ich habe das häßliche Ding noch dran. Komm, du Retter meines Vaters, du darfst mich küssen ohne Maske.“
    Sie riß die Maske vom Gesicht und warf sie zu Boden; dann lagen sie sich am Herzen und tauschten Kuß um Kuß in seliger Vergessenheit. Sie merkten nicht, daß draußen Schritte erklangen; sie bemerkten ebensowenig, daß die Tür geöffnet wurde und daß zwei Personen unter derselben erschienen und dort stehenblieben.
    „O, wie un-, un-, unendlich glücklich bin ich, dein liebes, liebes Gesichtchen wiederzusehen!“ sagte Kurt.
    „Ich bin nicht minder glücklich!“ gestand sie ihm. „Aber, nicht wahr, du bringst mir den Vater mit?“
    „Jawohl, jawohl, du herziges Röschen. Ich bringe dir ihn mit und werde ihn bitten, dir all mein Geschmeide aus der Höhle des Königsschatzes schenken zu dürfen, obgleich der garstige Hauptmann einst sagte, daß ich mir keine so großen Rosinen in den Kopf setzen solle.“
    „Ich nehme es an, ich nehme es an. Ich habe dir das ja versprochen unter der Bedingung, daß du meinen lieben, guten, armen Vater rettest. Aber, wo hast du ihn? Wo befindet er sich?“
    „Hier!“
    Dieses Wort ertönte von der Tür her. Rosa hatte es ausgesprochen. Die beiden fuhren auseinander.
    „Mama!“ rief Röschen bestürzt.
    „Gnädige Frau!“ sekundierte Kurt erschrocken.
    Da nahmen die Eltern ihre Masken ab und traten näher.
    „Fürchte dich nicht, mein lieber Kurt!“ sagte Sternau. „Glaubst du, ich könnte den Augenblick vergessen, in welchem du in unser Gefängnis tratest und den Kerkermeister niederwarfst, um uns zu retten? Wollte ich daran nicht denken, so würde Gott, der ein Vergelter aller Taten ist, meiner auch vergessen.“
    Röschen erkannte den Mann, mit dem sie bereits gestern gesprochen hatte. Es wurde ihr hell und sonnenklar, im Köpfchen und im Herzen.
    „Vater, mein Vater!“ rief sie aus, und im nächsten Augenblick hing sie an seinem Hals. „Vater, mein armer, mein schöner, mein stolzer Vater. Ich bin deine Rosita, dein Kind, deine Tochter, dein Röschen, welches gestorben wäre, wenn du noch länger gezögert hättest, zu kommen!“
    Da legte er die starken Arme um sie, hob sie hoch empor und betrachtete sie unter Wonnetränen hervor, so, wie ein Kind die geliebte Puppe vor sich hält, um sie mit liebenden Blicken zu umfassen.
    „Röschen! Rosita! Mein Leben, meine Seele, mein Abgott! O, wie ist mir, wie wird mir. Ich muß mich setzen!“
    Der starke Mann ließ sie wieder nieder und sank langsam auf einen Stuhl. Rechts von Rosa und links von Röschen umschlungen, weinten alle drei Tränen des Schmerzes, der innigsten Rührung und des Entzückens zugleich. Kurt fühlte, daß diese Herzen mehr Rechte aneinander hatten als er an sie. Er schlich sich leise an ihnen vorüber und zur Tür hinaus, wo er stehenblieb, um die Tränen zu trocknen, welche auch in seinem Auge standen. Dann kehrte er still nach dem Saal zurück.
    Er hatte ganz vergessen, daß er jetzt ohne Maske sei. Als er eintrat, fielen die Blicke der Anwesenden auf ihn.
    „Kurt! Kurt!“ rief es
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