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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Autoren: Karl May
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Gefahr. Sind Sie Arzt?“
    „Ein wenig. Bitte zu schweigen.“
    Er ergriff die Hand des Patienten und behielt sie in der seinigen, bis er plötzlich sie losließ und hinter das Kopfende des Bettes trat. Der Graf regte sich, öffnete die Augen, ließ sie langsam durch das Zimmer gleiten, wie einer, der vom Schlaf erwacht, bis sie Rosa trafen. Er blickte sie lange und forschend an und sagte dann mit leiser Stimme:
    „Mein Gott! Wo bin ich? Was habe ich geträumt? Das ist ihr Gesicht und doch auch nicht. Rosa, meine liebe Rosa, bist du es? Wo ist Señor Sternau, der mich gerettet hat?“
    Rosa war totenbleich geworden. Sie saß starr, als hätte sie der Schlag getroffen. Dann aber fuhr sie mit einem Schrei empor und rief:
    „Vater, mein Vater. Kennst du mich? Kennst du mich wirklich?“
    Da zog ein wonniges Lächeln über sein Gesicht und er antwortete:
    „Ja, ich kenne dich. Du bist meine Rosa, mein Kind. Du bist heute anders als sonst, aber du bist es doch. Laß Cortejo und Clarissa und Alfonzo nicht zu mir. Sternau mag wachen. Ich bin so müde, ich muß schlafen. Komm, gib mir den Abendkuß, mein Kind, und sei morgen recht bald bei mir.“
    Da hob sich ihre Brust, als ob sie gesprengt werden solle, ihre Lippen und Zähne preßten sich zusammen; aber sie vermochte nicht, das, was sich in ihr aufbäumte, zurückzudrängen. Ein fast unmenschlicher Schrei aus ihrem Mund, eine ganze Flut von Tränen aus ihren Augen, und dann lagen ihre Lippen auf denen des Vaters. Sie drückte das teure Haupt an ihre Brust, sie küßte und küßte wieder und wieder, bis sie endlich merkte, daß der Vater entschlummert sei. Da erhob sie sich. Ihr Auge traf Sternau; es blieb forschend, flammend auf ihm haften. Ihr Busen wogte, ihr Puls glühte, und ihre Lippen, Arme und Beine zitterten.
    „Señor“, stieß sie in fliegender Hast hervor, „ist mein Vater erwacht?“
    „Ja, Señora“, antwortete er mühsam.
    „Erwacht zu neuem, geistigen Leben?“
    „Ja, Señora, der Wahnsinn ist – ist be – ist bes –“
    ‚Besiegt‘, wollte er sagen, aber der Sturm der Gefühle, die er nicht länger zu beherrschen vermochte, machte es ihm unmöglich, auszureden. Sie begann zu wanken, aber sie nahm alle Kraft zusammen.
    „Das vermag nur einer“, rief sie, die Arme gegen ihn ausbreitend. „Sternau! Carlos! Karl, mein Karl!“
    „Rosa, Gott, Gott, meine Rosa!“ antwortete er, die Maske vom Gesicht reißend.
    Im nächsten Augenblick lag sie ohnmächtig an seinem Herzen. Die folgenden Minuten gehören hinter den Vorhang des Allerheiligsten. Kein profanes Auge darf bis zum Thron der göttlichen Liebe dringen, welche sich in der menschlichen offenbart. Nachdem über eine halbe Stunde vergangen war, verließen sie Arm in Arm und wieder maskiert das Gemach, in welchem der Graf in Frieden seinem völligen Erwachen entgegenschlief.
    „Nun zu Rosita, meinem süßen Kind!“ sagte er.
    Sie suchten im Saal nach ihr, ohne sie zu finden. Da trafen sie auf Geierschnabel, welcher die vorher fortgewischten Striche und Punkte in seinem Gesicht wieder erneuert hatte.
    „Suchen Sie Waldröschen?“ fragte er, ihre Absicht erratend.
    „Ja“, antwortete Sternau.
    „Kommen Sie!“
    Kurt war es doch geglückt, sich Röschens noch einmal zu bemächtigen. Ihre Flucht war nur ein Scherz gewesen, und nun lauschte sie ganz aufmerksam dem, was er sagte.
    „Bitte, mir zu verraten, welcher von den Herren der Großherzog ist“, bat sie ihn.
    „Muß ich aufrichtig sein?“
    „Natürlich! Ich befehle es!“
    „Nun, so muß ich gehorchen. Keiner ist es.“
    „Wie? Er ist nicht hier?“ meinte sie erstaunt.
    „Nein, aber er wird noch eintreffen.“
    „Warum so spät?“
    „Um nicht bei gewissen Überraschungen zugegen zu sein, wo er nur stören würde.“
    „Welche Geheimnisse wären das?“
    „Es sind verschiedene, von denen ich nur eines Ihnen enthüllen dürfte.“
    „So sprechen Sie!“
    „Hier nicht. Bitte, kommen Sie.“
    Er zog sie mit sich fort, hinaus, den Korridor hinab, bis zu einer Tür, an deren Klinke er probierte.
    „Was wollen Sie?“ fragte sie, ein wenig ängstlich. „Hier kann niemand herein. Das ist das Stübchen, welches Leutnant Kurt Helmers zu bewohnen pflegte. Er ist abwesend.“
    „Hat er den Schlüssel mitgenommen?“
    „Es scheint so. Alimpo hat einen zweiten.“
    „Und ich einen dritten.“
    Er brachte einen Schlüssel aus der Tasche hervor, öffnete die Tür und trat ein, ohne Röschen loszulassen.
    „Mein Gott, ich
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