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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Joan D. Vinge
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einen Augenblick lang an, seine Miene beinahe nachdenklich. Doch er holte nur tief Luft, was sich beinahe wie ein Seufzen anhörte, und ritt voran, um sich ihrem Vater anzuschließen.

    Als der Junge das nächste Mal seine Augen öffnete, fand er sich erneut in einer anderen Welt wieder – seine verschwommene Sicht, die gerade erst wiederkehrte, konnte ihm nicht mit Sicherheit sagen, ob er nicht immer noch träumte, oder ob es vielleicht ein Leben nach dem Tode war, unfassbarer als alles, was er sich je hatte vorstellen können.
    Er lag auf einem Futon. Die gepolsterte Matratze, auf der er lag, fühlte sich weich wie Wolken an. Eine Decke aus bestickter Seide hielt ihn gerade warm genug und umschloss seinen zerschlagenen und zerschundenen Körper wie eine liebevolle Umarmung. Kerzenlicht erhellte den Ort, an dem er nun ruhte – er war nicht mehr von nackten Steinmauern umgeben, sondern befand sich in einem Raum, der mit fein gewobenen Tatami-Matten ausgelegt war. Die hölzernen Rahmen der Schiebewände waren mit bemaltem Papier bespannt. Auf dem Papier waren blühende Bäume zu sehen und exotische Vögel, Bilder der Außenwelt, die um so vieles schöner und einladender waren als jede wirkliche Aussicht, die er je gesehen hatte.
    Er war ganz allein hier – keine finsteren Samurai mit gezückten Speeren oder Schwertern waren bei ihm, nicht einmal das kleine Mädchen, das plötzlich aufgetaucht war und die Männer verscheucht hatte. Er erinnerte sich, wie sie ihn angesehen und gelächelt hatte – das erste Mal, das ihn jemand freundlich und aufrichtig angelächelt hatte.
    Er fragte sich, wohin sie wohl verschwunden war, ob sie wirklich eine
tennyo
– ein Geist des Himmels – war, die geschickt worden war, um ihn hierherzubringen. Wenn sie nur hätte bleiben können, um ihm zu sagen, wo
hier
war, und was er nun tun sollte! War er in einem Jenseits aufgewacht, das schöner als jeder Traum war, nur um genauso allein zu sein, wie er es im Leben immer gewesen war? Er schloss die Augen, als er spürte, dass sie zu brennen begannen und überließ sich wieder dem Frieden der Bewusstlosigkeit.

    »
Sakura, sakura … yayoi no sora wa
…«
    Der Klang einer singenden Stimme war es, der ihn erneut weckte: »… Kirschblüten, Kirschblüten sind es, die der April uns bringt …«
    Es war die Stimme eines jungen Mädchens, so süß und sanft, das sie ein Teil der Luft zu sein schien, die er atmete.
    »
Izaya
, komm mit mir die blühenden Kirschbäume ansehen …«
    Sein im Wald geschärftes Gehör sagte ihm, dass das Lied nicht einfach aus dem Nichts kam, sondern von einer Stelle links von ihm. Er wandte den Kopf der mit durchscheinendem Reispapier bespannten Schiebetür zu, die direkt neben seinem Lager einen Spalt breit offen stand. Er sah eine schemenhafte Gestalt dahinter, die gerade außerhalb seiner Sicht kniete – die Silhouette des singenden Mädchens.
    Ein unwillkürlicher Laut entschlüpfte seiner Kehle, und er streckte den Arm nach der Öffnung in der Wand aus.
    Das Singen brach ab, und er fürchtete schon, das Schattenmädchen verschwände ebenfalls, stattdessen beugte sie sich vor und spähte scheu durch die Türöffnung zu ihm herein. Es war wirklich das Mädchen, das er im Hof der Burg gesehen hatte.
    Ihre Blicke trafen sich, und das Lächeln auf ihrem Gesicht glich dem, das sie ihm zuvor geschenkt hatte, als wäre sie wirklich froh, ihn bei Bewusstsein zu sehen. Sie legte ihre Finger auf seine ausgestreckte Hand. Sie fühlten sich warm und weich an, und real. In ihrer Hand lag ein kleines Bündel, das in einen bestickten Seidenschal gewickelt war. Sie ließ es rasch auf die Matte neben seinem Lager fallen, bevor sie den Arm wieder zurückzog.
    Erst jetzt, als sie begannen, sich zu bewegen, bemerkte er die anderen, blasseren Schatten auf der Wand. Sie formten sich zu den Zofen und Dienerinnen des jungen Mädchens, die geduldig mit ihr auf sein Erwachen gewartet hatten.
    Er hörte die Worte der Frauen, drängend und tadelnd. Sie zogen die
tennyo
auf die Beine und eilten durch den Raum hinter der Wand davon, auf eine andere Tür zu. Sie hatte nicht einmal Zeit für ein einziges Wort, aber durch das Rascheln der wallenden Seidengewänder konnte er Frauenstimmen ausmachen, die »… Madame Mika …« sagten, und »… längst Schlafenszeit …« Sie konnte ihm noch einen Blick über ihre Schulter zuwerfen, bevor man sie aus seiner Sicht- und Hörweite entfernte.
    Und dann folgte der junge Samurai Oishi ihnen aus
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