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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Joan D. Vinge
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Jungen in Oishis Griff wieder in sich zusammen.
    Entschlossen rollte Oishi seinen Körper auf den Bauch und drückte den vernarbten Kopf unter Wasser.
    »Oishi!«
    Als er den Zorn in der Stimme von Fürst Asano hörte, ließ Oishi den Kopf los, als sei dieser glühend heiß. »Mein Fürst«, protestierte er und wagte aufzusehen. »Das ist ein Dämon, kein Kind!«
    »Er ist ein Kind«, sagte Lord Asano. Seine Stimme war streng und doch voller Mitleid, das Oishi nicht einmal ansatzweise begreifen konnte.
    »Holt ihn raus.« Fürst Asano packte selbst mit an, als Oishi den Körper des Jungen ans trockene Ufer zog. Selbst triefend nass und bewusstlos wog der Junge fast nichts. Er war so dünn, als wären seine Knochen hohl wie die eines Vogels.
    Die anderen Untergebenen des Fürsten kamen herbei, als sie erkannten, dass es ihrem Herrn ernst war. Sie trugen den bewusstlosen Jungen vom Ufer fort und legten ihn auf den Rücken eines Pferdes, das nun eine unerwartete Beute von der inzwischen vergessenen Jagd nach Hause tragen würde.

    Als der Junge die Augen wieder öffnete, war es Nacht. Doch eine solche Nacht hatte er noch nicht erlebt. Aus irgendeinem Grund lag er bäuchlings auf dem Rücken eines Pferdes, was das Atmen schwer und das Denken noch schwerer machte. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Ausdruck in den Augen des jungen Samurai und eine starke Hand, die sein Gesicht unter Wasser drückte ...
    Und jetzt das
. Er hob den Kopf und versuchte, zu verstehen, was er sah, als das Pferd anhielt. Er erhaschte einen Blick auf den mit matt schimmernden Sternen bedeckten Himmel, der sich hoch über einer Mauer aus grob behauenem Stein wölbte. Die Mauer war mit bemaltem Putz und schindelgedeckten Dächern gekrönt. Im flackernden Licht der Fackeln erkannte er die Männer, die ihn gefangen hatten, auf ihren Pferden – und nun wurden sie von noch mehr Männern zu Fuß umringt. Ihre Gesichter ähnelten sich auf positive Art, und sie glichen seinem eigenen mehr als alle, die er je aus der Nähe gesehen hatte.
    Während er sich streckte, um sie besser sehen zu können, kamen sie näher, ihre Gesichter halb bedeckt von Helmen, die so viel größer und gewaltiger waren, als er sich je hatte vorstellen können: grimmige Männer, die die Rüstung von Wachen trugen und ihn auf die gleiche Weise anstarrten wie der Krieger, den man Oishi nannte. Der, der versucht hatte, ihn zu ertränken. Hart, kalt, verächtlich, voller Widerwillen und Misstrauen, als blickten sie in das Gesicht eines Dämons oder Monsters, nicht das eines Menschen:
Keiner von ihnen
.
    Sein Herzschlag setzte aus, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ohne danach zu tasten, wusste er, sein Messer war fort – genau, wie er wusste, dass keine Hoffnung bestand, sich seinen Weg aus den Mauern dieser Festung hinauszukämpfen oder so vielen feindlichen, gut bewaffneten Männern zu entkommen.
Was wollten sie nur von ihm? Warum hatte man ihn hergebracht?
    »... es ist ein Goldhaariger von der Insel der Holländer.«
    »Oder vielleicht ein Engländer?«
    »Es ist ein Dämon!«
    »... und gefährlich, wir sollten es loswerden!«
    Er hörte den murmelnden Stimmen zu und erkannte, dass sie bereit waren, ihn zu ... zu ...
Jeden Moment würde eine dieser schimmernden Klingen ihm den Kopf abschlagen oder starke Hände würden sein Genick brechen wie einen trockenen Zweig
.
    Sein Versuch, diese Blicke furchtlos zu erwidern, schlug kläglich fehl.
Der Älteste hatte nicht gelogen. Hier draußen hatte nie etwas Besseres auf ihn gewartet
...
    Wie eine Fliege im Spinnennetz zerrte er an den Fesseln, die ihn auf dem Pferderücken festhielten, denn Panik überschwemmte seine Gedanken, so wie das Wasser in seine Lungen gedrungen war, bis er darin ertrank.
    In diesem Augenblick tauchte ein anderes Gesicht vor ihm auf, so unerwartet wie das Gesicht des Mondes. Ein junges Mädchen, jünger als er selbst, mit langem, schwarzem Haar wie ein seidiger Wasserfall ... sie trug eine Laterne und war in fließende Gewänder gekleidet, die die Farbe von Mondlicht und Frühling hatten und mit Blüten und Wellen verziert waren.
    Die Samurai traten zurück und neigten die Köpfe, als sei sie eine Göttin, die würdevoll durch sie hindurchschritt, bis sie vor ihm stehen blieb. Sie hob die Laterne, und das warme, schützende Licht schloss sie beide ein. Er sah auf, und sie erwiderte seinen Blick gelassen. Die Furcht in seinen Augen wurde zu Staunen, als er sie weiter ansah und erkannte,
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