Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

43 Gruende, warum es AUS ist

Titel: 43 Gruende, warum es AUS ist
Autoren: Daniel Handler , Maira Kalman
Vom Netzwerk:
dich finden kann.«
    Â»M-mh«, sagte ich und ließ den Satz in mir nachklingen.
    Â»Okay, dann sag mir noch mal schnell, was wir uns angucken?«
    Â»Greta in der Wildnis. Das Meisterwerk von P. F. Mailer. Ganz selten, dass man mal das Glück hat, den auf der großen Kinoleinwand zu sehen.«
    Â»Aha«, sagtest du und sahst dich in der menschenleeren Lobby um. Außer uns waren nur diese bärtigen Männer da, dieselben, die fast immer kommen, allein, außerdem noch ein Pärchen, vermutlich von der Uni, und eine alte Frau mit einem so sagenhaft schönen Hut, dass ich immer hingucken musste. »Ich geh dann mal Karten holen.«
    Â»Hab ich schon.«
    Â»Oh«, sagtest du. »Na dann, was sonst? Popcorn?«
    Â»Aber immer doch. Das Popcorn vom Carnelian ist das beste überhaupt.«
    Â»Also gut. Mit Butter?«
    Â»Ganz, wie du willst«, sagte ich.
    Â»Nein«, sagtest du und berührtest mich leicht an der Schulter. Du erinnerst dich bestimmt nicht mehr daran, aber mir wurde ganz schwindlig. »Ganz, wie du willst.«
    Und ich bekam tatsächlich, was ich wollte; alles war, wie ich es mir gewünscht hatte: Plätze in meiner Lieblingsreihe, der sechsten. Die verblassten Wandbilder, der klebrige Boden. Die gleich aussehenden, aber weit auseinander sitzenden bärtigen Männer, wie zwei Winkel eines Rechtecks. Das Profil der alten Frau, die hinten stand, ihren Hut abnahm und neben sich legte. Und du, Ed, im Dunkeln, während im Kino die Lichter ausgingen, und dein Arm, der so aufregend um meine Schultern lag.
    Greta in der Wildnis beginnt absolut großartig, absolut genial mit einem sich öffnenden Vorhang. Lottie Carson – die mit dem Grübchen, das sie zu Amerikas Leinwandliebling gemacht hat und zur Geliebten von P. F. Mailer, mit dem sie immer eng umschlungen auf all den wunderschönen Partyfotos zu sehen ist in Wenn die Lichter ausgehen: Eine kurze illustrierte Geschichte des Films – also Lottie Carson spielt in diesem Film ein Revuegirl in einer Tanzgruppe. Sie ist kaum älter als ich jetzt, hat ein Hütchen auf dem Kopf und einen Spitzenfächer in der Hand und singt Du bist mein Stern, Chéri , mit großem Orchester und einem glitzernden Pappstern, der an Seilen von der Decke heruntergelassen wird. Miles De La Raz mit seinem dünnen schwarzen, pomadisierten Schnurrbärtchen kann den Blick nicht von ihr abwenden, während er, von zwei finsteren Bodyguards flankiert, in seiner Loge sitzt und du meine Hand zwischen deinen Händen hieltest, warm und elektrisierend, und das Popcorn unbeachtet blieb.
    Hinter der Bühne ist Miles ein Arsch – als hätten wir das nicht gleich gewusst, dafür reichte ja schon ein Blick auf den Schnurrbart. »Greta, ich will nicht, dass du mit diesem drittklassigen Posaunisten sprichst, das hab ich dir schon zig Mal gesagt.« – »Ach, Joe, er ist doch bloß ein Freund, mehr nicht« und so weiter. Noch mehr Dialoge, noch ein Song, glaube ich, aber –
    â€“ aber du hast mich geküsst. Das kam ganz überraschend, wobei es andererseits nicht sooo überraschend ist, sich zu küssen, wenn man ein Date hat, zumindest nicht, wenn man Ed Slaterton ist, und genauso wenig, wenn ich ehrlich bin, wenn man Min Green ist. Es war ein guter erster Kuss, zart und eher flüchtig. Noch jetzt, im Lieferwagen von Als Dad, spüre ich ihn schmetterlingsleicht am Hals. Was machst du jetzt bloß?, habe ich mich gefragt, und dann, während in einer kleinen dunklen Gasse ein Kugelhagel den Instrumentenkoffer durchlöchert und Lottie Carson in ihrem Nerz laut schreit, dann habe ich dich zurückgeküsst.
    Lottie Carson muss die Stadt verlassen, aber wir beide blieben, wo wir waren. Miles De La Raz’ rechte Hand, der Glatzkopf, der auch schon in Dinner um Mitternacht mitgespielt hat (mit Brille und Kopfgrippe), bringt sie zum Zug, und sie wirft ihm mit einem verächtlichen Schnauben ihren Nerz in die stammelnde Visage, aber von der Szene hast du vermutlich nichts mitbekommen, denn bis dahin waren wir schon bei französischen Küssen, dein feuchter Mund schmeckte nach einem Hauch von Menthol. Al und ich haben den Film in unserem Sophomore-Jahr gesehen, bei ihm zu Hause, im Doppelpack mit Knarre her!, bei Pizza und Eiskaffee, von dem ich wie aufgedreht war und ständig quasselte, während Al ganz zittrig und nervös wurde, sodass seine Knie dauernd zuckten und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher